Anfang Dezember: Die einen freuen sich auf Weihnachten, die anderen darauf, ein womöglich schwieriges Jahr bald hinter sich gebracht zu haben. Darts-Fans freuen sich jedenfalls auf das Highlight der Saison: Die alljährliche Weltmeisterschaft im "Ally Pally" von London, beginnend am 13. Dezember.
Nur für einen will das bedingt gelten, der in Österreich den größten Grund für diese Vorfreude darstellt: Mensur Suljovic.
"The Gentle" hat heimischen Anhängern des Pfeilwurfs viele Erfolge und Gründe zur Freude geschenkt. Ein außergewöhnlich gutes Abschneiden bei der WM war bislang noch nicht dabei.
WM? "Immer mein schlechtestes Turnier!"
Drei Achtelfinal-Einzüge bei zehn Starts, drei Outs in der zweiten, derer vier gleich in der ersten Runde stehen in der bisherigen Statistik.
Dementsprechend: Noch kein Top-Ten-Platz. Bei der diesjährigen Auflage wäre ein solcher durch seine Setzung als Nummer sieben der Welt fast die Vorgabe.
Ein Umstand, der die Beziehung von Suljovic mit der WM nicht unbedingt befeuert.
"Die WM ist immer mein schlechtestes Turnier. Es ist eine komplett andere Welt für mich, weil ich so unter Druck stehe", weiß der 46-Jährige selbst. "Ich feiere das ganze Jahr Erfolge, aber mir gelingt es nicht, die Top-Form bei der WM zu finden. Der Druck ist riesengroß."
Freunde und Nachbarn bringen auch Druck
Das Problem ist nicht das Selbstvertrauen. Erfolge gegen die Besten der Welt, zu denen er ja selbst zählt, vor tausenden Menschen kennt "The Gentle". Es ist nicht die Masse der Zuschauer.
"Es ist einmalig, man kann sich präsentieren – die ganze Welt schaut zu. Und zu Weihnachten hat auch daheim jeder die Zeit, sich Darts anzuschauen. Meine Freunde und Nachbarn fragen ständig, wann ich spiele – und dann zu verlieren, tut einfach weh."
Auch der Druck der höheren medialen Aufmerksamkeit komme hinzu. "Da muss man eben zeigen, woran man das ganze Jahr gearbeitet hat. Das Rundherum im Ally Pally kann man ausschalten. Und dass ich sie alle schlagen kann, habe ich immer im Kopf. Nur Familie und Medien – die wollen etwas Großes sehen."
Ein neuer Ansatz kurz vor der WM
Die Lösung für das Problem? Die Arbeit mit einem Mentaltrainer. Mittlerweile ein neuer Coach, mit dem er die Zusammenarbeit erst vor wenigen Wochen startete.
"Ich habe noch nie so viel trainiert wie jetzt und war dabei nie so konstant, also daran liegt es nicht. Aber mental existiert eine Blockade. Die Top 10 der Welt müssen Leistung bringen, denn jeder erwartet das", ist sich Österreichs Darts-Aushängeschild sicher.
"Der Mentaltrainer muss die Kleinigkeiten finden, daher braucht er alle Details meines Tages von früh bis spät. Vielleicht esse ich den ganzen Tag nur Kleinigkeiten und dann fehlt die Kraft? Irgendwas muss es sein. Es passt nicht zu mir, nicht zur Nummer sieben, dass ich das ganze Jahr so gut spiele und dann bei der WM mit solchen Leistungen verliere", erklärt Suljovic die Arbeit gegenüber LAOLA1.
Schwechat? Wenn es nicht läuft…
Den Druck der Erwartungshaltung konnte der Wiener zuletzt aus einer neuen Perspektive erfahren: Mit einer ganzen Halle auf seiner Seite.
In Graz riss nach anständigen Leistungen im Halbfinale der Faden, beim World-Series-Finale in Schwechat – dem bislang größten Turnier in Österreich – war gleich gegen James Wade Schluss.
"Die Leute kommen wegen mir und wollen mich unterstützen. Es war richtig geil, wie im Ally Pally, nur dort singen sie meinen Namen nicht. Ich wollte die Leute nicht enttäuschen, aber wenn es nicht läuft, läuft es nicht", entschuldigt sich Suljovic fast.
"Aber wenn ich mein Bestes gebe, denke ich darüber nicht lange nach. Und ich war wirklich gut drauf. In Schwechat hat mich auch die Klimaanlage gestört, das war überhaupt nicht mein Spiel. Darüber haben sich auch andere Spieler beschwert."
Die schwierige Suche nach der Lösung
Schwierige Umstände, Mätzchen des Gegners oder hoher Druck von außen – alles Dinge, mit denen man im Dartssport umgehen lernen muss. Und bei denen man auch als gestandener Top-10-Spieler noch viel lernen kann.
Die Zeit für die diesjährige WM wird knapp, aber immerhin hat Suljovic durch seine gute Setzung noch bis 22. Dezember Zeit, ehe er seinen Auftakt nach einem Freilos in der ersten Runde bestreiten muss.
"Früher bin ich zeitig gekommen, aber das hat mir nicht geholfen. Und je weniger man die WM im Kopf hat, umso besser. Ich will die letzten Tage bei meiner Familie genießen, denn vor Ort kann man sowieso nicht in Ruhe trainieren."
Zeit, die er nicht nur vor der Scheibe, sondern auch mit dem neuen Mentaltrainer verbringen wird.
"Er hat kleine Tricks, man muss nur daran glauben. Ich hoffe, er hat eine Lösung für meine Probleme – denn ich habe keine."