„Wir haben ihn zumindest nicht verhindert“, grinst Wolfgang Horak, wenn er auf den Beitrag seines Klubs an Jakob Pöltls Erfolg angesprochen wird.
Der Präsident der Vienna D.C. Timberwolves erinnert sich noch gut an die kleinen Turnhallen, in denen Österreichs berühmter Basketball-Export einst regelmäßig trainiert hat: „Da haben nicht einmal die Abmessungen der Dreierlinie gestimmt.“
Die Ausbildung, die Pöltl sieben Jahre lang bei den Wolves genossen hat, war trotzdem gut genug, um ihn aller Voraussicht nach in Kürze zum ersten Österreicher in der NBA werden zu lassen. Der Center hat jedenfalls gute Erinnerungen an seinen früheren Klub, wie er in einer Video-Botschaft kundtut.
Mittlerweile haben sich die Gegebenheiten im Nachwuchs des Wiener Zweitligisten wesentlich verbessert. Der Wolves Dome im 22. Bezirk ist 2.600 Quadratmeter groß, verfügt über vier Basketballfelder und wird künftig 800 Fans Platz bieten.
Das sind die Mindestanforderungen, um in die höchste Spielklasse aufzusteigen. „Mittelfristig wollen wir das, aber es ist nicht unser erstes Ziel“, sagt Horak. Man werde zwar auch in diesem Jahr wieder die Lizenzunterlagen einreichen und bringe diesbezüglich alle Voraussetzungen für einen Aufstieg mit, derzeit sei ein solcher aber nicht geplant.
Dass so mancher Oberhaus-Klub finanzielle Probleme hat, wurde aber auch in der Hauptstadt registriert. „Wir können nur in die Glaskugel schauen, wissen nicht, was passiert. Sag niemals nie“, will Horak einen Aufstieg also nicht ganz ausschließen.
„Der Nachwuchs ist unsere DNA“
Vorrangig geht es den Wolves jedoch um die Ausbildung von Talenten. Das lässt sich auch am aktuellen Kader, mit dem Trainer Hubert Schmidt arbeitet, deutlich ablesen. Zahlreiche Teenager stehen regelmäßig am Parkett und liefern ihre Talentproben ab. „Wir können ja nicht sagen, wir wollen eine Akademie aufbauen und dann sitzen die Jungen auf der Bank“, sagt Horak.
Die Wolves setzen weniger Legionäre ein als erlaubt und nehmen gerne in Kauf, in dieser Saison nicht ganz an der Spitze der Tabelle zu stehen. Für die Playoffs wird es trotzdem reichen. Im Vorjahr wurde die Schmidt-Truppe sogar Meister, scheiterte in der Relegation dann aber knapp an UBSC Graz.
Fast noch lieber als über die Kampfmannschaft spricht Horak jedoch über den Nachwuchs: „Das ist und war immer unser Herzstück, das ist unsere DNA.“ Die Donaustädter sind Teil der Ersten Wiener Ballsport Akademie. Gemeinsam mit der Wiener Austria (Fußball), den Vienna Vikings (Football und Cheerleading) und SV Sokol (Volleyball) werden in einem Ballsportgymnasium Talente ausgebildet.
Das „Stams des Ballsports“
„Stams des Ballsports“, nennen die Beteiligten das Projekt in Anlehnung an das berühmte Skigymnasium. Schon bald soll die Schule im Viola Park, der neben der Generali Arena gebaut wird, eine neue Heimat finden.
„Das ist eine einmalige Kombination aus Schule, Gymnasium und Basketball-Ausbildung. So weit sind wir in Deutschland noch nicht. Wir befinden uns erst in Gesprächen und verweisen da immer auf Wien“, schwärmt Volker Stix, Geschäftsführer von FC Bayern München Basketball.
"Österreich ist ein interessanter Markt für uns, der Basketball hier ist aufstrebend"
Die Bayern, 2014 deutscher Basketball-Meister, kooperieren seit einigen Jahren mit den Timberwolves. „Österreich ist ein interessanter Markt für uns, der Basketball hier ist aufstrebend“, sagt Stix und verweist auf die geographische Nähe zu den Basketball-affinen Balkan-Staaten.
Der geringe Stellenwert der urbanen Weltsportart
Tatsächlich sind laut Horak „80- bis 90 Prozent der Neuanmeldungen von Zuwanderern“. „Integration passiert“, sagt er. Und auch da kommt Pöltl ins Spiel. Wenn es der Wiener in die NBA schafft, ist mit einem Basketball-Hype in Österreich zu rechnen.
„Dann ist es unser Wunsch, dass wir diese Melange nutzen, um ein Milieu zu schaffen, der Sportart zum Durchbruch zu verhelfen“, so Horak. Austrias AG-Vorstand Markus Kraetschmer, seit einigen Wochen auch Vizepräsident der Timberwolves, ergänzt: „Basketball ist eine urbane Weltsportart, die in Wien noch nicht den Stellenwert hat, den sie haben soll.“
Die Bayern erhoffen sich jedenfalls weitere Talente. So wie Marvin Ogunsipe, der vor zwei Saisonen von Wien-Donaustadt nach München gewechselt ist und dort aktuell in der zweiten Mannschaft spielt. Der 20-Jährige ist das Paradebeispiel für das Konzept, das die strategischen Partner umzusetzen versuchen – während er schon in München gespielt hat, hat er in der Wiener Ballsportakademie mit gutem Erfolg maturiert.
Anders als im Fußball
„Das, was wir uns erwartet und erhofft haben, wurde weit übertroffen“, ist Stix mit der Kooperation bisher zufrieden. Anders als im Fußball will der FCB im Basketball österreichische Talente nicht schon in ganz jungen Jahren nach München lotsen: „Wir wollen nicht die 12- bis 14-Jährigen holen, sondern den Wolves helfen, die Spieler so auszubilden, damit sie mit 16 bis 18 Jahren auf einem Niveau zu uns kommen, aus dem wir sie brauchen.“
Ob und wann ein neuer Pöltl produziert wird, kann freilich keiner voraussagen. Doch die Voraussetzungen dafür sollen weiterhin verbessert werden. Kraetschmer betont zudem, dass es in dem Schulmodell nicht nur um die Pöltls und Alabas geht, sondern auch um jene, die danach nicht vom Profisport leben können: „Wichtig ist, jenen, die es nicht schaffen, eine Top-Ausbildung zu geben.“
Harald Prantl