Bernhard Seikovits steht vor einem richtungsweisenden Jahr in der NFL.
In einer Woche am 11. April beginnen bei seinem Klub Arizona Cardinals die ersten Team-Aktivitäten der neuen Saison. Der 25-Jährige will beim neuen Chefcoach Jonathan Gannon Eindruck schinden und sich bis Sommer für einen Kaderplatz empfehlen.
"Meine Rolle ist, dass ich mir den Arsch sprichwörtlich aufreiße und dann sehe, wohin mich das bringt", sagt der Wiener.
Das Jahr wird zeigen, ob Seikovits das gleiche Schicksal wie Landsmann Sandro Platzgummer blüht, der nach drei Saisonen bei den New York Giants als Spieler des "International Player Pathway"-Programm ohne Einsatz in einem regulären Ligaspiel zu Jahresbeginn verabschiedet wurde.
Oder ob ihm wie seinem Ex-Vienna-Vikings-Teamkollegen Bernhard Raimann, der allerdings von den Indianapolis Colts gedraftet wurde, der Sprung ins NFL-Team gelingt. "Seiko" hofft natürlich auf Letzteres.
Seikovits will neuen Trainerstab überzeugen
Nach der schwachen Saison im Vorjahr, das die Cardinals als drittschlechtestes NFL-Team beendeten, wurde fast der gesamte Trainerstab ausgetauscht. Gannon, der von Super-Bowl-Teilnehmer Philadelphia Eagles kam, beerbte Kliff Kingsbury.
Zudem erhielt Seikovits als Tight End (Aufgaben: Blocken für die Offensive, Pässe fangen) auch einen neuen Positionscoach. Im April lernt er diese nun persönlich kennen. "Ich will ein Gespür bekommen, was die neuen Coaches von einem verlangen. Für die Weiterentwicklung sind neue Trainer sicher gut", so der Österreicher.
Als "International Player" wird Seikovits viel Überzeugungsarbeit bei den neuen Trainern leisten müssen. "Keiner erwartet etwas von mir, weil ich ein 'Internationaler' bin. Aber ich will zeigen, dass ich sehr gut, schlau und fleißig bin und will mich empfehlen. Ich habe zwei Jahre lang gezeigt, dass ich hierher gehöre und hoffe, dass es in Jahr drei klappt", so das rot-weiß-rote Football-Ass.
Entscheidend in Sachen fixer Kaderplatz wird das Sommercamp der Cardinals sein. "Da geht es um alles. Entweder es klappt im Trainingscamp oder eben nicht." Die Chancen, im Laufe der Saison vom Reservespot als "International Player" aktiviert zu werden, sind gering.
Cardinals als Underdog in den kommenden Herbst
Die Cardinals gelten bei NFL-Experten derzeit als krasser Außenseiter für die neue Saison im Herbst, zumal Quarterback Kyler Murray im Dezember einen Kreuzbandriss erlitt. Mit einem Playoff-Run rechnet niemand.
"Es schaut nicht so rosig aus. Kyler wird vermutlich die komplette Vorbereitung verpassen", befürchtet Seikovits. Viele sprechen bereits von einem Übergangsjahr bei den Cardinals, die beim Draft Ende April an Nummer drei einen der besten College-Spieler auswählen dürfen und insgesamt über acht Auswahlrechte verfügen. Alles Spieler, mit denen sich Seikovits im Kampf um ein Leiberl messen muss.
Sollte es auch in Jahr drei nicht mit Einsätzen in der Regular Season klappen, "würde ich das sicher nicht so hinnehmen", meinte Seikovits. Er würde dann schauen, ob er in US-Alternativligen wie der XFL oder USFL spielen könnte.
Auch eine Rückkehr in die Heimat werde irgendwann ein Thema sein. "Früher oder später werde ich sicher noch ein Jahr ELF (European League of Football, Anm.) spielen. Ein 'homecoming year' wäre sicher cool." Das Problem sei in Europa, dass man da von Football nicht leben könne.
Ein "homecoming" ist jedenfalls für den Sommer geplant, dann will Seikovits in Wien-Simmering ein Jugendcamp abhalten. "Spaß am Football und Wettbewerb stehen im Vordergrund. Ich will den Kindern und Jugendlichen zeigen, wie ich trainiere."
Der 25-Jährige hofft auf prominente Verstärkung, zum Beispiel, dass auch Raimann vorbeischaut.