Für alle, die es nicht wissen, gleich vorneweg: Tom Brady ist der erfolgreichste Quarterback, der jemals in der NFL gespielt hat.
Der Spielmacher der New England Patriots gewann mit seinem Team fünf Mal die Super Bowl - nur Verteidiger Charles Haley (San Francisco/Dallas) gewann als Spieler ebenfalls so oft den Titel.
Brady wurde vier Mal als Super-Bowl-MVP ausgezeichnet - keiner öfter.
Er steht vor seiner achten Super-Bowl-Teilnahme (Rekord) - und mit 40 Jahren wird er am 4. Februar in Minneapolis gegen die Philadelphia Eagles der älteste Quarterback sein, der je das "Big Game" gespielt hat.
Wer sich genauer mit seiner Karriere auseinandersetzen möchte, dem legen wir die vor einem Jahr angelegte "Die Akte Brady" ans Herz, die sich mit seinem Werdegang auseinandersetzt (Hier nachlesen!).
Ein Jahr später versucht LAOLA1 zu erklären, wie sich Brady in diesem Alter auf so einem Niveau hält, wer sein mysteriöser Coach ist und warum seine Methode auch für Ärger im Paradies sorgte.
Quarterbacks in ihren 40ern
Die Konkurrenz muss sich also noch gedulden, denn Brady will bekanntlich noch einige Jahre in der NFL spielen - nach dem größten Comeback der Super-Bowl-Geschichte und seinem fünften Triumph meinte der Superstar: "Mein Plan ist es, noch lange zu spielen."
So soll der 199. Draft-Pick des Drafts aus dem Jahre 2000 noch mit stolzen 45 Jahren spielen wollen. Auch wenn die NFL-Karrieren im Schnitt nur rund drei Jahre andauern (NFL=not for long?), ist es nicht ungewöhnlich, in höherem Alter noch zu spielen, vor allem als Quarterback nicht.
Earl Morall gehörte jenen Miami Dolphins an, die 1972 als bisher einziges NFL-Team eine Saison lang (14-0) ungeschlagen waren - der Spielmacher war damals bereits 38. Peyton Manning gewann mit 39 Jahren seine zweite Super Bowl und ritt als Star der Denver Broncos in den Sonnenuntergang - sprich er beendete seine Karriere.
Brett Favre war 40 Jahre alt, als er mit den Minnesota Vikings nach einer folgenschweren Interception im NFC-Finale gegen die New Orleans Saints schließlich nach Verlängerung verlor. Gegenüber George Blanda war Favre zu diesem Zeitpunkt quasi noch ein Spieler in der Blüte seiner Karriere, spielte der doch bis er 48 Jahre alt war.
Die TB12-Methode
Nun will Brady aber nicht nur einfach spielen, sondern auch gewinnen. Wie das gehen soll? Mit der TB12-Methode. Das gleichnamige Buch, das 2017 auf den Markt kam und ab 15 Euro auf Amazon zu erwerben ist, trägt den Beinamen "Der Schlüssel zu lebenslanger Fitness und Leistungsfähigkeit" und ist quasi ein Lebenshilfe-Buch.
Es ist nur ein Teil eben dieser Methode. Da gibt es etwa auch die "TB12 Performance Meals", die man sich im Internet bestellen kann oder auch Kleidung zum Schlafen: "TB12 Recovery Sleepwear Innovation".
Ähnlich wie im Fußball Cristiano Ronaldo gilt der gebürtige Kalifornier als höchst diszipliniert, soll seit 15 Jahren keinen weißen Zucker mehr zu sich genommen haben und befolgt einen strikten Schlafplan - ob so ungewöhnlich wie Ronaldo, ist dabei offen.
Der Superstar hat die Methode gemeinsam mit seinem "Body Coach" Alex Guerrero, seinem Geschäftspartner und auch engem Freund, verfasst. Wer ist dieser mysteriöse Coach? Und warum gab es wegen ihm offensichtlich Trubel?
Dazu später mehr, vorab: Um was geht es bei der Methode, die im Buch beschrieben wird?
Sie basiert auf der Theorie von Guerrero, dass es für Gesundheit und anhaltende Leistungsfähigkeit wichtig sei, dass die Muskeln biegsam (oder nachgiebig oder geschmeidig) sind. Steife Muskeln würden leichter zu Verletzungen führen, weil sie auch bei Aktivitäten reißen können, während weiche dafür sorgen, dass die Belastungen, die im täglichen Leben und Sport auftreten, absorbiert werden.
Kurzum: Brady schreibt, dass wir weniger Kraft- und Konditionstraining machen sollten, sondern gezieltere Muskelarbeit. Dafür gäbe es etwa auch High-Tech-Schaumstoffrollen bzw. vibrierende Kugeln. Die gäbe es im "TB12 Method Online-Shop" für 150 Dollar aufwärts, schreibt die "New York Times" in ihrer Buchkritik.
Die Kritik an der Methode
Nicht jeder kann sich damit anfreunden.
Denn in dieser Buchkritik kommt auch Stuart Philipps, Universitätsprofessor und Experte für Muskelphysiologie zu Wort und nennt diese Theorie kurz und knapp "Mumpitz". Schließlich gäbe es keine Studien zur Muskelbiegsamkeit - auch nicht für die Art und Weise, wie die Themen Diät und Ernährung im Buch abgehandelt werden.
Muskeln, die weich sind, würden zudem leichter erkranken. "Wenn die Menschen wenig oder gar nichts tun, werden ihre Muskeln sehr weich", so Philipps, der kritisiert, dass Brady und Guerrero auch keine klinischen Studien zur Muskelbiegsamkeit durchgeführt haben - oder eben überhaupt jemand.
Das Buch wird aber - und das ist ob des Autoren als bestes Beispiel wohl kein unwichtiges Detail - als ermutigend beschrieben. Dutzende Widerstandsübungen per Foto- und Textanweisungen als nützlich bezeichnet. Übungen, die tatsächlich die Flexibilität verbessern könnten.
"Interventionen, die den Funktionsumfang der Bewegung einer Reihe von Muskelgruppen aufrechterhalten können, sind für die Aufrechterhaltung der Funktion wichtig, wenn wir älter werden", sagt die New Yorker Forscherin Malachy McHugh.
Brady hilft die nach seinen Initialen und seiner Rückennummer benannten Methode - er ist auch das beste Beispiel dafür - wobei sie auch in seinem üblichen Beruf für Trubel sorgte.
Ärger im Paradies
Brady ist schon lange mit Guerrero befreundet und arbeitet mit ihm de facto täglich zusammen. Er wird als Guru bezeichnet, der sich seine Kenntnisse selbst angeeignet und einen Abschluss in traditioneller chinesischer Medizin hat. Der 52-Jährige bietet alternative medizinische Methoden an und nicht nur Brady ("Er ist ein riesiger Grund, warum ich noch spiele") glaubt an ihn.
Viele Patriots-Spieler waren schon im "TB12-Center", das sich am Patriots Place beim Gillette Stadium befindet, zu Gast und ließen sich massieren oder machten Übrungen. Das "TB12-Center" stellte seine Dienste den Patriots auch in Rechnung. Zudem durfte Guerrero ein Büro in der Nähe des Umkleideraums im Stadion haben sowie bei jedem Spiel an der Seitenlinie stehen - zu Hause oder auswärts.
Bereits 2015 wurden von Spannungen aufgrund seiner Rolle berichtet, die etatmäßige Medizin-Abteilung der Franchise sah Probleme und es gab Beschwerden. "Jeder denkt, ich sei ein Scharlatan", verteidigte sich Guerrero im "New York Times Magazine" im selben Jahr.
Wohl auch, weil er sich fälschlicherweise einmal als Arzt ausgegeben hatte und trügerische Nahrungsergänzungsmittel verkauft hatte. Zudem berichtete der "Boston Globe" von einer langen Geschichte von finanziellen Schwierigkeiten und rechtlichen Verstrickungen. Das war allerdings noch vor seiner Freund- und Partnerschaft mit Brady. Der Erfolg der Patriots gibt Brady und Guerrero Recht.
Bleibt alles unverändert?
Vor Beginn der diesjährigen Playoffs sorgte nun aber ein ESPN-Artikel für großes Aufsehen in der NFL.
In diesem ging es vor allem auch um die Rolle von Guerrero, die für Spannungen zwischen Head-Coach-Legende Bill Belichick und Brady gesorgt haben soll. Junge Spieler fühlten sich unter Druck gesetzt, der TB12-Methode mehr zu folgen - weil Brady Brady ist - als jener des Teams.
In einer Email soll Belichick Guerrero wissen haben lassen, dass er zwar mit jedem Spieler in seinem Center zusammenarbeiten könne, aber zum Team-Headquarter keinen Zugang mehr bekomme, weil er ja auch kein Mitarbeiter der Patriots sei.
Belichick strich die oben erwähnten Zugeständnisse, Guerrero durfte etwa nicht mehr zu den Auswärtsspielen im Patriots-Flieger mitfliegen und auch nicht mehr an der Seitenlinie bei Heimspielen stehen.
Von einem möglichen Anfang vom Ende der erfolgreichsten Ära in der Super-Bowl-Geschichte wurde berichtet.
Auch weil Belichick von Eigentümer Robert Kraft, dem Dritten im Bunde des erfolgreichen Triumvirats, aufgefordert worden sein soll, den designierten Brady-Nachfolger Jimmy Garoppolo zu traden - was letztlich auch Ende Oktober passiert ist. Die San Francisco 49ers mussten dafür "nur" einen Zweitrunden-Draft-Pick auf den Tisch legen - und scheinen einen Jackpot geknackt zu haben (5 Starts, 5 Siege).
Nach außen hin demonstrierten die Patriots aber, wie es ihr Naturell seit der Belichick-Ära (seit 2000) ist, Einigkeit und Strebsamkeit. Auf dem Platz wurden die Tennessee Titans in der Divisional Round 35:14 vom Platz gefegt, im siebenten AFC-Finale en suite folgte ein hart erkämpfter 24:20-Triumph gegen die Jacksonville Jaguars - dank Brady, der seinem Nickname ("Comeback Kid") alle Ehre machte.
Während die ranghöchsten Assistant Coaches Josh McDaniels (Indianapolis) und Matt Patricia (Detroit) am Sonntag in Minneapolis gegen die Eagles die wohl vorerst letzte Patriots-Partie coachen, soll Belichick auch nächstes Jahr New England trainieren ("Absolutely").
Und Tom Brady? Der hat noch Vertrag bis inklusive 2019. Und seine Reise scheint noch lange nicht zu Ende - auch weil am Ende des Tages seine Methode offenkundig für Erfolg steht.