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Als Nikola Bilyk bei der Wiener Austria kickte

Nikola Bilyks Vater klärt auf, wie der Handball-Shootingstar über Narbekovas zur Austria kam.

Als Nikola Bilyk bei der Wiener Austria kickte

Trotz seiner gerade einmal 20 Jahre hat sich Nikola Bilyk beim THW Kiel, dem vielleicht besten Handball-Klub der Welt, bereits einen Namen gemacht.

Trainer Alfred Gislason, ein Peitschenknaller vor dem Herrn, geriet in Bezug auf den österreichischen Neuzugang zuletzt regelrecht ins Schwärmen.

Dabei wäre der Kieler Rückraumbomber einst beinahe dem Fußball verfallen – und zwar bei der Wiener Austria.

Narbekovas half ein wenig nach

Arminas Narbekovas spielte von 1990 bis 1996 bei der Austria

Bei den „Veilchen“ hatte Bilyk im Alter von etwa zehn Jahren einst Trainingsluft geschnuppert. „Ich hatte dort mit Arminas Narbekovas einen guten Bekannten“, verrät Nikos Vater Serhiy Bilyk im Gespräch mit LAOLA1. „Arminas fragte beim damaligen Nachwuchstrainer nach, ob Niko ins Training einsteigen darf.“

Der baumlange Vater, der schon seit 1999 das Handball-Tor der Fivers Margareten hütete, unternahm damals den zarten Versuch, seinem Sprössling eine Zukunft als Fußball-Tormann schmackhaft zu machen. Jedoch ohne Erfolg.

„Ich sagte zu ihm: Niko, du wirst wahrscheinlich einmal zwei Meter groß. Damit kannst du ein guter Fußball-Tormann werden. Er sagte nur: Nein, ich will nicht ins Tor. Ich will Stürmer oder Mittelfeldspieler werden“, erinnert sich der Vater schmunzelnd.

Obwohl besagter Nachwuchs-Jahrgang der Austria schon länger zusammen trainierte, erlaubte der Coach Klein-Bilyk einzusteigen.

Niko dürfte sich recht geschickt angestellt haben, da der Trainer die ursprünglich veranschlagte Woche verlängerte. „Danach meinte der Coach zu mir, dass Niko Potenzial hätte, er aber einen Monat bei Gerasdorf mittrainieren solle, bevor er endgültig bei der Austria mitspielen kann. Darauf hat Niko gesagt, dass er ab jetzt nur noch Handball spielen will.“

Durfte nicht in der ersten U11-Mannschaft spielen

Den Korb, den er dem Fußball gab, entpuppte sich wenig später als Glücksfall für den heimischen Handball. Schon in den Nachwuchs-Auswahlen war das Talent unübersehbar. Er war schon weiter als seine Alterskollegen.

Wer denkt, dass dies von vielen Trainingseinheiten im Kindesalter stammt, der irrt jedoch. Denn Handball trainierte Niko kaum, was laut Serhiy aber weniger am Fleiß, als vielmehr an den Gegebenheiten lag. „Als er noch klein war, war der Weg zum Training in den fünften Bezirk doch recht weit.“ Für hin und zurück benötigte der Grundschüler knapp eineinhalb Stunden mit der S-Bahn.

Und da er kaum im Training war, durfte er nur in der zweiten Mannschaft des U11-Jahrgangs der Fivers auflaufen. „So war die Regel nun mal. Egal, wie gut oder schlecht ein Kind war“, hatte Serhiy vollstes Verständnis für die Klub-Richtlinien.


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Doch rückblickend waren es jene Spiele in der U11, bei denen seinem Vater erstmals dämmerte, dass sein Sohn kein normaler Handballer ist. „Wenn seine Mannschaft beispielsweise 20 Tore erzielt hat, dann waren oft zwölf davon von Niko. Ohne Training! Damals hab ich zu überlegen begonnen: Wenn er schon ohne Training so gut sein kann,…okay, er könnte tatsächlich einmal richtig gut werden.“

Gesunder Bewegungsdrang

Nichtsdestoweniger rührt Nikos jetziges Vermögen vom frühen Kontakt mit dem Ball. Ab dem sechsten Lebensjahr war er schon in der Halle bei den Spielen seines Vaters.

Zuhause musste auch immer irgendwie ein Ball parat liegen. Ob Handball, Basketball oder Fußball war nebensächlich. Noch heute frönt er seinem Hobby dem Basketball, wie jüngst ein Video aus dem ÖHB-Team belegt:

Spricht man mit österreichischen Handball-Größen wie Viktor Szilagyi oder Conny Wilczynski über Bilyk, fällt auf, dass diese nicht nur von dessen spielerischem Können, sondern eigentlich noch mehr von dessen reifer Einstellung beeindruckt sind. „Er weiß schon jetzt ganz genau, was er will und was es dazu braucht“, staunte Szilagyi.

Doch was tat Vater Serhiy, um seinen Sohn diese Einstellung einzuimpfen?

„Schwer zu sagen. Ich glaube, dass es daran lag, dass ich viele Bekannte habe, die selbst großartige Handballer waren“, führt Serhiy aus. „Bei ihren Besuchen haben wir viel über Handball gesprochen. Niko war da oft dabei. Ich denke, dass er mehr oder weniger bewusst viel von ihren Einstellungen mitbekommen hat.“

Diese hätten sich sehr bald dann auch auf dem Feld gezeigt. „Er war nach Niederlagen immer unzufrieden mit sich selbst. Für mich ein sehr wesentlicher Punkt, weil er nie die Schuld bei anderen gesucht, sondern sich immer darauf konzentriert hat, was er besser machen könnte.“

Beratend, nicht bestimmend

Ab 2012 standen Serhiy und Nikola Bilyk gemeinsam für die Fivers auf der Platte

Mit zarten 16 Jahren rückte Niko bereits in die HLA-Mannschaft der Fivers auf, wo er gemeinsam mit seinem zu diesem Zeitpunkt 42-jährigen Vater in einem Team spielte.

Hat Serhiy, der mittlerweile als Standby-Torhüter sowie Trainer tätig ist, etwa deshalb so lange gespielt, weil er gemeinsam mit Niko auflaufen wollte? „Erst, als Niko 14 und es schon abzusehen war, dass er aufrücken wird, war es definitiv mein Wunsch.“

Davor allerdings nicht. Schließlich habe er stets versucht, den Jungen selbst seinen Weg gehen zu lassen. Er wollte ihm nur dessen Möglichkeiten aufzeigen, die letzte Entscheidung sollte aber Niko selbst treffen. „Nicht, dass er einmal zu mir kommt und sagt: Papa, ich habe alles gemacht, was du gesagt hast, aber es war falsch.“

Ein ganz anderer Rhythmus

Insofern war auch die Entscheidung, nach Kiel zu gehen, jene des Sohnes. Eine, mit welcher der Vater aber sehr zufrieden ist. Schließlich hat er mit Gislason nun einen Trainer, der jungen Spielern eine Chance gibt.

Im Augenblick muss sich Niko jedoch noch an den mit Liga, Champions League, Pokal und Nationalteam enorm kräfteraubenden Rhythmus gewöhnen. „Das ist mit seinem Alter nicht so einfach. Er muss das jetzt einmal ein oder zwei Saisonen lang überleben. Momentan kann er ein super Spiel machen, aber bei Kiel geht es eben Schlag auf Schlag“, weiß Serhiy, der versucht, möglichst oft zu den Spielen der „Zebras“ zu reisen.

Dass sich sein Sohn dort auf Anhieb so durchgesetzt hat, macht ihn stolz. Und das völlig zu Recht.

Reinhold Pühringer

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