Wer vor wenigen Wochen behauptet hätte, dass Österreich der aktuell vielleicht besten Handball-Nation der Welt die Stirn bieten kann, wäre wohl zumindest sehr, sehr schief angesehen worden.
Doch die Zeiten haben sich geändert - und zwar rasant, so wie das Spiel des ÖHB-Teams meist ist. Am Ende musste man sich Frankreich zwar mit 28:33 geschlagen geben (Spielbericht>>>), doch die Leistung, die man einmal mehr aufs Feld brachte, beeindruckte.
Zur Pause lag das Team von Ales Pajovic sogar mit 16:15 voran, schnupperte an der nächsten Sensation. Erst gegen Spielende machte sich die Müdigkeit in Spiel Nummer sechs bemerkbar, es fehlten die letzte Kraft und der Spielwitz.
Die einmal mehr sehenswerte Performance entlockte sogar Legende Nikola Karabatic ein Lob für Bilyk & Co. Ganz und gar nicht sein man von Österreichs Auftreten überrascht gewesen, so der dreifache Welthandballer. "Natürlich haben wir das erwartet, wir haben gesehen, wie Österreich bisher bei der EM gespielt hat", betont er beim "ORF".
"Wir wussten, dass es heute schwer wird für uns. Wir mussten das ganze Spiel über kämpfen, um zu gewinnen", unterstreicht er die Leistung von Rot-Weiß-Rot. Und: Alleine dieses Statement sagt schon beinahe alles darüber aus, welches Standing sich das rot-weiß-rote Handballteam mittlerweile auf der Weltbühne erarbeitet hat.
Zeichen des neuen ÖHB-Selbstbewusstseins
Die ÖHB-Truppe ihrerseits trägt das neue Selbstbewusstsein offen zur Schau. Kreisläufer Tobias Wagner zeigte sich "nicht verwundert" darüber, dass man die Partie bis in die Schlussphase offen gestalten konnte. "Wir ärgern uns sogar, weil da wäre mehr drinnen gewesen. Wir waren am Ende ein wenig unglücklich und ideenlos", so der 28-Jährige.
Auch Teamkollege Sebastian Frimmel pflichtete Wagner bei. "Wir sind ein bisschen enttäuscht. Das ist aber auch klar, weil wir jetzt bei jedem Spiel die Chancen schmecken. Wir waren auch heute gegen die Franzosen voll da", trauert auch er einem verpassten Punktgewinn nach.
Dem Ungarn-Legionär und seinen Teamkollegen ging in den Schlussminuten sichtlich die Energie aus, was am Ende zu einer etwas zu deutlichen Minus-5-Niederlage führte. "Man merkt einfach trotzdem die Müdigkeit bei uns. Dennoch totalen Respekt vor der Mannschaft, was wir da heute leisten, ist brutal", lobt er seine Mannschaft.
Serie gerissen: "Keine Schande, dass es gegen Frankreich passiert"
Dennoch ist die ungeschlagene Serie jetzt gerissen, für Routinier Robert Weber jedoch kein Beinbruch. "Wir wussten, dass diese Serie irgendwann einmal reißen wird und ich denke, es ist keine Schande, dass es gegen die Franzosen passiert ist", so der 38-Jährige.
Lob gabs auch vom Teamchef für seine eingeschworene Truppe. "Respekt an die Jungs, sie haben super gespielt und fast bis zum Ende mitgehalten. Das war nicht zu erwarten", so Ales Pajovic.
Der Slowene richtet den Fokus bereits auf Mittwoch, wenn das ÖHB-Team gegen Island um die Chance auf das Halbfinale kämpft. "Ich kann den Jungs nur gratulieren, dass sie im sechsten Spiel so eine Leistung bringen. Jetzt haben wir das nächste Spiel gegen Island und darauf müssen wir uns konzentrieren", fordert er.
Bilyk & Co. wollen Chance auf Halbfinale nutzen
Die Vorfreude auf das Entscheidungsspiel sei "sehr groß", wie Kapitän Mykola Bilyk betonte. "Wir müssen schauen, dass wir die Tage heute und morgen gut nutzen, um zu regenerieren. Dann müssen wir in zwei Tagen voll da sein. Wir werden nochmal alles geben, was in uns steckt, um die letzten zwei Punkte zu holen und die Chance zu haben, ins Halbfinale einzuziehen", so der Kiel-Legionär.
In der EM-Vorbereitung traf Österreich bereits zweimal auf Island, zog dabei zweimal den Kürzeren. Bei den Spielen probierte Pajovic aber einiges aus, wodurch sich die Aussagekraft der Ergebnisse in Grenzen hält.
Den Österreichern ist einmal mehr alles zuzutrauen. Ein Sieg gegen Island könnte das Halbfinale bedeuten, auch das Spiel um Platz fünf ist möglich. So oder so: Sport-Österreich ist stolz auf dieses Team. Zurecht. Und womöglich krönt die ÖHB-Auswahl ihr Handball-Märchen ja mit der besten Platzierung bei einer EURO.