Er hat es geschafft! Eliud Kipchoge bricht in Wien die "magische Marathon-Schallmauer" von zwei Stunden und schafft die "INEOS 1:59 Challenge"!
Der 34-jährige Kenianer absolviert die viereinhalb Schleifen in der Wiener Praterallee vom Praterstern zum Lusthaus und wieder zurück in einer Zeit von 1:59:40 Stunden und bleibt damit 20 Sekunden unter der gesetzten Marke.
Damit läuft er um 1:59 Minuten schneller als bei seinem eigenen Weltrekord von 2:01:39 Stunden, den er 2018 beim Berlin-Marathon aufstellte. Diese Marke bleibt auch bestehen, weil Kipchoges Fabel-Versuch in Wien durch diverse Optimierungsmaßnahmen wie ständig wechselnde Tempomacher nicht als offizieller Weltrekord gilt.
Nach dem gescheiterten Versuch 2017 im italienischen Monza, als der Kenianer die Zwei-Stunden-Marke um 25 Sekunden verpasste, gelingt der Rekordversuch also im zweiten und letzten Anlauf mit Kipchoge. Im Falle eines Scheiterns hatte er angekündigt, keinen neuen Versuch unternehmen zu wollen.
"Ich fühle mich sehr gut", sagt der Olympiasieger von Rio 2016, nachdem er die Strecke mit einem Schnitt von 2:50 Minuten abgespulte und der "INEOS 1:59 Challenge" nach akribischer Vorbereitung und dank der Hilfe eines großen Teams zum Erfolg verhalf.
"Ich will die Menschen inspirieren und ihnen zeigen, dass sie kein Limit haben" erklärt Kipchoge, dem die Strapazen nicht anzumerken sind.
Erfahrung des Scheiterns war wichtig
"Das Finish war der beste Moment meines Lebens", jubelt Kipchoge. Die Anspannung sei in den Tagen vor dem Bewerb größer geworden. "Als mich der Präsident Kenias und andere wichtige Personen angerufen haben, stieg der Druck", gibt der Lauf-Star aus dem Hochland Kenias zu.
Doch im Rennen ist der Olympiasieger von Rio 2016 ruhig wie immer. "Ich habe versucht, genau nach Plan zu laufen, ich war mir zu 90 Prozent sicher, dass es klappt", betont Kipchoge.
In der eigens für ihn organisierten Konkurrenz auf der Prater-Hauptallee setzt Kipchoge dank akribischer Vorbereitung den ersten Schritt in eine neue Dimension des Marathon-Laufs.
Beim ersten Versuch vor zwei Jahren in Monza um 26 Sekunden gescheitert (2:00:25), klappt im herbstlichen Wien alles perfekt. "Die Erfahrung war wichtig. Ich habe meinen Traum realisiert", freut sich der dreifache Familienvater, der mit kenianischer Fahne eine Ehrenrunde dreht und mit den zahlreichen Zuschauern abklatscht.
(Fast) Schlaflos in Wien
Er wolle Geschichte schreiben und zeigen, dass es für keinen Menschen Leistungsgrenzen gebe, hatte Kipchoge im Vorfeld erklärt. Am Samstag trat er den Beweis an und spulte die 42,195-km-Distanz wie ein Uhrwerk ab. 2:50 Minuten pro Kilometer war die Zielzeit, die der dreifache Familienvater hinter den in V-Form laufenden Schrittmachern mit wenigen Sekunden Plus oder Minus exakt einhielt.
"Ich habe mich ab dem ersten Kilometer wirklich komfortabel gefühlt. Dafür habe ich die letzten viereinhalb Monate trainiert", sagt Kipchoge. "Es war in meinem Herzen und in meinem Geist, dass ich einen Marathon unter zwei Stunden laufen kann und zu zeigen, dass kein Mensch limitiert ist."
In der Nacht war er nach sechs Stunden Schlaf schon um drei Uhr aufgewacht und um fünf Uhr aufgestanden. "Die Zeit zwischen 5 und 8:15 Uhr (der Startzeit, Anm.) war die härteste meines Lebens", meint der erfolgreichste Marathon-Läufer der Welt.
Nicht als Weltrekord anerkannt
Hinter einem Auto, das exakt die angepeilte Marke von 1:59:50 Stunden vorgab und eine Laser-Linie auf den frisch verlegten Asphalt projizierte, und von fünf wechselnden Pacemakern (aus einer Gruppe von insgesamt 36 Top-Athleten) auf der orange markierten Ideallinie geführt sowie von einem Fahrrad von seinem Manager Valentijn Trouw mit Getränken versorgt, lief der 52 kg leichte Olympiasieger von Rio 2016 scheinbar mühelos die bisher schnellste Zeit.
Diese wird aber trotz der bei ihm und den Schrittmachern im Vorfeld und nach dem Bewerb durchgeführten Doping-Kontrollen vom Weltverband nicht als Weltrekord anerkannt. Diverse Faktoren (kein offizielles Rennen, wechselnde Schrittmacher, fliegende Versorgung unterwegs) entsprechen nicht dem Reglement.
Die offizielle Bestmarke hat Kipchoge jedoch seit dem Berlin-Marathon 2018 mit 2:01:39 Stunden auch in seinem Besitz.
Im Marathon fast unbesiegt
Das Vorhaben in Wien war nicht unumstritten, der Ablauf mit zahlreichen wechselnden Pacemakern rief auch Kritiker auf den Plan. Doch Kipchoge rückte sein großes Ziel in den Vordergrund. #nohumanislimited (kein Mensch hat Grenzen) lautete sein Motto. Mit dem Erfolg wolle er vielen Menschen ein Vorbild sein, betonte er stets.
Die Klasse Kipchoges, der in Tokio 2020 erneut Olympia-Gold nachjagen wird, ist ohnehin unbestritten. 2003 hatte er mit 18 Jahren vor den Favoriten Hicham El Guerrouj (MAR) und Kenenisa Bekele (ETH) WM-Gold über 5.000 m geholt.
Nach dem Wechsel auf die Marathon-Distanz 2013 gewann er zehn von bisher elf bestrittenen Stadt-Marathons und eroberte zudem Olympia-Gold.