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Hilferuf des Admiral-Chefs: "Es brennt lichterloh"

ADMIRAL-Geschäftsführer Jürgen Irsigler malt im LAOLA1-Interview düsteres Bild:

Hilferuf des Admiral-Chefs: Foto: © GEPA

Die Zeiten sind extrem herausfordernd. Die erste Welle der Corona-Krise ist in einem nationalen Kraftakt gemeinsam und zur allgemeinen Zufriedenheit diszipliniert erledigt worden.

Jetzt braucht es viel Augenmaß und noch mehr Mut für den nächsten Schritt. Dabei geht es auch um den Sport, um den Mannschaftssport, um den Amateursport und den Nachwuchs. Es braucht wieder einen Schulterschluss und eine enorme Kraftanstregung, um "die wichtigste Nebensache der Welt" zu retten.

"Das Haus des Sports brennt lichterloh!", sagt Jürgen Irsigler. Der Geschäftsführer der ADMIRAL Sportwetten GmbH muss es wissen. Er wohnt quasi im ersten Stock des Gebäudes, hat täglich Kontakt mit den unterschiedlichsten Sport-Managern des Landes, ist in vielen Sportarten involviert und zeichnet im LAOLA1-Interview ein dramatisches Bild der Lage.

Der 57-jährige Oberösterreicher warnt vor dem Exodus und appelliert an den Mut der Politik. Irsigler hofft, dass in den nächsten Stunden und Tagen positive Signale aus Deutschland kommen und auch Österreichs Politikerinnen und Politiker als Entscheidungsträger die richtigen Maßnahmen treffen.

LAOLA1: Der Fußball erwartet von der Regierung demnächst eine Entscheidung für einen möglichen Re-Start der Bundesliga. Schlechter schaut es für Hallen-Sportarten wie Eishockey, Basketball und Handball aus. Auch da ist ADMIRAL entscheidend vertreten und unterstützt die Vereine bzw. Ligen finanziell. Wie ist beispielsweise ihr aktueller Stand über die Zukunft der spusu Liga?

Jürgen Irsigler: Unser Informationsstand ist, dass große Ungewissheit besteht. Wir können letztendlich nur die  Informationen werten, die wir von der Politik bekommen. Letztendlich entscheidet auch immer die Politik, wie es weitergeht, welche Möglichkeiten es für den Sport gibt und aktuell sehe ich die Situation dramatisch.

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Admiral-Geschäftsführer Jürgen Irsigler
Foto: © GEPA

LAOLA1: Warum wird es dramatisch?

Irsigler: Ich sage es ganz offen, das Haus des Sports brennt lichterloh. Man kann das nicht anders bezeichnen. Wenn man die Informationen der Politik bewertet, dann sehe ich aktuell keine Möglichkeiten, wann die spusu Liga oder auch andere Indoor-Meisterschaften beginnen sollen und, dass diese vor Publikum stattfinden können. Das ist aber essenziell für die Ligen. Wenn es keine Einnahmen aus dem Ticketing gibt, wenn es keine Einnahmen aus der Gastronomie gibt, dann können diese Sportarten nicht überleben, dann macht es für diese Sportarten auch gar keinen Sinn einen Meisterschaftsbetrieb hochzufahren und einen Ligabetrieb aufrecht zu erhalten, weil ihnen wesentliche Stützpfeiler im Geschäftsmodell weggebrochen sind.

LAOLA1: Die TV-Vermarktung gibt die Mittel nicht her, um den Betrieb zu sichern?

Irsigler: Nein, diese Vermarktung gibt es quasi nicht. Die Einnahmen aus dem Verkauf der Medienrechte sind marginal und spielen in den Budgets einer spusu Liga überhaupt keine Rolle. Und damit kann das kein Ersatz sein für anderweitige Einnahmen-Ausfälle. Ich habe die tiefe Überzeugung, dass ohne das Publikum, das diese Veranstaltungen besuchen kann, es im Herbst keine Ligen geben wird. Das wiederum bedeutet, dass die überwiegende Anzahl der Vereine in ihrer Existenz gefährdet ist. Ich erwarte viele Insolvenzen, wenn es hier nicht noch zu einem Umdenken kommt. Für mich liegt dann der Sport insgesamt in Trümmern. Ich weiß nicht, ob diese Dramatik den Entscheidungsträgern auch bewusst ist, in welche Richtung wir uns da momentan bewegen. Wenn man mit Sportfunktionären - mit Managern im Sport - spricht, dann sieht das jeder so. Jeder sieht diese Riesengefahr, die momentan für den Sport insgesamt besteht, aber ich habe irgendwo die Wahrnehmung, dass diese Dramatiok bei den politischen Entscheidungsträgern noch nicht wirklich angekommen ist. Und ich bin auch der Meinung, dass sich der Sport insgesamt solidarisieren muss, es geht nicht um Handball, Fußball, Eishockey, Basketball oder wen auch immer, es geht um den Sport insgesamt. Meiner Meinung nach muss der Sport jetzt den Schulterschluss suchen, um gemeinsam auf seine Probleme, auf die Themen, die für den Sport relevant sind, aufmerksam zu machen, weil sonst liegt der gesamte Sport in naher Zukunft völlig in Trümmern.

LAOLA1: Die Politik verbreitet momentan nur die Botschaft, ehe es keine Impfungen gegen das Virus gibt, lassen wir niemanden in die Hallen...

Irsigler: Wir haben die Situation, dass natürlich 90 Prozent der Virologen, die jetzt ihre Kommentare und Expertisen abgeben, genau dieses Statement wiedergeben. Sie erklären, solange es keine Impfung gibt, werden Veranstaltungen vor Publikum nicht möglich sein. Die Virologen sagen ja auch gleichzeitig, dass es frühestens im nächsten Jahr einen Impfstoff geben wird -  dann ist das aber der K.o.-Schlag, das überlebt der Sport nicht, dann kommt es wirklich zum Exodus des Sports in Österreich. Und ich sage es ganz offen, nicht nur in Österreich, sondern auch international. Dieselben Probleme gib es auch in allen anderen Ländern. Da brauchen wir nur nach Deutschland zu schauen, wie da die Situation mit den Medienrechten im Handball oder Basketball ist, die ist nicht wesentlich anders als in Österreich. Das ist ein grundsätzliches Problem, das der Sport im Moment zu lösen hat. Ich habe irgendwie die Wahrnehmung, dass außerhalb der Entscheidungsträger im Sport – also jene die unmittelbar mit dem Thema befasst sind - noch zu wenige die dramatische Lage erkannt haben und der Sport selber zu zurückhaltend agiert. Er muss wesentlich lauter auf die Situation aufmerksam machen. Wir müssen auch schauen, dass wir regional und national diese Themen lösen. Wir brauchen an internationale Bewerbe gar nicht denken, so lange wir nicht regional und national Lösungen gefunden haben. Wie soll es internationale Bewerbe geben, wenn es keinen nationalen Sport gibt!

Unser Zugang als Sponsor ist immer der, dass wir unsere Verträge stets einhalten. Unser Verständnis ist und war es immer, den Sport bestmöglich zu unterstützen.

ADMIRAL-Geschäftsführer Irsigler

LAOLA1: Dann ist wohl auch die Quali des Herren-Nationalteams für die WM in Ägypten im Jänner 2021 nur für die Geschichtsbücher...

Irsigler: Ja. Wie soll denn eine Handball-WM in Ägypten stattfinden, wo Teilnehmer aus der ganzen Welt zusammenkommen sollen und wollen, wenn wir solche Rahmenbedingungen haben. Das kann niemals funktionieren, das wird auch nicht funktionieren. Es ist toll, dass wir uns wieder für die WM-Endrunde qualifiziert haben. Das ist sozusagen auch ein Zeichen, auf welch hohem Niveau sich der österreichische Handballsport insgesamt bewegt, das bringt viele positive Aspekte mit sich, aber im Moment - überlagert von allem - findet diese WM-Endrunde überhaupt statt? Wenn man den Politikern und den Virologen zuhört, dann sage ich aus heutiger Sicht, ich kann mir das auf keinen Fall vorstellen.

LAOLA1: Das klingt dramatisch, damit ist aber wohl zu rechnen.

Irsigler: Noch schlimmer ist es aber, wenn ich an die Nachwuchsarbeit und an die Jugend denke. Wie soll der Handball-Nachwuchs seinem Sport nachgehen, wenn die Vorgabe ist, dass man permanent und regelmäßig getestet werden soll. Das kann nicht funktionieren. Wenn es der Zugang ist, dass es - solange es keinen Impfstoff gibt – nur mit regelmäßigen Testungen gehen kann, dann wird der Sport zum Stillstand kommen. Das ist finanziell nicht zu stemmen.

LAOLA1: Welche Auswirkungen finanzieller Natur hatte der Abbruch der Meisterschaft in der spusu Liga am 1. April für die Sponsor-Tätigkeit von Admiral?

Irsigler: Es ist natürlich extrem bitter, dass all die Sportarten wie Handball, Basketball oder Eishockey vor ihrer finalen Phase die Meisterschaft beenden mussten - quasi ehe ihre Hochsaison beginnen konnte. Diese Bewerbe mussten vor der spannendsten Zeit des Jahres abgebrochen werden. Das ist natürlich auch aus der Sicht des Sponsors absolut negativ zu bewerten. Was die Zukunft betrifft – wir wissen es einfach nicht, weil wir nicht wissen, ob es ab Herbst überhaupt eine Liga gibt, ob die Meisterschaft fortgeführt werden kann, in welcher Form die Liga abgewickelt wird oder ob sie ausgesetzt werden muss, es sind zu viele Fragen offen, um das am Ende des Tages seriös bewerten zu können. Es gibt keine Sicherheit, keine Planbarkeit.

LAOLA1: Wie ist ihr Zugang als Sponsor?

Irsigler: Grundsätzlich ist unser Zugang als Sponsor immer der, dass wir stets unsere Verträge einhalten. Unser Verständnis ist und war es immer, den Sport bestmöglich zu unterstützen. Die Frage ist, inwieweit kann Sport überhaupt ausgeübt werden.

LAOLA1: Hängt davon auch ihr weiteres Engagement in der spusu Liga ab?

Irsigler: Im Moment tauschen wir uns regelmäßig mit den Funktionären und den Managern der einzelnen Vereine und Sportarten aus. Es ist am Ende des Tages ein Austausch, aber Beschlüsse fassen kann man derzeit nicht, weil die Rahmenbedingungen nicht klar sind.

Irsigler mit Foda (l.) und ÖFB-Präsident Windtner
Foto: © GEPA

LAOLA1: Ihre Sorge gilt dem gesamten heimischen Sport?

Irsigler: Absolut. Die Welt des Sports wird eine andere sein in den nächsten Monaten und Jahren als wir sie bisher gekannt haben.

LAOLA1: Wo richtet der so genannte "Corona-Shutdown" den größten Schaden an?

Irsigler: Den Schaden sehe ich durchgängig. Beim Profi-Sport besteht die Gefahr, dass der Großteil der Vereine insolvent wird, weil eben die Finanzierung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Das wiederum hat Auswirkungen auf den Amateur-Sport, das hat auch auf den Nachwuchs Auswirkungen und letztendlich fehlen Vorbilder aufgrund der Rahmenbedingungen. Amateur-Sport kann nur stattfinden vor Publikum, weil letztendlich die Amateur-Vereine von den Einnahmen der Zuschauer leben – quasi auch von ihrer Kantine, von der Gastronomie bei der Veranstaltung. Der Nachwuchs wird letztendlich auch massiv beeinträchtigt sein. So wie momentan der Status aktuell ist, ist Mannschaftssport ohne Testungen nicht möglich. Laufende Testungen sind wiederum nicht finanzierbar. Was ist die Konsequenz daraus? Es wird zumindest Mannschaftssport nicht stattfinden können, das heißt, die Gefahr, dass Jugendliche und Kinder dem Sport verloren gehen, weil sie diesen nicht mehr ausüben können, ist riesengroß. Das wiederum hat massive volkswirtschaftliche Bedeutung. Die Ärzte jammern heute schon über die übergewichtigen Jugendlichen und Kinder, dass die Gesellschaft insgesamt zu wenig Sport betreibt und das wird zu zusätzlichen Belastungen des Gesundheitswesens in Zukunft führen. Das heißt, es ist auch für eine Gesellschaft letztendlich von Relevanz, wenn Sport nur noch eingeschränkt ausgeübt werden kann.

LAOLA1: Ihr Hilferuf richtet sich an die Politik, da nur sie das Problem lösen kann?

Irsigler: Ja, die Politik ist der Entscheidungsträger. Am Ende des Tages entscheiden nicht Sport-Manager, sondern die Politik in welche  Richtung es geht. Das heißt, die Politik ist hier gefordert und es müssen mit dem richtigen Augenmaß Entscheidungen getroffen werden. Und man muss sich auch bewusst sein, welche Konsequenzen mit den Entscheidungen verbunden sind. Es ist eine ganz, ganz schwierige Situation. Auch das Haus der Kultur brennt lichterloh. Da ist die Situation genau dieselbe. Es ist auch für die Politik eine riesige Herausforderung, man muss das Gesamte im Fokus haben und man darf die langfristigen Auswirkungen nicht aus dem Auge verlieren. Es ist nicht entscheidend, ob heute oder morgen wieder der Betrieb aufgenommen wird, wichtiger ist es die mittel- und langfristige Perspektive zu bewerten.

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