Auf die Bremse steigt Ivona Dadic nach ihrem starken Auftritt bei der Leichtathletik-WM in London, wo die 23-Jährige den hervorragenden sechsten Platz belegte und einen neuen österreichischen Rekord aufstellte.
Die Siebenkämpferin verzichtet auf Startgelder bei den kommenden Meetings und legt lieber eine sechswöchige Wettkampfpause ein.
"Man muss einmal aufhören können und sagen, jetzt reicht es. Ich verzichte auf das ganze Geld, ich fahre auf Urlaub. Die Saison war lange, ich bin verletzungsfrei geblieben, ich kann aufhören", so Dadic.
Dadic richtet Blick auf 2018
Nach der Pause will sie neu für 2018 durchstarten, wo Anfang März die Hallen-WM in Birmingham und Anfang August die Freiluft-EM in Berlin warten.
Für Dadic war London auch die Rückkehr in jenes Stadion, wo vor fünf Jahren ihre Karriere in der allgemeinen Klasse bei Großereignissen begann, die 18-Jährige wurde bei den Olympischen Spielen 24. Danach ging sie nach Sheffield, um sich der Gruppe von Olympiasiegerin Jessica Ennis-Hill anzuschließen, im Herbst 2014 kehrte sie nach Österreich zurück.
Babybauch-Umarmung brachte Glück
Vor dem Aufwärmen für den Kugelbewerb gab es in London nun auch ein Wiedersehen mit Ennis-Hill, die mit ihrem zweiten Kind schwanger ist. "Sie hat mich mit ihrem Babybauch umarmt und mir alles Gute gewünscht. Das hat mich motiviert, weil sie für mich so eine Vorbildathletin ist."
Die wichtigste Erkenntnis für Dadic in London war, dass sich auch mit einem nicht optimalen Mehrkampf ein neuer Rekord fixieren lässt. "Die Punkte überraschen mich mehr als die Platzierung, ich habe ja nur eine persönliche Bestleistung gemacht, und das war auch nur eine Verbesserung um 2/100 über die Hürden. Es zeigt, dass man nicht sieben Bestleistungen braucht für einen guten Mehrkampf. Aber wenn mir vielleicht einmal vier gelingen ...", spürt Dadic, dass bei ihr noch viel möglich ist.
Coach Unfried traut Dadic noch viel zu
Das sieht auch Trainer Philipp Unfried so, der seinen Schützling beim nicht so gut verlaufenden Götzis-Meeting im Mai noch beruhigen und um Vertrauen bitten musste, dass der Aufbau für London stimme.
"Es ist noch viel Potenzial nach oben da, aber man kann auf dem Niveau nicht mehr davon ausgehen, dass man sich hinstellt und einfach fünf Bestleistungen macht." Er sehe aber eine schöne Perspektive für die Zukunft. "Ich gehe davon aus, dass Ivi noch wesentlich mehr Punkte machen wird", sagte Unfried.
Probleme in der Paradedisziplin
Zwei Disziplinen waren Knackpunkte im Dadic-Mehrkampf, zum einen die schwache Leistung in ihrer Paradedisziplin Weitsprung, wo der Anlauf nicht passte, zum anderen der überragende Speerwurf.
"Der Weitsprung ist meine stärkste Disziplin, mit dem mache ich immer Punkte gut. Und wenn man damit Punkte verliert, ist das ärgerlich. Aber Wolfi hat gesagt, dass es einen guten Mehrkämpfer ausmacht, wenn er, nachdem seine gute Disziplin in die Hose gegangen ist, eine Bestleistung macht. Das habe ich heute", erzählte sie vom Gespräch mit Weitsprung-Coach Wolfgang Adler.
Im Speerwurf riss die "grantige" Dadic das Ruder wieder herum und trauerte der Weitsprungleistung umso mehr nach. "Aber Philipp hat gesagt, irgendwann, man muss nur geduldig sein, geht ein Mehrkampf auf. Und dann kann ich eine Medaille machen." Mit Philipp habe sie einen Trainer gefunden, der auf sie eingehe und irgendwas herausgefunden habe, das bei ihr funktioniere, damit sie beim Großereignis immer ihre Leistungen abrufen könne.
Zielsetzung übererfüllt
"Mir hat getaugt, dass sie sich nach dem schwierigen Weitsprung über den Speer wieder rausgezogen hat. Der Speerwurf war über einen langen Zeitraum ein bisschen wackelig, er war keine Bank. Du hast Disziplinen, wo du sagen kannst, auf die kannst du setzen, weil sie stabil gut sind. Und dann sind welche, wo es einmal gut und einmal schlecht geht", erklärte Unfried.
Trainerin Elisabeth Eberl hat knapp zwei Wochen vor der WM noch einen Testwettkampf in St. Pölten organisiert, mit 49 Metern hat sich Dadic dort Selbstvertrauen geholt. 52,29 waren es bei der WM, nur 19 Zentimeter unter ihrer Bestmarke.
Das angepeilte Ziel für die WM war ein Platz unter den ersten zehn, vielleicht acht gewesen. "Ich dachte mir schon, wenn sie einen guten Mehrkampf macht, dass sie in die sechs reinkommen kann. Dass es dann wirklich funktioniert, ist natürlich super", sagte Unfried nach dem von der Belgierin Nafissatou Thiam mit 6.784 gewonnenen WM-Bewerb.
"Man muss jetzt einfach auf dem Boden bleiben, man darf nicht zu gierig werden. Es ist wichtig, normal weiterzuarbeiten und verletzungsfrei zu bleiben. Es wird wieder ein Wettkampf kommen, wo ich vielleicht nur 6.200 oder 6.300 mache. Ich darf jetzt nicht davon ausgehen und sagen, ich will morgen 6.600 machen. Step by Step", nimmt sich die für Union St. Pölten startende Oberösterreicherin vor. "Wenn ich meine ganzen Leistungen ein bisserl stabiler bekomme, wenn die sicher funktionieren, wer weiß, was da passieren kann."