Es ist stets die gleiche Diskussion, bei der es sich nie so wirklich anfühlt, als würde für die Frauen der Schritt in die Professionalisierung – nach Vorbild der Männer – signifikant und mit Geschwindigkeit getätigt werden.
Vielmehr überragt eine Talkshow, ein Podcast, eine Podiumsdiskussion den Vorgänger. So auch bei der diesjährigen FE&MALE Sports Conference "Advantage Ladies" in Linz, bei der LAOLA1 vor Ort war und die Eindrücke eingefangen hat.
In der Quintessenz geht es immer um das gleiche Thema, nämlich die Professionalisierung des Frauensports, gleiche Gehälter (Stichwort "equal pay" wie etwa im US-Fußball-Nationalteam) und die Möglichkeit, das Leben zur Gänze dem Sport widmen zu können.
Zugegeben, es ist ein sehr komplexes Thema, eines, das dem "von heute auf morgen"-Prinzip weder folgen wird noch kann und sicherlich nicht mit diesem Kommentar geklärt sein wird. Zu groß sind aktuell die Hürden, die genommen werden müssen, und die Faktoren, die darin mitwirken.
(Kommentar wird unterhalb fortgesetzt)
Der Fußball: Ein abschreckendes Beispiel
Das wohl einfachste Beispiel, um die Kluft zwischen Mann und Frau zu verdeutlichen: der Fußball. Mit dem Begriff "Fußball" wird stets der Männersport verstanden, wenn die Frauen gemeint sind, muss fast schon fanatisch auf "Frauenfußball" konkretisiert werden – so zumindest der Usus der Medien- und TV-Anstalten. Aber die "Wortfloskel" ist nicht das einzige Problem, bei der Fragen über die gleiche Wertschätzung aufkommen.
Es geht auch um das Monetäre, das Geld, den Euro. Sowohl der "Kontrast" als auch die "Neue Zeit" brachten 2022 interessante Berichte hervor, die den "Gender Pay Gap" verdeutlichten – zumindest, was die Gehälter in der Bundesliga der Männer und Frauen anbelangt.
Während das durchschnittliche Monatsgehalt bei den Männern demnach bei über 8.000 Euro brutto (exklusive Boni) liegen soll, befinde sich der Durchschnittsverdienst bei den Frauen bei knappen 600 Euro. Nicht 6.000, sondern 600.
Heißt: Frauen müssen einem Hauptjob nachgehen, um alltägliche Dinge wie Miete, Strom oder Lebensmittel bezahlen zu können. Das Leben kann nicht - nach dem Vorbild der Männer - dem Sport gewidmet werden. Und das wirkt sich im Umkehrschluss auch auf die Leistungen und die spielerischen Qualitäten auf dem Platz aus, ohne es despektierlich zu meinen.
Bettina Baer: Frauensport ist auf dem Vormarsch, aber…
Interessant bei der Tagung war, was die ehemalige U-Nationalspielerin der Schweiz, Bettina Baer, zu berichten hatte. Frauensport sei laut der 34-Jährigen auf dem Vormarsch, vermerkte aber, dass die Sichtbarkeit entscheidend sei, um einen nachhaltigen Aufschwung zu generieren.
Entscheidend dabei: Der "Cycle of Growth", bestehend aus der Liga/dem Klub, den Fans, den Medien und den Sponsoren. Wächst das eine, wächst das andere unmittelbar mit. Das soll ein wirksames und vor allem nachhaltiges Wachstum schaffen, das in der Summe positiv auf den Frauensport zurückfällt.
Bemerkenswert war folgende Erhebung: In den vergangenen drei Jahren seien 53 Prozent der neuen Fans im allgemeinen Sport Frauen gewesen. Das mag zwar positiv klingen, David Pfarrhofer vom Institutsvorstand "MARKET" konstatierte aber, dass Frauen weiterhin eher Männer- als Frauensport verfolgen. Eine Ernüchterung, die aber nicht verwundert.
So attraktiv der Sport – wir blicken zurück nach Österreich – auch sein mag, so sehr die Fußball-Nationalmannschaft der Frauen Erfolge erzielt, im alltäglichen Leben besteht kaum Interesse daran.
Fragen Sie selbst mal in Ihrer Familie nach, welches Fußballspiel im österreichischen TV wohl eher geschaut werden würde: ein Spiel der Rapid-Männer in der UEFA Conference League oder eine Partie in der UEFA Champions League der Frauen zwischen SKN St. Pölten und dem FC Barcelona?
Die sportliche Wahl ist insofern interessant, als laut Baer Marken und potenzielle Sponsoren sehr wohl auf den Frauensport achten. Gemäß den präsentierten Daten können sich 80 Prozent der befragten Marken zumindest vorstellen, in den nächsten zwei Jahren in einen Klub zu investieren. Und 85 Prozent der aktuellen Sponsoren sehen eine Nachhaltigkeit im Frauensport und wollen in diesem verwickelt bleiben.
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U20-Frauen-WM: Das ist der historische ÖFB-Kader
Wie sieht die Social-Media-Präsenz aus?
Eben erläutert: Der Frauenfußball ist in Österreich weder vergleichbar mit den Männern im TV vertreten, noch ringen sich Sportfans um Tickets für die Spiele im Stadion. Aber wie sieht die Realität abseits der fast leeren Stadien in der Welt des Social Media aus, dort wo der moderne Sportfan abgeholt wird?
Blickt man nur auf Instagram, hat der meistgefolgte männliche Sportler, Cristiano Ronaldo, 648 Millionen Follower. Bei den Frauen hat die ehemalige WWE-Wrestlerin Ronda Rousey mit 17,2 Millionen die Oberhand. Der Faktor ist im Weltsport knapp geringer als 38.
In Österreich sieht es bei den Fußball-Nationalteams wie folgt aus: Bei den Männern ist der Spitzenreiter Real-Madrid-Star David Alaba mit 15,5 Millionen Followern, bei den Frauen ist es Bayern-Spielerin Sarah Zadrazil mit 132.000. Der Faktor hier: knapp 117 und damit viel größer als im Weltsport.
Andere Sportarten zum Vergleich? Gerne. Im Motorsport ist Formel-1-Pilot Lewis Hamilton mit 39 Millionen Followern Spitzenreiter. Bei den Frauen ist es Ex-IndyCar-Fahrerin Danica Patrick, die bei 963.000 hält. Der Faktor hier: ca. 40.
Im Basketball? Da führt bei den Männern Los-Angeles-Lakers-Superstar LeBron James mit 159 Millionen Followern, bei den Frauen ist es Ex-WNBA-Superstar Candace Parker mit 1,1 Millionen. Der Faktor: ca. 145.
Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele, auch wenn die Kluft nicht so groß ist. Im Skisport führen die Frauen bei den Followern, die US-Legende Lindsey Vonn hält bei 2,4 Millionen. Österreichs erfolgreichster Ski-Rennfahrer aller Zeiten, Marcel Hirscher, kommt auf 756.000. Der Faktor hier: ca. 3.
Das Konzept des EV Zug
Ein beeindruckendes Beispiel ist der Schweizer Eishockey-Verein EV Zug, der mit purer Absicht und mit Erfolg einen gemeinsamen Instagram-Account für die weiblichen und die männlichen Cracks des Klubs führt.
Das Konzept ist interessant und nachhaltig zugleich. Statt zwei getrennten Accounts und so Gefahr zu laufen, Follower zu verpassen, kombiniert man das Wichtigste aus dem Frauen- und Männerteam und bespielt erfolgreich die knapp 37.000 Follower täglich mit den wichtigen Updates. Ein Konzept, von dem ich überzeugt bin, dass es auch im Fußball nachhaltig implementiert werden könnte.
Zumal auch die Sponsoren davon profitieren, wenn auf einem "großen" statt zwei "kleinen" Accounts Werbung gemacht wird.
Die Verantwortung liegt (teilweise) bei den Medien
Doch wer ist jetzt an der Problematik zu beschuldigen und an wem klebt die Verantwortung, es in Zukunft besser zu machen? Nicht nur wir, aber auch wir, die Medien - zumindest im deutschsprachigen Raum.
Warum? Weil wir Sportjournalisten – zumindest in der Theorie - die Pflicht der Informationsweitergabe/-übertragung haben. Und dem leisten wir zwar Folge, aber: Auch wir Redakteure müssen wirtschaftlich denken, vor dem Schreiben des Artikels/Berichts die Frage stellen: "Bringt es genug Klickzahlen, um die Arbeit zu rechtfertigen? Und inwieweit hilft es dem Unternehmen weiter?"
Der Frauensport bringt (abgesehen von Ski) nicht oft die ganz großen Klicks, das ÖFB-Nationalteam kann da noch einigermaßen Schritt halten. Doch auch wenn die ÖFB-Frauen einen Erfolg erzielen, liegen die Klickzahlen meist weit hinter jenen des Männerfußballs.
Und genau das ist das Problem, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Klicken Frauen (abgesehen von Ski) trotz großer Erfolge nicht in einem rentablen Ausmaß, was rechtfertigt es wirtschaftlich gesehen, einen Artikel darüber zu schreiben?
Damit sind wir wieder beim – ich nenne es einfach mal so – beim "Kreis der Sichtbarkeit" angelangt. Jürgen Irsigler (Geschäftsführer Admiral Sportwetten) traf es in Linz auf den Punkt: "Der Frauensport wird diskriminiert, es gibt die mangelnde Sichtbarkeit."
Also, was tun? Offen gestanden, keine Ahnung. Dafür habe ich nicht die Kompetenz, um die Problematik zu lösen. Fakt ist: Wir werden weder 2025 noch 2026 die endgültige Antwort finden. Das ist einfach ein Prozess, der noch Jahre benötigen wird.
Aber: Wir als Medium stehen in der Pflicht, den Frauensport mit Artikeln/Berichten an die Bevölkerung zu bringen, davon bin ich überzeugt.