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NFL? Seikovits: "Sie erwarten nicht viel von uns"

Finger an der NFL! Interview mit Bernhard Seikovits vor der großen Chance:

NFL? Seikovits:

Die NFL-Begeisterung außerhalb der USA wird auch abseits der anstehenden Super Bowl LIV größer und größer - überhaupt in Österreich.

Was den meisten Ländern noch fehlt? Ein aktiver Beitrag auf dem Spielfeld. Österreich hat aber ein weiteres Mal gute Aussichten, dass sich das in absehbarer Zukunft doch einmal ändern könnte.

Mit Multi-Talent Bernhard Seikovits von den Dacia Vikings Vienna und Running Back Sandro Platzgummer von den Swarco Raiders Tirol, beide 22 Jahre alt, stellt Rot-Weiß-Rot gleich zwei der insgesamt nur neun Spieler, die sich in den kommenden zwei Monaten beim "International Pathway Program" für einen Quer-Einstieg in die Millionen-Liga empfehlen wollen.

Das Duo, fixer Bestandteil des AFBÖ-Nationalteams und Leistungsträger in ihren Vereinen, hat sich im Oktober beim "International Scouting Combine" in Köln für das zweimonatige Trainingslager in Brandenton, Florida empfohlen - und ist spitz auf Plätze im Practice Squad eines NFL-Teams, der vorletzten Stufe vor tatsächlichen Einsätzen. Mit dem Abflug am Donnerstag (23.1.) startete das Abenteuer USA.

Im Interview mit LAOLA1 spricht Seikovits über ein Gespräch mit einem NFL-Scout, neue Anforderungen durch einen erzwungenen Positionswechsel und eigene Einschätzung der Chancen auf einen NFL-Platz:

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LAOLA1: Welche Eindrücke hast du im ersten Camp gesammelt?

Bernhard Seikovits: An die erste Einladung habe ich gar nicht geglaubt. Sie wurde angekündigt, aber es hat lange gedauert, bis sie wirklich da war. Mein Koffer ist zwar gleich verloren gegangen, aber ansonsten war das top. Die Leute waren nett, es wurde super und professionell organisiert, wir mussten an nichts selbst denken. Wir hatten Interviews mit NFL-Scouts, man hat gemerkt: Das hier ist wichtig, das Interesse ist da. Danach haben wir wieder sehr lange auf eine Antwort gewartet, bis Anfang November. Das war erleichternd, als die positiv ausgefallen ist.

LAOLA1: Wie läuft so ein Gespräch mit einem NFL-Scout ab?

Seikovits: Ganz anders als gedacht! Wir waren zu viert, drei Spieler von den Vienna Vikings. Es war jedes Interview anders, da ließ sich kein Muster erkennen. Mein Gespräch war ziemlich "basic". Ich wurde gefragt, wie und wie oft ich trainiere, was meine Pläne sind – und dann wurde getestet, wie gut ich mich mit Football auskenne. Wobei das sehr einfache Fragen waren, es wurde wohl nicht erwartet, dass ich wirklich etwas weiß. Vielleicht wollten sie auch nur schauen, wie wohl man sich in dieser Situation fühlt.

"In Sachen Football-Wissen denken die US-Amerikaner scheinbar nicht hoch von uns. Sie erwarten nicht viel von Österreichern und denken wohl nicht, dass hier jemand Football spielt und sich damit auskennt."

LAOLA1: Ein wenig verwunderlich erscheint, dass mit dir – wo du eigentlich Wide Receiver spielst – in Richtung Tight End gearbeitet wird.

Seikovits: Für mich ist es nicht verwunderlich, ich habe von vielen Seiten schon vorher gehört, dass das der Fall sein könnte. In den USA wird viel auf Kennzahlen geschaut. Wenn du als Receiver keine 4,5 Sekunden (Sprint auf 40 Yards, Anm.) läufst und auch noch Europäer bist, hast du es schwer. Deswegen lieber zum Tight End wechseln, wenn man die Körperform dafür grundsätzlich hat. Dann passt es auch mit dem Speed besser. 4,7 Sekunden sind für Tight Ends völlig akzeptabel, ich laufe momentan 4,8. Beim Camp laufe ich dann hoffentlich 4,6 Sekunden, dann passt das.

LAOLA1: Du musst also gleichzeitig Physis zulegen und schauen, dass du schneller läufst. Ein schwieriger Spagat?

Seikovits: Ja, das ist ziemlich schwer, aber momentan läuft es gut. Ich habe die 40 Yards zuletzt noch einmal probiert, da hatte ich dieselbe Zeit wie beim Combine, obwohl ich neun Kilogramm mehr wiege. Es ist möglich.

LAOLA1: Die Umstellung auf den Tight End passiert sehr kurzfristig. Was sind Dinge, die du schnell noch lernen musst?

Seikovits: Schwer zu sagen eigentlich! Was wir in der AFL bei den Vienna Vikings als Tight End deklarieren, entspricht nicht so ganz dem NFL-Tight-End. Ich muss erst zu hundert Prozent die Blocks lernen, und wie man bestimmte Dinge dieser Position überhaupt nennt. Das wird aber nicht so ein Problem in zwei Monaten sein. Die größte Umstellung ist, dass ich gegen riesige, massive Leute blocken muss.

LAOLA1: Was waren die Aufgaben der letzten Wochen, und wie wird der Fahrplan in den zwei Monaten in Übersee aussehen?

Seikovits: In den letzten Wochen war ich viel im Gym, hab brav gegessen und war sprinten. Was ich bislang weiß: Die ersten vier Tage werden wir durchgetestet. Wir mussten schon einen Fragebogen beantworten, auf dem Dinge wie unser Kotz-Reflex abgefragt wurden. Die testen also echt alles. Wie wir schwitzen, wie wir laufen. Dann stellen sie unsere Trainingspläne auf. Im Vergleich zu jetzt wird es super professionell, super individuell auf mich abgestimmt sein.

LAOLA1: Selbsteinschätzung! Was sind deine persönlichen Stärken, mit denen du beeindrucken willst?

Seikovits: Was ich bei dem Interview in Köln schon mitbekommen habe: In Sachen Football-Wissen denken die US-Amerikaner scheinbar nicht hoch von uns. Sie erwarten nicht viel von Österreichern und denken wohl nicht, dass hier jemand Football spielt und sich damit auskennt. Das könnte sie gleich mal verwundern und ein Pluspunkt für Sandro und mich sein. Ich glaube, dass ich in Sachen Athletik auch gut dabei bin, wenn ich noch ein bisschen schneller werde. Der 40-Yard-Dash ist eben das Nonplusultra. Wenn ich den gut laufe, ist viel möglich.

Sandro Platzgummer
Foto: © GEPA

LAOLA1: Sandro Platzgummer, sieben weitere Spieler und du – mehr sind es beim nun anstehenden Camp nicht. Kennst du die anderen?

Seikovits: Wir waren alle beim Combine, mit Ausnahme von zwei Spielern, die anderweitig "rekrutiert" wurden. Trotzdem kenne ich niemanden. Viele sind Defense-Spieler, die habe ich dort gar nicht gesehen. Als Spieler auf Positionen, die mit dem Ball zu tun haben, sind Sandro und ich in der Unterzahl. Es sind sechs "Big Guys", die Offensive oder Defensive Line spielen, und drei Spieler dieser Positionen mit dem Ball dabei.

LAOLA1: Die Beziehung zu Sandro ist sehr gut?

Seikovits: Wir sind auf jeden Fall Freunde. Wir sind im Sport Football gemeinsam aufgewachsen, wir haben uns immer wieder gesehen, gegeneinander oder in den Nationalteams. Das schweißt zusammen. Ich respektiere ihn als Gegner und mag ihn als Freund.

LAOLA1: Da ist es natürlich eine spezielle Sache, dass ausgerechnet er zum Camp mitfährt.

Seikovits: Für den Anfang ist es super cool, damit man jemanden kennt. Aber ich wusste von Beginn des Combines: Wenn sie einen Running Back mitnehmen, dann wird das er sein.

LAOLA1: Hand auf’s Herz – Camp schön und gut, aber von hierzulande lässt sich schwer einschätzen wie gut eure Chancen auf eine Aufgabe in den USA stehen. Wie schätzt du die Aussichten ein?

Seikovits: Rein rechnerisch ist die Chance groß, weil mindestens vier von neun Spielern genommen werden, das hört sich gut an. Du weißt nicht, welche Positionen und Skills gerade besonders gefragt sind. Ich glaube, dass sie generell eher Offensive und Defensive Liner wollen, weil das in der NFL leichter umzusetzen ist. Aber ich habe Potenzial, davon bin ich überzeugt, und das will ich in den zwei Monaten soweit ausbauen, dass es reicht.

LAOLA1: Angenommen, du wirst als einer von vier Spielern ausgewählt – wie geht es dann weiter?

"Wenn ich da was reiße, sieht jeder, bei uns ist was dahinter, es gibt Talent. Denn wo einer rauskommt, gibt es noch mehr, die das Potenzial haben. Das ist mir wichtig, aber Sandro und ich setzen schon den ersten Schritt."

Seikovits: Gleich in den Practice Squad eines NFL-Teams, das ist der Plan. Es wird vier Teams geben, die einen extra Platz bezahlt bekommen, um das zu tun. Welche das sind, wird ausgelost - alle vier Teams in einer Division. Falls die uns für den "International Spot" auswählen, gibt es schon die Möglichkeit, wirklich zu spielen. Bei den New England Patriots hat sich in dieser Saison auch ein Fullback verletzt und Jakob Johnson (Deutscher, Anm.) ist doch zum Spielen gekommen.

LAOLA1: Vor dem Hintergrund dieser Unterschätzung Österreichs – was bedeutet es für Football hierzulande, gleich zwei Kandidaten beim Camp zu haben?

Seikovits: Es ist schade, dass die Medien in Österreich nicht so dahinter sind, auch das Geld ist leider nicht so da. Ich weiß, es ist ein kleines Land, und es ist schwer, viele Profi-Sportarten aufrechtzuerhalten, aber es ist schade für die Sportler im Football-Bereich. Auch das ist ein Ziel von mir, wenn ich drüben bin: Wenn ich da was reiße, sieht jeder, bei uns ist was dahinter, es gibt Talent. Denn wo einer rauskommt, gibt es noch mehr, die das Potenzial haben. Das ist mir wichtig, aber Sandro und ich setzen schon den ersten Schritt. Jeder, der schon mal in Europa gecoacht hat, weiß, dass es hier gute Spieler gibt. Jetzt muss die Info noch nach Übersee schwappen.

LAOLA1: Dass der Sport von den USA in anderen Teilen der Welt belächelt wird, ist aber verständlich.

Seikovits: Klar. Es ist dort einfach anders. Die Jugendlichen spielen Football, um auf das College zu kommen und eine Ausbildung gezahlt zu bekommen, das ist ein tausendmal größerer Motivator als jeder, den wir hier jemals hatten. Die Uni bei uns kostet nichts, wir spielen aus reinem Spaß an der Sache. Wenn es keinen Spaß mehr macht, hören wir auf. Das ist die Einstellung hier. Alleine der Gedanke, irgendwann 100 Millionen US-Dollar zu verdienen, pusht sicher die Hälfte aller Nachwuchs-Footballer dort.

LAOLA1: Wie genau verfolgst du die NFL? Als ambitionierter Sportler wird es nicht immer möglich sein, sich während der ganzen Saison die Nächte um die Ohren zu schlagen.

Seikovits: Ich freue mich schon auf die Saison und verfolge sie. Natürlich – wenn man am nächsten Tag aufstehen muss, schaue ich die späten Spiele nicht mehr, nur die Partien um 19:00 Uhr. Aber ich verfolge die NFL schon lieber als College-Spiele, meistens sind es ausgeglichene Spiele und keine Blowouts. Spätestens, als ich wusste, dass ich selbst einen Schritt ran an diese Welt machen kann, habe ich die NFL mit einem anderen Auge betrachtet. Etwa wesentlich genauer auf die Rolle der Tight Ends im Spiel geachtet – wie und ob sie das überhaupt gut machen.

LAOLA1: Gibt es ein Lieblingsteam?

Seikovits: Eigentlich nicht. Wenn ich die Chance habe und genommen werde, wäre es natürlich schön, wenn ich zu einem Team in warmen Gefilden komme (grinst).

LAOLA1: In Florida bist du gar nicht so weit von der Super Bowl LIV entfernt, die in Miami gespielt wird. Was sind deine Super-Bowl-Pläne?

Seikovits: Ich weiß gar nicht, ob wir das so selbst entscheiden dürfen. Ich hoffe insgeheim, dass wir sie uns anschauen, es wäre überhaupt mein erstes NFL-Spiel live vor Ort. Aber das glaube ich nicht. Wir werden trainieren und sie nur im Fernsehen anschauen.

LAOLA1: Und wenn es für die NFL nicht reichen sollte, ist ja nicht ausgeschlossen, dass sich eine andere langfristige Aufgabe in den USA findet.

Seikovits: Ich werde dort drüben versuchen, alles aufzusaugen, auch die Kultur – ich war dort noch nie. Mal schauen, welche Türen sich danach öffnen, es kann immer ganz schnell gehen. Gestern hat mir ein Coach von einem College geschrieben, wie meine Pläne aussehen...

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