Europas Golfer holen sich beim 42. Ryder Cup in Frankreich den Titel zurück.
Die mit einem 10:6-Vorsprung in den Schlusstag gegangenen Gastgeber schaffen am Sonntag vor 51.000 Zuschauern in den Schlusseinzeln vorzeitig die 14,5 Punkte, die zum Sieg gegen Titelverteidiger USA genügen.
Den Siegpunkt macht der Italiener Francesco Molinari. Die Amerikaner haben damit seit 1993 auswärts nicht gewonnen.
Molinarigewann als erster Golfer seit Larry Nelson 1979 alle seine fünf Matches, obwohl er zuvor noch nie eine Begegnung im Ryder Cup für sich entschieden hatte. Freitag und Samstag hatte der Leader der europäischen Order of Merit mit Tommy Fleetwood alle vier Teammatches gewonnen, am Sonntag sorgte er mit einem 4 und 2 gegen US-Routinier Phil Mickelson für den vorzeitigen Siegpunkt. Der Gewinn stand genau genommen freilich schon bei seine Tee-Shot fest, weil den Europäern zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Punkt fehlte und drei Unentschieden gesichert waren.
Europas Premieren-Kapitän Thomas Björn strahlte natürlich. "Dieses Team war so unglaublich entschlossen und willensstark. Es war ein leichter Job für mich", freute sich der Däne. Dabei waren die Europäer angesichts der Weltranglisten-Platzierungen ihrer Gegner und deren vieler Major-Titel als klare Außenseiter ins Rennen gegangen. Aber wieder einmal setzte sich beim im Matchplay-Format gespielten Ryder Cup Zusammenhalt und Teamgeist durch, zudem hatte Björn seine Wild Cards allesamt an Routiniers vergeben. "Weil sie in der Lage sind, unter Druck zu liefern", erklärte er.
Michael Jordan auf der Tribüne
Nach den vier Auftakt-Doppel am Freitag noch 1:3 zurück, drehten die Gastgeber in den Vierball-Matches prompt groß auf und gingen schließlich mit einer 10:6-Führung in den Schlusstag mit seinen 12 Einzelpartien. Dort ließen sie sich nicht mehr aus der Spur bringen. Zudem stellten die Europäer die Spieler des Wochenendes. Neben Molinari und Fleetwood glänzte auch Sergio Garcia. Der Spanier ist mit 25,5 Punkten nun der erfolgreichste Ryder Cupper überhaupt. Molinari wiederum jubelte: "Das bedeutet mir mehr als jedes gewonnene Major."
Auf der anderen Seite musste vor den Augen des golfverrückten Basketball-Stars Michael Jordan ein ausgelaugt wirkender Tiger Woods eine Woche nach seinem 80. Sieg beim Finale der PGA-Tour punktlos die Heimreise antreten. Er sei total "pissed off", sagte der 14-fache Major-Champion angesichts seiner Nullnummer in den drei bestrittenen Partien. Am Ende verlor Woods auch noch sein Einzel gegen Ryder-Cup-Rookie Jon Rahm.
Die Abschlagmarken waren von den Fans längst abmontiert und eingepackt, als Alex Noren im letzten Match mit einem Mega-Putt gegen Bryson Dechambeau den letzten Zähler für die Europäer holte. Da waren auf der gigantischen Anlage südwestlich von Paris schon viele Champagnerflaschen geleert, fast alle Interviews bereits geführt. Kein Wunder angesichts des deutlichsten Sieges seit 2006 und zwei Jahre nach der Niederlage in Chaska/USA. Die Europäer haben den prestigeträchtigen Teamwettkampf nun sieben Mal in den jüngsten neun Austragungen für sich entschieden. Auswärts sind die US-Amerikaner seit 1993 erfolglos.
"Der Sieg ist deutlicher ausgefallen als er sich angefühlt hat", resümierte Bernd Wiesberger. Österreichs derzeit verletzter Top-Spieler hatte dem TV-Sender Sky in Frankreich als "Experte" ausgeholfen und kennt den Platz sehr gut. Wiesberger hat hier 2015 die Open de France gewonnen. "Dass auf diesem Platz regelmäßig auf der European Tour gespielt wird, war sicher ein Vorteil", war der Oberwarter überzeugt.
Wiesbergers Sicht auf den Schlusstag fiel so aus: "Als die Europäer die an der Kippe stehenden wichtigen Siege geholt haben, war bei den Amerikanern die Luft draußen." Bei den USA sei nicht viel zusammen gelaufen. "Ihre Superstars haben enttäuscht. Dass Tiger und Phil (Mickelson) ohne Punkte bleiben, war nicht zu erwarten gewesen. Bei Europa hat Björn zwölf Spieler zusammengeschweißt. Da haben auch die Rookies gut gespielt, und zudem gab es sichere Bänke in den Team-Events."