Jakob Pöltl ist schon immer eine Ausnahmeerscheinung gewesen. Das ist nicht nur seiner Körpergröße von 2,14 Metern geschuldet. Der 20-jährige Wiener hat es als erster Österreicher in die NBA geschafft.
Ob seiner Beweglichkeit, seiner Arbeitseinstellung, aber auch seiner Bescheidenheit wird Pöltl eine lange Karriere in der besten Basketball-Liga der Welt zugetraut.
Geträumt hat Pöltl davon, seit er mit 15 Jahren in der 2. Bundesliga für die Vienna D.C. Timberwolves auf Korbjagd gegangen war. Beim Club in Wien-Donaustadt ist er groß geworden.
Ein Schlüsselmoment seiner Karriere war die U18-B-EM im Juli 2013 in Mazedonien, als Assistenzcoach Andy Hill von der Universität von Utah erstmals auf ihn aufmerksam wurde.
NBA-Debüt um ein Jahr "verschoben"
Nach einem Jahr in der ABL bei den Traiskirchen Lions ging es für Pöltl 2014 in die USA. Dort hat der Center mit seiner bodenständigen Art schnell Fuß gefasst - und sich rasant weiterentwickelt.
Der Wiener hatte schon im Vorjahr die Chance, als mögliche Erstrunden-Wahl im Draft in die NBA zu gehen, entschied sich aber trotz der winkenden Millionen für ein zweites College-Jahr in Utah.
In diesem hat sich Pöltl auch Führungsqualitäten angeeignet. Der ÖBV-Teamspieler brachte die Utes mit 17,6 Punkten und neun Rebounds pro Spiel bis ins Finale der Pac-12 Conference und wurde als bester College-Center des Landes ausgezeichnet.
"Dieses Jahr war sehr wichtig für mich", meinte Pöltl, der alle seine bisherigen Entscheidungen mit Bedacht getroffen hat.
Unterstützung durch die Familie
Ballsport-Talent scheint ihm in die Wiege gelegt worden zu sein. Seine Eltern Martina Pöltl und Rainer Ömer sind beide frühere Volleyball-Nationalspieler.
Seine Mutter hält dem künftigen NBA-Millionär im Management-Bereich den Rücken frei, berät ihn von Wien aus in Karrierefragen und hat ihm auch bei der Auswahl eines geeigneten Agenten für die Profikarriere geholfen.
Seit April ist Pöltl bei der Creative Artists Agency (CAA) in Los Angeles unter Vertrag. Dem weltgrößten Anbieter im Sportbereich vertrauen auch NBA-Superstars wie Dwyane Wade, Chris Paul oder Carmelo Anthony.
Für ihren Neuling hatte die CAA die Vorbereitung auf den Draft samt Gesprächen mit 14 verschiedenen Teams organisiert.
Geld spielt nur eine Nebenrolle
Pöltl wird künftig jährlich mehr als zwei Millionen US-Dollar (1,8 Mio. Euro) verdienen. Dass der Wiener damit abhebt, scheint nicht zu befürchten. Schon am College hatte er sich in Bescheidenheit geübt.
Pöltl besaß nicht einmal ein Auto, sondern fuhr mit Teamkollegen zum Training und auf die Uni. Seine Pläne mit dem künftigen Vermögen? Pöltl mit einem Lächeln: "Ein Auto werde ich mir schon kaufen."
Geld ist für ihn nie im Mittelpunkt gestanden, sondern die basketballerische Entwicklung. Als Jugendlicher bewunderte er die Boston Celtics, als Lieblingsspieler nannte er Kevin Garnett.
Zuletzt wurde Pöltl immer wieder mit Pau Gasol verglichen. Der Spanier, zweifacher Meister mit den Los Angeles Lakers, gilt ebenfalls als vielseitiger "Big Man", der sich bewegen kann, gutes Ballgefühl und ein Auge für den Mitspieler mitbringt.
Außergewöhnliche Eigenschaften
Seine Verteidigungsqualitäten hat Pöltl bereits in Utah unter Beweis gestellt. Im körperlichen Bereich hat er sich weiterentwickelt. Mittlerweile bringt der "Baum", wie er in Wien genannt wird, mehr als 110 kg auf die Waage.
Auch der Spielstil in der NBA sollte ihm liegen. Er ist oftmals von Pässen der von diesen freigeblockten Spielmacher auf ihre Center geprägt ("Pick and roll"). "Diese gefühlvollen Hände und seine Beweglichkeit sind für einen Seven-Footer außergewöhnlich", erklärte Entdecker Hill. "Nur wenige Spieler auf der Welt haben sie."
In den USA ist Pöltl daher längst eine große Nummer. Als erster Österreicher in der NBA wird auch seine Bekanntheit in der Heimat rasant steigen. Problem hat er damit keines, Aufmerksamkeit hat Pöltl schon in jungen Jahren auf sich gezogen.
Schon im Nachwuchs war er immer der Größte - und, wie er selbst sagt, "meistens auch eher einer der besseren Spieler".
In die NBA ist er gekommen, um zu bleiben - und Spuren zu hinterlassen. "Es geht darum, dass ich mich dort festsetze. Ich will in der Liga auch einen Einfluss haben." Im Draft am Donnerstag in New York als Nummer neun von den Toronto Raptors ausgewählt, darf Pöltl schon zu Saisonbeginn Ende Oktober mit Einsatzzeit rechnen.
STECKBRIEF:
Jakob Pöltl (Österreich/20 Jahre)
Geboren: 15. Oktober 1995 in Wien
Größe/Gewicht: 2,13 m/113 kg
Familienstand: ledig, Eltern Martina Pöltl und Rainer Ömer (beide frühere Volleyball-Nationalspieler), Schwester Miriam (17 Jahre)
Position: Center, Power Forward
Nummer im NBA-Draft: 9 im Jahr 2016
Künftiger NBA-Club: Toronto Raptors
Bisherige Clubs: BasketClubs Vienna bzw. Red Panthers Wien (2002-2006), Vienna D.C. Timberwolves (2006-2013), Arkadie Traiskirchen Lions (2013-2014), University of Utah (2014-2016)
Länderspiele für Österreich: 5
Statistiken in der abgelaufenen College-Saison für Utah: 17,6 Punkte, 9,0 Rebounds und 1,6 Blocks pro Spiel; 66 Prozent Trefferquote aus dem Feld
Größte Erfolge:
* Achtelfinale der US-College-Meisterschaft 2015 mit den Utah Utes
* Finale der Pac-12 Conference 2016 mit den Utah Utes
* College-Spieler des Jahres in der Pac-12 Conference 2015/16
* Bester College-Center 2015/16 (Kareem Abdul-Jabbar Award)
* Pete Newell Big Man of the Year Award 2016
* All-American Second Team 2016
* Rookie des Jahres in der österreichischen Bundesliga 2013/14
* Österreichischer Bundesliga-All-Star 2013/14
* Center des Jahres 2012/13 in der zweiten Basketball-Bundesliga
* Wahl in All-Tournament-Teams bei U18-B-EM 2012 und 2013
* Österreichischer Meister und wertvollster Spieler U16 (2011) und U18 (2013) mit den D.C. Timberwolves