Österreichs Schwimm-Team ist Montagfrüh aus Kasan erstmals seit 2010 mit zwei Medaillen von Kurzbahn-Europameisterschaften heimgekommen. Zehn Jahre lang bzw. nach der Generation von Markus Rogan und Co. hatte es bei diesen Events zu gar keinem OSV-Podestplatz gereicht.
Der Angriff im Dutzend auf Finali und Siegerehrungen endete in Russland auch ob einer besonderen Gruppendynamik erfolgreich, aus den erbrachten Leistungen will man bei Österreichs Verband (OSV) Schlüsse ziehen.
Denn Erfolge trotz hoher Wettkampfbelastung innerhalb eines Großereignisses sind in Rot-Weiß-Rot bisher selten passiert. Allen voran Bernhard Reitshammer hat nun gezeigt, dass es auch anders geht. Auf seinen vier Einzelstrecken und in zwei Staffeln schwamm er insgesamt 14-mal stets am Anschlag, und ausgerechnet im letzten dieser Einsätze klappte es für den Tiroler über 100 m Lagen mit seiner ersten EM-Medaille. Seine Bilanz weist neben Bronze die Plätze 5, 5, 7, 7 und 12 aus.
"Hoffnung ist da, dass es funktioniert"
Lena Kreundl hatte gar sechs Einzel- und zwei Staffel-Bewerbe in ihrem Programm. Die Oberösterreicherin schüttelte die seit Monaten sie belastenden Folgen einer Corona-Infektion im Wettkampfrausch einfach ab und klassierte sich nie schlechter als 14. Ihre Höhepunkte waren Finalplatz acht über 100 m Lagen sowie die Ränge sechs und sieben mit der Kraul- bzw. Lagenstaffel. OSV-Sportdirektor Walter Bär sah das alles interessiert: "Wir nehmen daraus Erkenntnisse für die Zukunft mit."
Denn auch für ihn wird sich weisen, ob so eine Dauerbelastung auch langfristig fruchtet. "Die Hoffnung ist da, dass es funktioniert", sagte Bär der APA - Austria Presse Agentur. "Aber aktuell weiß ich nicht, ob und wie sie die Form bis zur WM halten können." Wiederum Reitshammer wird da die besten Aufschlüsse geben. Denn der mit 27 Jahren absolute Team-Senior flog am Montag direkt nach Eindhoven, wo es für ihn am Donnerstag in der International Swimming League (ISL) weitergeht.
In dieser und den nächsten beiden Wochen hat er in dieser Semifinalserie für das Team Iron ebenso wie Christopher Rothbauer - EM-Achter über 200 m Brust - für La Current jeweils zwei Wettkampftage, nachdem im September in der fünfwöchigen Vorrunde der Aufstieg geschafft worden war. "Danach geht es gleich in die Staatsmeisterschaften und dann weiter zur WM nach Abu Dhabi", gab Reitshammer sein Mammut-Programm preis. "Weihnachten, Silvester brauche ich dann aber Ruhe."
ISL als Konstante
Der in Linz trainierende Aktive ist zuversichtlich, sein Niveau zu halten. "Was mir in der ISL am meisten gebracht hat, ist die Routine, immer auf einem hohen Niveau zu schwimmen. Sicher war ich angespannt, aber doch relativ entspannt." Mit dieser Einstellung rollte er über 100 m Lagen ab Halbzeit von Rang sieben aus das Feld mit der schnellsten zweiten Hälfte aller Rivalen auf. "Ich habe nicht wirklich an eine Medaille gedacht. Aber jetzt möchte ich noch näher zur Europa- und Weltspitze kommen."
Der Fokus bleibt nicht nur bei ihm natürlich auf der Langbahn, auf der 2022 nach den corona-bedingten Verschiebungen sowohl WM als auch EM auf dem Programm stehen. Der erste Tiroler Medaillengewinner auf EM- und WM-Ebene geht diesen Weg in Richtung Olympia 2024 seit diesem Herbst mit Florian Zimmermann als neuem oberösterreichischen Landestrainer. Die beiden sind früher gemeinsam beim Tiroler Wassersportverein in Staffeln geschwommen. Zimmermann ist erst 28 Jahre alt.
Damit hat in Linz wieder ein junger Coach das Vertrauen erhalten, so wie Vorgänger Marco Wolf 2010. Der ist heuer an die Bundessportakademie Linz gewechselt, hat bei Reitshammers EM-Erfolgen aber im Hintergrund die Fäden gezogen. Reitshammer: "Marco ist eine Art Supervisor. Er bringt sich ein, bespricht den Ablauf der Trainings. Während der ISL-Vorrunde hat mir Marco Programme geschrieben. Er kennt mich nach den vielen gemeinsamen Jahren doch noch besser."
Grabowski: Finale bei WM möglich
Für die Leistungen von Lena Grabowski ist Südstadt-Coach Balasz Fehervari mitverantwortlich, EM-Bronze über 200 m Rücken ist der bisherige Höhepunkt der Kooperation. "In Budapest hat es noch nicht funktioniert, dafür jetzt. Das ist motivierend", sagte die Burgenländerin bezogen auf Rang vier im Mai bei den Langbahn-Europameisterschaften. Für die Kurzbahn-WM ab 16. Dezember in Abu Dhabi macht sich Grabowski keine Illusionen: "Das Finale ist möglich, eine Medaille aber weniger realistisch."
Bär ist nach 14 österreichischen Rekorden in der EM-Woche für ein erneut gutes Abschneiden freilich zuversichtlich, der Zusammenhalt der Truppe spricht dafür. "Die Stimmung bei der EM war einfach super, das wiegelt sich auf. Heiko (Gigler, Anm.) hat sich nach seinem fünften Platz über 100 m Lagen für Bernie (Reitshammer) gefreut und gemeint 'einer von uns auf dem Podest ist am wichtigsten'. Er hat gestrahlt, auch wenn er innerlich sicher traurig war."
Das OSV-Team wird in den Vereinigten Arabischen Emiraten hochkarätige Verstärkung durch Felix Auböck erhalten. Der Vize-Europameister auf der Langbahn über 400 m Kraul war zur EM-Zeit in seiner WM-Vorbereitung in einem dreiwöchigen Trainingslager in der Sierra Nevada. Wie nach Kasan auch nicht nach Abu Dhabi reisen wird hingegen Marlene Kahler. Eine Testwoche an der University of Southern California macht die Teilnahme für die Niederösterreicherin unmöglich.