Im Moment seines größten Triumphs hat Darts-Weltmeister Luke Humphries direkt an die Zukunft gedacht - und an Supertalent Luke Littler.
Nachdem er den Konfettiregen im Alexandra Palace von London ausgiebig genossen und die 25 kg schwere Sid Waddell Trophy schwungvoll hochgereckt hatte, schwärmte Humphries vor allen eigenen Glücksgefühlen zunächst von seinem jungen Widersacher und meinte: "Er wird Darts dominieren. Er ist ein unglaublicher Spieler, ein unglaubliches Talent."
Er habe heute gewinnen müssen, denn Luke werde in Zukunft viel gewinnen, da sei er sich sicher, meinte Humphries. Sein 7:4-Finalsieg nach zwischenzeitlichem Rückstand von 2:4 war Werbung für den Darts-Sport: hochklassig, kurzweilig und abwechslungsreich.
Die Zukunft mag Supertalent Littler gehören, doch der Mann der Stunde ist eindeutig "Cool Hand Luke", wie Humphries genannt wird: zum ersten Mal Weltmeister, ein satter Scheck in Höhe von 500.000 Pfund (rund 580.000 Euro) und nach einer Traumsaison mit riesigem Vorsprung als Nummer eins der Welt in das Jahr 2024.
"Gab Phase, da war ich sehr deprimiert"
Der 28-jährige Humphries hat perfekte Monate hinter sich - und das nach einem langen Weg, der ihn bis ganz nach oben führte.
"Ich bin Weltmeister, ich kann es kaum glauben. Es ist für mich nochmals unglaublicher, vor allem aus mentaler Sicht. Denn es gab eine Phase in meinem Leben, da war ich sehr deprimiert. Ich hatte einen Haufen Probleme", schilderte Humphries noch auf der größten Bühne der Welt. Er habe sich nicht vorstellen können, einmal so weit zu kommen.
Schon vor einigen Jahren hatte der Darts-Profi offen über das Thema mentale Gesundheit und seine Probleme damit gesprochen. "Ich denke, es ist wichtig, dass das Bewusstsein dafür gestärkt wird. Dass sich die Leute ein bisschen mehr zu Wort melden und keine Angst davor haben, das Thema psychische Gesundheit zur Sprache zu bringen. Das ist das Beste, was daraus entstehen kann."
Die richtige Ernährung macht's aus
Seither hat sich der Engländer nicht nur mental massiv stabilisiert, sondern auch optisch sehr verändert. Das vor dem WM-Endspiel kursierende Foto der Finalisten von vor vier Jahren zeigt Littler als schmales zwölfjähriges Kind und Humphries unsportlich aussehend mit Doppelkinn. Das Erscheinungsbild von Humphries hat sich radikal verändert.
"Ich werde nichts zu Schweres oder Ungesundes essen, weil ich mein Leben in den letzten Jahren darauf aufgebaut habe, dass ich mich gut fühle und die richtigen Dinge esse", sagte Humphries.
Rivale Littler beschrieb sein Essensritual bei der WM dagegen so: morgens ein Schinken-Käse-Omelett, dann eine Pizza und zur Belohnung nach Siegen gerne einen Döner, worauf er während des Turniers in London nach quasi jeder Begegnung angesprochen wurde.
Humphries dominierte 2023
Dass Humphries den Darts-Sport mal derart prägen wird wie lange Zeit Phil Taylor oder Michael van Gerwen, glaubt er selbst nicht. "Ich werde nie so dominieren können, die Sportwelt hat sich zu sehr geändert."
Damit mag er zwar recht haben, doch seine vergangenen drei Monate waren für die Konkurrenz durchaus beängstigend: Titel beim World Grand Prix, beim Grand Slam of Darts, bei den Players Championship Finals und nun bei der WM. Humphries hat 2023 mehr als dreimal so viel Preisgeld eingespielt wie jeder andere Profi.
"Er hat diesen Titel verdient", sagte der enttäuschte Littler, der vom neuen Weltmeister auf der Bühne lange umarmt wurde. Auch der britische Premierminister Rishi Sunak gratulierte.
"Was für ein unglaubliches Finish, um diese historische WM zu beenden. Ich weiß, dass @lukeh180 und @LukeTheNuke180 diesen Sport in den kommenden Jahren anführen werden", schrieb Sunak auf X (Twitter) in Vorfreude auf die Zukunft mit dem Finalisten-Duo aus England.