Eine knappe Woche ist die PDC World Darts Championship 2019 alt. Für Österreichs Darts-Fans geht es aber erst am Donnerstagabend (ab 20:00 Uhr, LIVE auf DAZN) so richtig los.
Nach Rowby-John Rodriguez, der erstmals in der zweiten Runde steht und es mit dem Spanier Cristo Reyes zu tun bekommt, wird Mensur Suljovic in das Turnier eingreifen.
Der rot-weiß-rote Star genoss als Nummer sieben der Welt ein Freilos und wird gegen den Engländer Ryan Searle die letzte Partie des Abends bestreiten.
Für den Wiener wird es der elfte Anlauf beim wichtigsten Darts-Turnier der Welt. Eines, mit dem er eigentlich noch eine Rechnung offen haben müsste.
Rampenlicht, Nein Danke
Denn bei den bisherigen zehn Starts schaffte es "The Gentle" nie über das Achtelfinale hinaus. Viermal war in der ersten, dreimal in der zweiten Runde Schluss. In die Nähe des wichtigsten Titels kam der nun 46-Jährige noch nie.
Aber Suljovics Beziehung mit der Weltmeisterschaft ist nicht nur aufgrund der durchwachsenen Ergebnisse eine ambivalente. Der WM-Titel als größtes Ziel in der Karriere jeden Spielers? Nicht im Fall von Mensur.
"Zu einhundert Prozent: Ich will gar nicht Weltmeister werden! Ehrlich! Vielleicht wegen des Geldes, wenn ich ehrlich bin – aber auf der anderen Seite hast du überhaupt keine Ruhe mehr", kann die heimische Pfeilwurf-Koryphäe dem Trubel nichts abgewinnen.
Suljovic schätzt die Bodenständigkeit, die seinem Leben trotz seiner Zugehörigkeit zur Weltspitze des Sports zugrunde liegt.
"Ich muss nicht der Beste sein. Ich habe Gary (Anderson, Anm.) oft gesehen: Er kann nicht normal auf der Straße gehen. Er muss durch Hinterausgänge verschwinden, das täte mir weh. Ich muss mich bewegen können und unter normalen Leuten sein. In Wien ist da alles im grünen Bereich. Wenn ich also wirklich Weltmeister werde, muss ich mir wohl eine Perücke zulegen oder mich anders verschönern…"
Weder Hofmann noch Hirscher
Eine ungewöhnliche Haltung für einen Spitzensportler, zumal "The Gentle" im Vorfeld nichts unversucht ließ und seine selbst benannte Schwachstelle auf der mentalen Seite mit einem neuen Trainer in Angriff nahm.
Erfolge bei der Weltmeisterschaft – die auch aufgrund ihres Termins erhöhte Aufmerksamkeit mit sich bringt – wären außerdem wichtig, um dem Standing des Sports weiter auf die Sprünge zu helfen. Weiterhin ein Anliegen Suljovics, auch wenn die wildesten Diskussionen mittlerweile abgeebbt sind.
"Ich mache immer noch schlechte Erfahrungen. Die Menschen wissen nicht, wie viele Stunden wir trainieren müssen und was alles dahinter steckt. Wir müssen viel opfern, aber die Wertschätzung kommt nicht", beklagt der Wiener.
"Es ist ein Arbeitstag – aber ein richtig schwerer. Ich würde manchmal lieber auf der Baustelle arbeiten, als sechs oder sieben Stunden zu trainieren. Und die Leute erzählen, sie würden auch gern Darts spielen und dabei ein paar Bier trinken. Das ist, als ob ich in den Park kicken gehe und behaupten würde, ich wäre Steffen Hofmann", vergleicht der erklärte Rapid-Fan.
"Und viele wollen Darts nur schlecht machen. Das interessiert mich nicht. Wir können auch nicht alle Fußballer oder Basketballer werden, nicht jeder kann ein Marcel Hirscher sein. Das schafft einer von Tausend. Warum sollten wir die anderen Sportarten nicht betreiben?"
Schlagzeilen, die schaden
Positive (sportliche) Schlagzeilen würden dem Standing von Darts helfen, zuletzt schlug mit dem "Furz-Skandal" eine eher kuriose Geschichte höhere Wellen.
"Ich dachte mir gleich: Das ist schlecht für unseren Sport! Über so etwas wird berichtet, aber über mein Finale beim World Matchplay gegen Gary Anderson haben nicht viele geschrieben. Wie in anderen Sportarten: Es warten alle nur auf einen Skandal", beklagt Suljovic gegenüber LAOLA1.
Zumal "Übeltäter" Anderson unschuldig war, wie "The Gentle" nach einem persönlichen Gespräch mit dem Schotten über das Thema bekräftigt.
Top-32 als Knackpunkt, mit dem alles fällt
Mangelnde Anerkennung, harte Entbehrungen und ein steiniger Weg an die Spitze: Wie lange Suljovic noch weitermacht, wird in erster Linie davon abhängen, wie lange er sich unter den besten Spielern der Welt halten kann.
"Solange ich unter den Top-32 bin, mache ich auf jeden Fall weiter. Aber ich habe keine Lust, wieder Qualifikationsturniere spielen zu müssen und dafür zwei Tage früher anzureisen. Das lässt die Familie nicht zu."
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Und von hinten drückt die Jugend, die laut Suljovic eine ganz andere Haltung zum Sport mitbringt und Druck auf die "alten Hasen" macht.
Viertelfinale ist das Ziel
"Sie haben alle noch mehr Kraft, Lust und Power, sie wollen was erreichen. Dimitri van den Bergh (Nummer 35 der Order of Merit, Anm.) hat mir erzählt, er würde am liebsten den ganzen Tag trainieren. Essen, Fitnessstudio, dann Darts, Darts, Darts. Bis 23:00 Uhr. Diese Zeit habe ich nicht", beklagt "The Gentle".
So drücken auch in Österreich die Rodriguez-Brüder langsam nach. Rowby-John habe die nötige Disziplin in letzter Zeit gefunden, der Zweitrunden-Einzug beweist die Fortschritte des 24-Jährigen.
Für Suljovic gelten noch wesentlich höhere Ansprüche. Er will zwar nicht Weltmeister werden, aber sein Ranking als Nummer sieben bestätigen, also seinen erstmaligen Viertelfinal-Einzug.
Entscheidend ist vorerst nur ein guter Start gegen Searle. Denn: "Die erste Partie ist die wichtigste. Wenn es da läuft, sind keine Ausreden mehr da."
Nicht einmal, dass er ja gar nicht Weltmeister werden will.