Bernd Wiesberger hat mit seinem dritten Saisonsieg auf der Europa-Tour ein neues Kapitel im österreichischen Profigolfsport aufgeschlagen.
Neben einem neuen Bestwert in der Weltrangliste (22.) und der Führung im Jahresranking (Race to Dubai) kann der 34-jährige Österreicher auch vom Ryder Cup 2020 träumen. Noch vier Saisonturniere stehen auf dem Programm.
Im APA-Interview gesteht Wiesberger auch, dass der Sieg in Italien wegen einer Fußverletzung an einem dünnen Faden hing.
Frage: Gratulation zum Sieg in Rom. Schildern sie bitte kurz die starke 65er-Schlussrunde
Wiesberger: "Ich hätte mir frühere Schlaggewinne erhofft, weil klar war, dass man eine tiefe Runde brauchen wird und Matt (der später zweitplatzierte Matthew Fitzpatrick, Anm.) kaum Schläge liegen lässt. Auf der Fünf habe ich dann ein Momentum bekommen und wie schon zuletzt habe ich, als ich Lunte gerochen habe, auch diesmal wieder Birdies en suite machen können. Auch wenn ich ums Par kämpfen musste, habe ich das Momentum erhalten. Damit hatte ich am Ende auch den nötigen Puffer."
Frage: Dabei haben sie sich gleich am Anfang verletzt. Was ist da passiert?
Wiesberger: "Eine blöde Geschichte und ein kurzer aber echter Schrecken am Beginn des Turniers. Beim Verlassen des Zweier-Tees habe ich mich am Donnerstag mit dem Fuß in einem kleinen Loch verfangen und überknackst. Es war schmerzhaft. Auf der fünften Bahn hat mir der Physio dann den Fuß getaped und damit den Knöchel stabilisiert."
Frage: Wie kann man mit so einer Verletzung eines der größten Turniere auf der European Tour gewinnen?
Wiesberger: "Grundsätzlich ist man mit so etwas eine Spur vorsichtiger und bedacht mit seinen Schritten. Mit täglichen Physio-Einheiten haben wir das aber ganz gut im Griff gehabt. Zum Glück war es keine Bänderverletzung und auch nicht der linke Fuß, mit dem man wesentlich mehr Druck aufbauen muss."
Frage: Spielen sie derzeit an ihrem oberen Limit?
Wiesberger: "Ich habe in einigen Bereichen wie dem Driven oder dem Putten große Schritte in die richtige Richtung gemacht. Nicht hundertprozentig zufrieden bin ich mit der Performance der Eisen ins Grün. Da kann ich sicher noch besseres Golf spielen, da will ich in den letzten vier Wochen noch an den Schrauben drehen. Aber am Ende der Woche habe ich die wenigsten Schläge über die Linie gebracht. Nur das zählt."
Frage: Nach der langen Handgelenksverletzungspause im Vorjahr haben sie mit Stuart Morgan auch einen Performance-Coach. Wie genau hilft so jemand?
Wiesberger: "Grundsätzlich geht es um die Gesamt-Harmonie im Team und die passt gut. Phil de Busschere ist für den technischen Bereich zuständig, Stuart hilft bei der Verfeinerung. So hatten wir einen recht guten Plan für die Woche. Jeder hat seinen Betrag, auch mein Caddie Jamie. Die Impulse von Stuart sind sehr zielführend, etwa wenn ich um den Turniersieg spiele. Er pusht mich, dass ich so wenig Schläge wie möglich mache und mich stetig verbessere."
Frage: Sieben Siege auf der Europa-Tour, nun schon zwei Rolex-Millionen-Events gewonnen. Wacht man da auf und denkt sich, zwickt's mi?
Wiesberger: "Es ist schon ein bissl surreal. Vor allem angesichts der Größe der Turniere. Ich selbst differenziere da aber weniger, ob es bei einem Rolex-Event oder einem kleineren Turnier ist. Ich versuche überall mein bestes Golf zu spielen und jedem Schlag die volle Wertigkeit zu geben."
Frage: Wenn sie zurückblicken auf ihre Verletzung und dann dort hin, wo sie jetzt stehen. Was fällt ihnen da ein?
Wiesberger: "Wenn du nicht weißt, wie es in den nächsten Wochen weitergehen kann, ist so etwas wie jetzt natürlich extrem weit weg. Es ist schön, dass ich mich mit der Hilfe von so vielen Menschen zurückkämpfen konnte. Deshalb ist die Freude umso größer, dass wir das geschafft haben. Es ist aber hoffentlich nicht das Ende Fahnenstange, sondern wir haben noch einige gute Jahre vor uns. Aber letzten Sommer war es tatsächlich schwer vorstellbar, dass ich heute in so einer Position bin."
Frage: Noch vier ganz große Saisonturniere inklusive großem Dubai-Finale im November stehen an. Was nehmen sie sich vor?
Wiesberger: "Es sind noch extrem viel Punkte zu vergeben. Bei den letzten Turnieren kann alles passieren. Aber wir sind in der bestmöglichen Position und schauen, dass ich möglichst gut vorbereitet und ausgeruht in diese Turniere gehe. Es braucht einen guten Plan, um die letzten Batterien auf 100 Prozent zu haben, wenn es am Sonntag in Dubai eventuell ums Jahresranking geht. Wir werden nochmals alles mobilisieren."
Frage: In der Liste für den Ryder-Cup 2020 sind sie aktuell Zweiter. Kann da ein großer Traum in Erfüllung gehen?
Wiesberger: "Die Quali hat erst vor vier Wochen begonnen, es war also höchstens ein guter Start. Es braucht noch viel gutes Golf, bis die Plätze vergeben werden. Ziel ist, Wochen mit möglichst gutem Golf aneinanderzureihen, dann ist alles möglich."