Am Samstag (ab 18.00 Uhr im LIVE-Ticker und auf ORF Sport +) bauen sich die norwegische Welthandballerin Henny Reistad und Co. vor Österreich auf - die aufstrebende rot-weiß-rote Equipe trifft auf das Nonplusultra im aktuellen Frauen-Handball.
Die Erwartungen im "Bonusspiel" sind verhalten, der Matchplan ist wohl schon ein bisschen auf das vermutlich entscheidende Montag-Duell mit Slowenien ausgerichtet. Auch wenn Teamchefin Monique Tijsterman davon nichts wissen will.
"Montag ist Montag. Wir müssen gegen Norwegen auf uns schauen, müssen lange Angriffe spielen und dürfen nur wenige Fehler machen", sagte die 55-Jährige. Die würden sonst gnadenlos bestraft. Viel zu holen war für Österreich gegen Norwegen bisher nicht.
In 13 Bewerbsspielen gab es nur drei Siege, der bisher letzte datiert von der Heim-WM 1995: Ein 24:23-Erfolg in der Vorrunde. Damals spielte aufseiten von Rot-Weiß-Rot mit Ausra Fridrikas (damals: Ziukiene) eine spätere Welthandballerin, die Zeiten haben sich geändert. Heute ist es mit Reistad eine Norwegerin, die diesen Titel trägt, schon im Alter von 25 Jahren verfügt sie über eine beeindruckende Vita.
Reistad "kann wirklich alles"
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Nach den WM- (2021) und EM-Titeln (2020, 2022) holte die Rückraumakteurin im August in Paris auch Olympisches Gold. Auf Klubebene gewann sie mit den Vipers Kristiansand 2021 die Champions League, ehe sie zum dänischen Spitzenklub Esbjerg wechselte.
Sicher in Erinnerung bleibt ihr "Solo-Sechser" im WM-Halbfinale 2023 gegen Dänemark: Beim 29:28-Sieg der Norwegerinnen machte Reistad in der Verlängerung alle sechs Tore ihres Teams. "Sie ist sicher ein Vorbild. Sie kann wirklich alles", sagte ÖHB-Rückraumspielerin Ana Pandza.
Reistad ist freilich nur die Spitze des norwegischen Eisbergs, der in den vergangenen Jahren erbarmungslos durch die Meere pflügte. Dass "Lenkerin" Stine Oftedal nach dem jüngsten Olympia-Gold zurücktrat und Rückraum-Routinier Nora Mörk wegen ihrer Schwangerschaft fehlt, fällt kaum ins Gewicht.
Der Kader scheint breit und tief genug, um dem nach der EM scheidenden isländischen Erfolgscoach Thorir Hergeirsson ein goldenes Abschiedsgeschenk zu machen. Für die 44-jährige Torfrau Katrine Lunde wäre es gar der siebente EM-Titel.
Frauen-Handball dominiert in Norwegen
Seit Mitte der 90er-Jahre geben die Norwegerinnen international den Ton an, sie stehen im eigenen Land deutlich über den Handball-Männern. Und die Herzen der Fans fliegen ihnen zu.
Beim jüngsten der insgesamt neun EM-Triumphe 2022 schauten im TV durchschnittlich 986.000 Menschen zu, der Höhepunkt im 5,5-Mio.-Einwohner-Land lag bei 1,1 Mio - ein Marktanteil von 74 Prozent. Und es spiegelt sich in der Verbandsstruktur wider. Norwegens Verband hat rund 140.000 Mitglieder, 65 Prozent davon sind weiblich.
Tijsterman, in den Niederlanden einst federführend im erfolgreichen Akademiebereich tätig, kennt eine der großen Stärken. "In den Klubs haben sie die besten Trainerinnen und Trainer im Nachwuchsbereich", betonte die Teamchefin. Dort würden bereits die Grundlagen für spätere Spitzenleistungen gelegt.
"Jede will ins Nationalteam." Dort herrsche aber quasi Chancengleichheit im Vergleich mit Österreich. "Sie haben auch nicht mehr Zeit. Die machen dasselbe wie wir."