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NFL: Die Suche nach Österreichs nächstem Raimann

Der österreichische NFL-Pionier hat den Weg vorgezeichnet. Doch sind seine Fußstapfen überhaupt auszufüllen?

NFL: Die Suche nach Österreichs nächstem Raimann Foto: © LAOLA1

Bernhard Raimann hat es vorgemacht.

Der in Steinbrunn geborene Zwei-Meter-Hüne wurde im Jahr 2022 der erste Österreicher, der je im NFL-Draft gepickt wurde. Vor Raimann waren alle anderen rot-weiß-roten NFL-Spieler, die auch tatsächlich das Spielfeld sahen, auf die Position des Kickers reduziert. Auch hier stieß der Offensive Lineman der Indianapolis Colts in neue Sphären vor.

Mittlerweile hat Raimann bereits zwei volle NFL-Spielzeiten hinter sich gebracht. In seiner zweiten Saison etablierte sich der Österreicher sogar als einer der besten Offensive Tackle der gesamten Liga.

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Der 26-Jährige ist hierzulande nicht nur Pionier – sondern auch Vorbild. Vorbild für junge Kinder aus dem Alpenland, die ebenfalls den Traum hegen, eines Tages in der NFL zu spielen. Genau jenem Nachwuchs will Raimann verdeutlichen, dass es "nichts Übermenschliches" sei, es trotz österreichischen Passes in die NFL zu schaffen.

Raimann-Trainingscamp soll Jugend inspirieren

Dass es für eine Hochleistungssport-Liga wie der NFL auch gewisser körperlicher Voraussetzungen bedarf, muss wohl nicht extra erwähnt werden. Dass der rund zwei Meter große Bernhard Raimann genau jene mitbringt, genauso wenig.

Raimann kümmert sich um den Nachwuchs
Foto: © GEPA

Doch American Football ist vielseitig. Jede Position bringt ein anderes Anforderungsprofil für verschiedene Körpertypen mit. Und ob man wirklich Talent für den Sport mitbringt, stellt sich sowieso erst dann heraus, wenn man es mal selbst probiert hat. Und genau hier will Bernhard Raimann ansetzen.

Im kommenden Jahr möchte der Österreicher ein Trainingscamp für Kinder und Jugendliche in Wien abhalten.

"Ich möchte den Jungen etwas beibringen, weil ich hier damals so viel gelernt habe. Ich hatte damals mein 'Try-out' hier, ich habe keine einzige Regel von American Football gewusst. Die (Anm. Vienna) Vikings haben mich trotzdem unter ihre Fittiche genommen und mir wirklich alles beigebracht. Für so etwas ist man für immer dankbar."

Football-Ausbildung made in Austria

Raimann war damals 14 Jahre alt. Bei den Vienna Vikings und in der Vikings Football Academy wuchs er zu einem echten Footballspieler heran.

"Er ist intelligent, er arbeitet hart, er war super in der Schule in unserer Academy. Er war einer der besten Schüler, die wir hatten. Er wollte immer mehr machen", erinnert sich Chris Calaycay, aktueller ELF-Head-Coach der Vienna Vikings, an den jungen Raimann.

Die Tatsache, dass man es auch über ein österreichisches Team zu einem echten NFL-Star schaffen kann, freut Calaycay selbstverständlich ganz besonders: "Es ist gut zu sehen, dass er die Arbeit der Vikings mitgenommen hat aufs College. Das gibt so viel Motivation für junge Spieler in Österreich, dass das möglich ist, den Traum von der NFL zu schaffen."

USA oder doch Europa?

Doch meint man es als Europäer mit der NFL wirklich ernst, bewährt sich der frühe Gang in die USA immer noch als der aussichtsreichste Weg.

Auch hier machte es Raimann vor: 2015/16 zog es ihn per Austauschprogramm an die Delton-Kellogg High School in Michigan. Ein Stipendium an der Central Michigan University hielt den Österreicher in den USA. Dort genoss der Österreicher eine ausgezeichnete Football-Ausbildung – und wurde obendrein auch noch vom Tight End zu einem Offensive Tackle umfunktioniert. Die Position, auf der Raimann noch heute brilliert.

Das US-Schulsystem bietet zweifelsohne die bestmögliche Ausbildung zu einem NFL-Profi. Doch Europas Football ist am Aufholen. Die 2020 gegründete European League of Football (ELF), der auch die Vienna Vikings und die Raiders Tirol angehören, hob das Niveau in Europa merklich an. Will man mit Football sein Geld verdienen, ist man nicht mehr ausschließlich auf die USA angewiesen.

"Es ist auch möglich, in Europa Profi zu sein. Die NFL ist die höchste Liga und wir alle wissen das, aber in der ELF zu spielen, bezahlt zu werden und auf dem höchsten Niveau in Europa zu spielen, ist auch möglich", hält Calaycay fest.

International Pathway Program als Chance

Der große Traum eines jeden Football-Spielers bleibt letztlich dennoch die NFL. Dass dieser Traum auch ohne US-Schulausbildung in die Tat umzusetzen ist, bewiesen die vergangenen Jahre.

Sandro Platzgummer (links) und Bernhard Seikovits (rechts)
Foto: © GEPA

Seit 2017 gibt die NFL im Rahmen des International Pathway Programs internationalen Athleten die Chance, sich über Training Camps für einen Platz in der NFL zu empfehlen. Mit Sandro Platzgummer und Bernhard Seikovits schafften bereits zwei Österreicher den Sprung in die USA.

Während Platzgummer nach drei Jahren bei den New York Giants, in denen er ausschließlich Practice-Squad-Spieler war, 2023 nach Österreich zurückkehrte, ist Seikovits‘ NFL-Chance nach wie vor am Leben. Der 26-jährige Tight End verbrachte die vergangenen drei Jahre am Practice Squad der Arizona Cardinals. Nun biegt der Wiener in seine vierte NFL-Saison ein – will er auch endlich zu Einsätzen kommen, muss der Durchbruch wohl in dieser Saison geschehen.

Adaptierungen sollen Weg in die NFL erleichtern

Die Riege an NFL-Spielern, die es über das International Pathway Program zu Einsätzen in der NFL-Regular-Season schafften, ist überschaubar. Mit Philadelphia-Eagles-Tackle Jordan Mailata (Australien) hat das Programm jedoch auch bereits eine echten Star-Spieler herausgebracht.

Mit dem Ziel, mehr Mailatas zu finden, wurden zuletzt einige Änderungen am Programm vorgenommen, die es den internationalen Spielern erleichtern sollen, einen Platz in der NFL zu bekommen.

Zum einen wurde die Anzahl an teilnahmeberechtigten Athleten pro Saison auf 16 nach oben geschraubt. Alle 32 NFL-Teams erhalten einen zusätzlichen Practice-Squad-Platz für einen internationalen Spieler – und können diesen im Laufe der Saison maximal drei Mal in den aktiven Spieltagskader berufen.

Gute Nachrichten also für alle IPPP-Spieler – darunter auch ein Österreicher.

Nächste Hoffnung: Florian Bierbaumer

Bierbaumer jubelt im EM-Halbfinale
Foto: © GEPA

Florian Bierbaumer, vergangene Saison noch für die Vienna Vikings im Einsatz, schaffte es in diesem Jahr ins International Pathway Program. Immer Jänner startete der 1,98 Meter große Tight End in sein Training Camp, Ende März durfte er sich vor NFL-Scouts präsentieren. Nun gilt es abzuwarten, ob der 25-Jährige bald der nächste Österreicher wird, der bei einem NFL-Team unterkommt.

Calaycay glaubt fest an Bierbaumer: "Er ist talentiert, hat in den letzten zwei Jahren den Sprung zu einem richtigen Profi-Athleten geschafft. Wir hoffen, dass er es in die NFL schafft und ich glaube schon, dass er nächstes Jahr in einem Practice Squad sein wird."

Die Adaptiertungen am International Pathway Program werden auch künftig weiteren Österreicherin die Türen zur NFL offenhalten. Football in Europa und in Österreich wird weiter wachsen. Und wenn sich auch noch echte Stars wie Bernhard Raimann aktiv für den Nachwuchs einsetzen, scheint die österreichische Football-Zukunft gar nicht mal so schlecht auszusehen.

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