Seit mittlerweile fünf Jahren ist Patrekur Johannesson nun schon österreichischer Handball-Teamchef.
„In dieser Zeit haben wir schon das eine oder andere Spiel verloren, aber das heute war wahrscheinlich die bitterste Niederlage meiner Ära“, sinnierte der Isländer nach dem überraschenden 27:31 zum EM-Quali-Auftakt gegen Gruppen-Underdog Finnland.
„Das WM-Achtelfinale gegen Katar könnte vielleicht noch schlimmer gewesen sein“, versuchte der 44-Jährige in der hässlichsten aller Gedächtnis-Ecken zu stöbern.
Die Highlights der Partie Österreich gegen Finnland:
Da hat nichts gebrannt
Kurz nach dem Schlusspfiff regierte bei Trainer wie Spieler Frust. „31 Gegentore…eine Riesen-Enttäuschung“, raunzte Johannesson, der die Gründe im mentalen Bereich ansiedelte. Denn die ÖHB-Spieler wussten ganz genau, was da in der Arena Nova auf sie zukam. Schließlich hatte man sich mit den Skandinaviern bereits in den vergangenen beiden Qualifikationen die Bälle um die Ohren geballert. Allesamt mit siegreichem Ausgang für Österreich. Wenn auch mitunter knifflig.
„Vielleicht haben die Spieler nun geglaubt, dass das schon wieder irgendwie gehen wird“, vermisste Johannesson das „Feuer der letzten Jahre“.
Die Theorie vom mangelnden Biss passt gut in den Verlauf der Partie. Eine Partie, die Österreich aufgrund mangelnder Chancen-Auswertung zwar nicht dominierte, aber kontrollierte. Schon leicht eingelullt kam es, dass zehn Minuten vor dem Ende die Finnen mit 24:23 erstmals überhaupt in Führung gingen und diese binnen zwei Minuten auf 26:23 ausbauten. Österreich fand zwar in Folge offensiv wieder einigermaßen in die Spur, doch die Finnen trafen mit einem Mal aus allen Lagen.
Kein Einstand nach Maß
„Das darf uns nicht passieren“, schüttelte Max Hermann den Kopf. Für den 24-Jährigen war es sein erstes Match als ÖHB-Kapitän. Eines, das er am liebsten aber gleich wieder vergessen wollte.
„Wir hatten uns viel vorgenommen und wussten ganz genau, dass wir auf die Schlagwürfe aufpassen müssen.“ Verhindern konnten sie diese oftmals jedoch nicht. „Woran das lag, müssen wir analysieren“, schnaubte der sichtlich aufgewühlte neue Spielführer.
Eine Schrecksekunde gab es für den Deutschland-Legionär zu Beginn der zweiten Halbzeit, als er angeschlagen für längere Zeit raus musste. „Ein Gegenspieler hat mir in der Wurfbewegung in die Schulter gegriffen, was bei meiner Schulter nicht gut ist, weil die sehr instabil ist.“ Erst vorige Woche habe er sich das Gelenk ähnlich verletzt. Es sei zwar nichts Gröberes, „nur“ Schmerzen.
ÖHB-Teamchef wird nicht laut
Für Hermann und Co. gilt es nun, so rasch als möglich den Blick voraus auf Sonntag (20 Uhr) zu richten, wenn die ÖHB-Sieben im zweiten Gruppenspiel in Bosnien-Herzegowina (21:30 zum Auftakt in Spanien) bereits unter Zugzwang steht.
Fragt sich, wie der Teamchef das mögliche Kopf-Problem seiner Mannschaft in dieser kurzen Zeit beseitigen will? Möglicherweise mit lauten Worten? „Nein, das ist nicht mein Stil. Schreien bringt nichts“, winkte er ab. Wie nach jedem Match – egal ob Sieg oder Niederlage – wolle er die Leistung nüchtern analysieren.
Was dem ÖHB-Team gegen Bosnien helfen könnte, ist der Umstand, dass die Stimmung bei Matches in Sarajevo mitunter recht hitzig ist. Sprich: Spannung und Konzentration bei den Spielern sind für gewöhnlich nicht das Problem.
Aus Wiener Neustadt berichtet Reinhold Pühringer