Los Angeles Rams gegen New England Patriots, Ostküste gegen Westküste, Newcomer gegen Dynasty: Es ist ein Duell der Gegensätze, das in Super Bowl LIII auf uns alle wartet.
Nummer-1-Pick Jared Goff gegen Tom Brady, der sich in den letzten zwei Jahrzehnten vom "Nobody" zum erfolgreichsten Quarterback aller Zeiten entwickelte. Sean McVay, jüngster Coach, der jemals in einer Super Bowl stand, gegen Bill Belichick: Die Trennlinien sind klar auszumachen.
Die sportlichen Vorhersagen sind allerdings gerade deswegen so schwierig wie schon lange nicht mehr zu treffen. Beide Teams haben mit guten Gesamtpaketen überzeugt, ohne ihre Conferences zu dominieren – Top-Seeds waren andere.
LAOLA1 stellt vor dem NFL-Highlight der Saison die einzelnen Abteilungen gegenüber und wagt eine Einschätzung, wie die Vorteile verteilt sind:
Quarterbacks: Bei weitem nicht jeder Top-Pick des NFL-Drafts wird den Erwartungen gerecht. Auch Jared Goff legte einen Kaltstart in seine Karriere hin, lässt nun aber andeuten, dass die Rams 2016 nichts falsch gemacht haben, als sie sich den ersten Pick von den Tennessee Titans ertradeten – so schnell wie er schaffte es noch keine Nummer eins in die Super Bowl. Trotzdem ist Goff (noch) nicht der alles überstrahlende Superstar des Teams, ist auch von den Statistiken her bestenfalls in der erweiterten Spitze der NFL-Spielmacher zu sehen – mit einem der besten Receiver-Corps und starker Boden-Unterstützung, wohlgemerkt. In den Playoffs blieb der 24-Jährige bislang souverän, aber würde er auch in einer Drucksituation auf der größten Bühne so cool bleiben?
Bei Tom Brady braucht man sich diese Frage nicht zu stellen, er kennt diese Situation wie kein Zweiter. Der 41-Jährige reiht sich in den wichtigsten Kategorien in diesem Jahr zwar hinter Goff ein, hat im Gegensatz zu seinem jungen Gegenüber aber schon fünf Beweise an den Fingern stecken, dass er es kann.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Patriots. Von vielen als "G.O.A.T." gesehen, ist Brady keinerlei Beweise seiner Qualität mehr schuldig. Er hat schon beeindruckendere Spielzeiten hingelegt, auf das größte Spiel der Saison heruntergebrochen bringt er aber ein überragendes Plus an Erfahrung und Finessen mit – wenn er von seiner Offensive Line die Zeit bekommt, das zu entfalten.
Running Backs: Todd Gurley ist der feuchte Traum jedes Fantasy-Spielers und ist in der Regular Season seinem Nummer-1-Status (zumindest für all jene, die nicht blöderweise Le’Veon Bell vorgezogen haben) gerecht geworden – trotz einer Verletzungspause. Eben diese war der Grund, warum sich die Rams C.J. Anderson holten. Der kurzfristige (und schwergewichtige) Ersatzmann lief Gurley in der Postseason sogar ein wenig den Rang ab, obwohl der 27-Jährige allein in dieser Saison schon drei verschiedene Jerseys trug. So steht L.A. auf einmal mit einem "Two-Headed Monster" zweier sehr unterschiedlicher RB-Typen da, offensiv der größte Trumpf.
Auf der Gegenseite wird seit jeher eine andere Philosophie verfolgt, Running Backs haben bei den Patriots immer zu kämpfen – vor allem mit interner Konkurrenz. New Englands Ballträger können das Spiel ihrer Karriere hinlegen und in der nächsten Partie nicht einmal den Ball sehen. Mit Sony Michel trägt zwar der produktivste Postseason-RB einen Pats-Helm, das ist aber nicht als Indiz zu werten. Vielleicht entscheidet sich Belichick, mehr Gewicht auf "Vollstrecker" Rex Burkhead oder James White, der vorwiegend als effektiver Empfänger kurzer Pässe in Erscheinung tritt, zu legen.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Rams. Zwar präsentieren sich die Patriots auf dieser Position sehr variabel, doch das gilt eben auch für die gesamte Rolle des Laufspiels im Gameplan. Zwei "Powerhorses" wie Gurley und Anderson zu stoppen, ist eine Monster-Aufgabe für jede Defense. Aus Sicht der Rams bleibt nur zu hoffen, dass man sich in Massachusetts nicht zu viel von den Saints abschauen konnte: Im NFC Championship war besonders Gurley ein Non-Faktor. Ausnahmsweise?
Wide Receiver: Robert Woods und Brandin Cooks: Zwei Passempfänger, die jedes andere NFL-Team gerne in seinen Reihen hätte. Möchte man meinen. Woods hat erst nach vier Jahren bei den Buffalo Bills nun in Los Angeles zeigen können, was er drauf hat, und legte 2018 die erste Saison mit über 1.000 Receiving Yards hin. Cooks war Erstrunden-Pick, schon (ausgerechnet) bei den New Orleans Saints und ein Jahr bei den New England Patriots produktiv und vor allem verlässlich, vollendet er seinen "Rachefeldzug" an den Ex-Teams? Dazu kommt mit Josh Reynolds der junge Ersatzmann für den verletzten Cooper Kupp, mit dem die Rams ohnehin über jeden Zweifel erhaben wären. Reynolds könnte aufblühen, passen die Pats gar zu gut auf Woods und Cooks auf.
Bei den Patriots-Receivern herrscht immer Fluktuation, von Saison zu Saison gibt es Änderungen, wobei auch vermeintlich gescheiterten Spielern von anderswo neue Chancen geschenkt werden – für die sie sich regelmäßig bedanken. Julian Edelman ist neben Brady, Gronkowski und natürlich Belichick hingegen die größte Konstante bei den Pats. Er ist verlässlich und immer gefährlich, auch zwei Super-Bowl-Siege haben jedoch nicht genug dazu beigetragen, ihn zu den allerbesten Vertretern seiner Position zählen zu können. Dafür stach er insgesamt zu selten hervor. Im Jahr 2018 dafür mitverantwortlich: Chris Hogan, Phillip Dorsett und Cordarrelle Patterson. Gute Receiver, aber keine Stars.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Rams. Die Qualität der Einzelspieler ist höher, Woods und Cooks können Spiele entscheiden. Edelman hätte das im AFC Championship fast zu Ungunsten der Patriots getan. Aufpassen muss man auf ihn trotzdem, besonders als Passgeber bei Trickspielzügen, ist er doch ehemaliger College-Quarterback.
Tight Ends: Rob Gronkowski! Kennt man. Und sollte den Tight-End-Vergleich normalerweise im Alleingang entscheiden. Sollte. Beim Superstar auf seiner Position machten sich in den letzten drei Jahren aber körperliche Schwierigkeiten bemerkbar, die seinen Status gedämpft haben. Obwohl nicht mehr ganz so exzessiv mit Brady-Bällen versorgt, ist "Gronk" unverändert Big-Play-Threat in der Mitteldistanz. Der zuletzt noch abgewendete Schlussstrich unter der Karriere des Bilderbuch-Athleten könnte nach dieser Super Bowl wieder zum Thema werden. Backup Dwayne Allen war bislang kein Faktor.
Mit Tyler Higbee und Gerald Everett verfügen die Rams über ein Duo, das jederzeit für Big Plays einspringen kann und da ist, wenn es gebraucht wird – was in einer Super Bowl durchaus der Fall sein kann, konzentriert sich die Defense auf Woods und Cooks.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Patriots. Gronkowski ist nicht mehr der Alte, aber gehört immer noch zu den Top-Vertretern unter den Tight Ends, den man bei den Patriots nicht missen will. Besonders, wenn es um alles geht, ist der Hüne wieder da. Dementsprechend hat er seinen Output in den Playoffs wieder hochgeschraubt.
Offensive Lines: Sehr enge Kiste! Patriots und Rams zählen gleichermaßen zu den besten NFL-Teams, wenn es um den Schutz für Quarterback und Lücken für die Running Backs geht. Gerade deswegen könnten sie zum entscheidenden Faktor werden und dürfen nicht auslassen. Brady hat schon öfter gezeigt, dass er – wenn es eine eklatante Schwachstelle bei ihm gibt – nicht so gerne unter Zeitdruck arbeitet. In der Regular Season musste er das auch nicht: Mit 21 Sacks steckte er die drittwenigsten ein, nur die Lines von Indianapolis (18) und New Orleans (20) arbeiteten effizienter. Im AFC Championship musste Brady überhaupt nicht zu Boden, wobei die Chiefs-Defense bekanntermaßen nicht zu den Elite-Abteilungen gehört. Die Aufgabe gegen die Defensiv-Stars der Rams wird ungleich schwieriger.
Die Offensive Line der Rams lässt den Erfolg des Laufspiels für sich sprechen und ist das Rückgrat der zweitbesten NFL-Offense nach Punkten. Weil man von Verletzungen verschont blieb, ist man gut aufeinander eingespielt. Kein unwesentlicher Faktor, wenn man von einer Abteilung spricht, bei der keiner ihrer fünf Bestandteile auslassen darf, um zu funktionieren.
LAOLA1-Einschätzung: (Leichter) Vorteil Rams. Die Patriots sind mit einer schwierigeren Aufgabe konfrontiert, Los Angeles mit der Routine von Andrew Whitworth und Rodger Saffold gespickt. Experten sind sich einig: Im Bereich der Offensive Lines könnte sich das Spiel entscheiden. Lässt eine der beiden Units ausnahmsweise aus, ist die Super Bowl gelaufen.
Defensive Lines: Wechsel auf die andere Seite der Line of Scrimmage! Und hier braucht man nicht lange diskutieren: Die Rams-Riege gehört auf diesem Sektor zur Creme de la Creme der gegenwärtigen NFL. Aaron Donald ist in der Diskussion um den besten Verteidiger der Gegenwart immer dabei und League-Leader bei Sacks (20,5), Problemkind Ndamukong Suh ist schon länger einer der Besten seiner Zunft – wenn er sich mal zusammenreißt. Dazu noch Michael Brockers: Wenn man eine Defensive Line als "Star-Truppe" bezeichnen kann, dann diese hier. Auf der Gegenseite ist in erster Linie Trey Flowers erwähnenswert, aber die Line ist insgesamt sicher nicht als herausragende Patriots-Stärke zu betrachten.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Rams. Die Vorderfront der Los-Angeles-Defense soll zur "Linie des Schreckens" für Tom Brady werden. Gewinnt man dieses interessante Duell mit der O-Line, könnten die Patriots ernste Probleme bekommen.
Linebacker: Eine leichte Aufgabe wird es für alle beteiligten Running Backs nicht. Die Rams haben auf dieser Position ihre Qualitäten gezeigt, als sie mit Mark Ingram und Alvin Kamara das gefährlichste RB-Duo der vergangenen beiden Jahre gegen die Saints völlig aus dem Spiel nahmen (46 Yards – zusammen!). Dazu hatte Dante Fowler seinen Anteil an der spielentscheidenden Interception. Mit Dont’a Hightower und Kyle van Noy finden sich die prominenteren Namen aber bei den Patriots.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Patriots. Die individuelle Klasse New Englands entscheidet dieses Head-to-Head für sich. Ob die Linebacker gegen die laufenden Rams-Wuchtbrummen entscheidende Akzente setzen können, wird jedoch abzuwarten sein.
Secondary: Auf beiden Seiten tummelt sich viel Qualität im defensiven Rückraum: Angeführt werden die Rams hier vom fünffachen Pro Bowler und SB-Champion Aqib Talib, der abrundet, welche Star-Ansammlung die Rams in der Defense aufweisen können. Auch Marcus Peters, Lamarcus Joyner und John Johnson haben in jüngerer Vergangenheit ihre Qualitäten bewiesen. Auf der Gegenseite stehen mit Stephon Gilmore und Devin McCourty zwei Erstrunden-Picks, dessen Bruder Jason sorgt dafür, dass erstmals Zwillinge in einer Super Bowl stehen.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Rams. Eigentlich eines Unentschiedens würdig, werden die Patriots-Defender mit den Difference-Makern der Rams-Offensive einer schwierigeren Aufgabe gegenübersehen.
Special Teams: In Sachen Kicker gibt es ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Greg Zuerlein und Stephen Gostkowski. Die Beiden sind in der Statistik Tabellennachbarn, müssen sich hinter den herausragenden Vertretern ihrer Zunft aber im Mittelfeld einreihen. Gostkowski ist schon 13 Jahre bei den Patriots und darf sich Zweifach-Champion nennen. Rams-Punter Johnny Hekker gehört zu den Besseren der NFL, dafür tritt Julian Edelman als Returner bei den Patriots öfter in Erscheinung – wenn er den Ball erwischt.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Patriots. Zuerlein hat zuletzt mit der Nervenstärke Eindruck geschunden, in Overtime zur Entscheidung bei den New Orleans Saints aus 57 Yards zu treffen – das Field Goal muss man erstmal machen. Gostkowski kennt die Super-Bowl-Bühne aber in- und auswendig. Wenn man beweisen muss, keine schwachen Nerven zu haben, ein entscheidender Erfahrungsvorteil.
Coaches: Ein Line-Duell schreibt die größten Schlagzeilen im Vorfeld: Jenes an der Seiten-Line. Bill Belichick gegen Sean McVay, Alt gegen Jung, Erfolgsgarant gegen Newcomer, Guru gegen kreativen Fuchs, Imperator gegen Luke Skywalker. Der 66-jährige Belichick ist siebenfacher(!) Super-Bowl-Champ, zwei Titel fuhr er noch als Assistant bei den New York Giants ein. McVay ist mit 33 Jahren genau halb so jung, war bei Belichicks erster Ring-Eroberung exakt ein Jahr und einen Tag alt. Beim ersten Super-Bowl-Triumph der Trainer-Legende mit den Patriots machte der College-Receiver wohl gerade seinen Führerschein, den man in den Staaten sehr jung machen kann. Perfektionist und "Drill Seargent" Belichick hat sein Team sicher exakt auf die Rams eingestellt, aber vielleicht kann McVay eine Überraschung aus dem Hut zaubern? Im NFC Championship überzeugte der (Auf-)Streber, als er den Gameplan nach völligem Fehlstart in die Partie sauber adaptierte.
LAOLA1-Einschätzung: Vorteil Patriots. Müssen wir das wirklich begründen? McVay gehört die Zukunft, er hat NFL-weit die Nachfrage nach blutjungen Coaches in die Höhe getrieben. Aber Belichick ist vermutlich der beste Coach aller Zeiten und noch hat sein junges Gegenüber Lernpotenzial. Wird McVay lernen müssen, wie man mit einer Super-Bowl-Niederlage umgeht? Oder stellt er einen Altersrekord, vermutlich für die Ewigkeit, auf?