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ÖHB-Auftaktsieg: Der Wille, den es brauchen wird

Zähe Tschechen als guter erster Prüfstein. Pajovics Mantra bleibt.

ÖHB-Auftaktsieg: Der Wille, den es brauchen wird Foto: © GEPA

Der erste Schritt ist geglückt, die Nervosität passé, die Handball-EURO 2020 startet mit einem Erfolgserlebnis: Österreich geht mit einem 32:29-Sieg über Tschechien in die Neuauflage des Heim-Großevents (Spielbericht>>>). 

Vor knapp 8.000 Zuschauern in der noch nicht ganz ausverkauften Wiener Stadthalle musste das ÖHB-Team die Anspannung erst ablegen, einer zähen ersten Hälfte gegen dicht verteidigende Tschechen folgte ein "absoluter Sieg des Willens".

Mit mehr Schwung in die zweite Halbzeit gestartet, holte das ÖHB-Nationalteam das Publikum ins Boot und brach die Gegenwehr des nördlichen Nachbars mit Fortdauer der Partie.

Starke zwölf Tore von Kapitän Nikola Bilyk und neun Paraden von Keeper Thomas Eichberger, die meisten davon in Schlüsselmomenten, wurden schließlich zum Rückgrat des Erfolgs, der zum ersten großen Ziel namens "Hauptrunde" schon viel wert sein kann.

Lehren aus der ersten Halbzeit

Im Kampf der ersten Momente nahmen beide Seiten einige Zweiminuten-Strafen, die stets einer Mannschaft einen numerischen Vorteil beschafften und die geduldige Suche nach Lücken vor den Abwehrreihen zum prägenden Bild der ersten halben Stunde machten.

"Wir hatten eine Menge Probleme in der 1-gegen-1-Verteidigung, haben viele Strafen genommen. Zur Halbzeit habe ich meinen Spielern gesagt, sie müssen in so einer Halle fighten, dann wurden wir aggressiver. Meine Spieler haben Charakter gezeigt, nur so werden wir aufsteigen", war Teamchef Ales Pajovic klar - und prompt änderte sich das Bild des Spiels.

Die Strafen-Orgie war nach Seitenwechsel Geschichte. Und aus einem knappen Rückstand zur Halbzeit wurde bald eine eine Drei-Tore-Führung.

Diese glichen die Tschechen wieder aus, mit der Halle im Rücken blieb der österreichische Aufwind aber bestehen. Ein erneuter Drei-Treffer-Run brachte die Entscheidung, auch wenn die Angelegenheit bis kurz vor dem Ende spannend blieb. Aber am Ende stand der Sieg, den Österreich spürbar mehr wollte.

Risiko, das belohnt wird

"Ich war nicht ruhig, das war nur mein Pokerface. Zum Glück habe ich keine Haare mehr, die würde ich sofort verlieren."

Ales Pajovic

Dafür musste Pajovic auch seinen Willen zeigen und wiederholtes Risiko nehmen: Ein siebter Feldspieler wurde immer wieder forciert, um die 6-0-Abwehr der Tschechen zu brechen. Dazu wechselte der Teamchef früh vom glücklosen Thomas Bauer auf Thomas Eichberger, was sich trotz nur drei Länderspielen Erfahrung des "Zweier-Torhüters" als goldrichtig erweisen sollte.

Dazu verteilte sich viel Last auf die Schultern von Nikola Bilyk und Janko Bozovic, die im Rückraum fast die vollen vollen 60 Minuten bestreiten mussten.

Aber speziell der Kapitän erfüllte seine Rolle, sein 69. ÖHB-Länderspiel wurde zu einem der besten - und mit zwölf Toren machte er sich vorerst zum Führenden der EURO-Torschützenliste.

Bilyk: Viel-Spieler, Viel-Treffer

In einer noch relativ unerfahrenen Mannschaft, die sich an die Kulisse erst gewöhnen muss, war die Routine des Kiel-Stars wichtig: "Viele kennen das noch nicht so. Es ist eine Heim-EM, wir tragen auch eine gewisse Verantwortung für das ganze Land. Wir wollen uns gut präsentieren und für Euphorie sorgen - das haben wir mit diesem ersten Spiel einmal geschafft. Es war auf jeden Fall ein Sieg des Willens", war der 23-Jährige überzeugt.

Beim 48-Stunden-Rhythmus so eine Last zu tragen, wäre aber eine hohe Aufgabe in jedem einzelnen Auftritt: "Ich muss, ich bin das gewöhnt, die vielen Spiele in kurzer Zeit. Ich weiß, was auf mich zukommt und bereite mich körperlich richtig vor."

Foto: © GEPA

Der Teamchef nahm dennoch andere Spieler in die Pflicht: "Ich habe in den letzten Testspielen gesehen, dass es wohl besser ist, mit Nikola und Janko (Bozovic, Anm.) zu spielen, wenn das Spiel knapp ist. Aber wir können nicht das ganze Turnier so spielen, sonst sind sie am Ende quasi tot."

Auch Bozovic steuerte in seinem 150. ÖHB-Länderspiel sieben Tore bei, womit das Rückraum-Doppel zur offensiven Lebensversicherung wurde, während Eichberger hinten alle wichtigen Bälle hielt.

Das Pajovic-Mantra bleibt

Ein Auftaktsieg, der auf mehreren Ebenen wichtig sein kann. Nicht nur durch die Gruppen-Konstellation, denn nach dem Sieg Nordmazedoniens über die Ukraine (Spielbericht>>>) könnte Österreich mit einem Erfolg über die Osteuropäer - bei gleichzeitiger Schützenhilfe der Nordmazedonier - das Ziel der Hauptrunde schon fixieren.

Besonders auf der mentalen Ebene ist dieser Einstieg ins Turnier eine Wohltat, wie auch der grundsätzlich so besonnene Pajovic zugeben musste.

"Ich war nicht ruhig, das war nur mein Pokerface. Zum Glück habe ich keine Haare mehr, die würde ich sofort verlieren. Die letzten zwei Tage war ich nervös, dieses Warten auf das erste Spiel ist immer schwer", so der Slowene, der vor einem Jahr beim WM-Finale noch Zuschauer war und das Feuer entdeckte, wieder selbst eine Rolle bei so einem Ereignis zu spielen.

"Der beste Moment war, als das Spiel zu Ende war. Da war alles weg und ich zufrieden", fügte der EM-Silberne von 2004 hinzu.

Aber von Entspannung kann noch keine Rede sein, denn die EURO beginnt gerade erst. Und es wäre nicht Pajovic, wenn nicht kurz nach dem Spiel wieder sein Mantra gegolten hätte: "Schritt für Schritt. Es ist nett, mit einem Sieg zu starten. Das war das erste Ziel, das haben wir geschafft. Wenn wir so spielen, ist alles möglich. Aber wir bleiben ruhig und konzentrieren uns auf das nächste Spiel."

Denn das steigt schon am Sonntag - wieder um 18:15 Uhr, wieder in der Wiener Stadthalle, diesmal gegen die Ukraine.

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