Während der Nordischen Ski-WM in Trondheim kann man vielleicht noch ignorieren, dass die Winter hierzulande schneeärmer werden. Skispringen hat schon einen Weg gefunden, wie die Bewerbe ablaufen können, wobei bei diesem Sport der Schnee nicht im Vordergrund steht.
Das ist eine Herausforderung, der sich das Langlaufen in Kontinentaleuropa noch stellen muss.
Dabei trainiert Langlaufen sehr viele Muskelgruppen, in Kombination mit Bewegung an der frischen Luft gilt dies als gesund. "Kaum eine andere Sportart beansprucht so viele Muskelgruppen gleichzeitig, ist dementsprechend effektiv und ist im Vergleich zu anderen Sportarten sehr gelenkschonend", das ist ein Grundsatz, dem schwer widersprochen werden kann. Der Satz wird von Ski Austria (bzw. ÖSV) auf LAOLA1-Anfrage übermittelt. Der Hintergrund ist aber eben ein ernster: Wie stellt man sich Langlaufen in Zukunft vor?
Eine detaillierte Einführung in die Faszination Langlaufen und wie der Sport mit klimatischen und sonstigen Herausforderungen wie Doping umgeht, erklärt Ex-Langläufer und ORF-Experte Luis Stadlober im LAOLA1-Podcast "Wir leben Sport".
Klimawandel als Faktor
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Vor allem in niedrigen Lagen gibt es immer weniger Schnee. Es wird wärmer, die Winter werden kürzer. Die notwendige kalte Luft schafft es immer weniger nach Österreich. Es schneit da und dort zwar nach wie vor kräftig, aber seltener. Und schneit es einmal bis in die Täler, schmilzt der Schnee schnell weg, weil auch die extremen Ausschläge mehr werden. Darüber hinaus schneit es im Winter generell weniger.
Im Jahr 2012 vermeldete Wien zuletzt mehr als einen Meter Neuschnee im Winter; davor war das 2003 und 2004 der Fall, 1995 war der viertletzte Winter mit einem Meter Neuschnee.
Sprich: In so manchen Regionen werden die Kinder Schnee nur noch aus dem Urlaub kennen.
Wie aber soll der (Winter-)Sport in Zukunft funktionieren? Alpiner Skilauf benötigt Lifte, die von den Kunden gezahlt werden. Beschneiung und Schneedepots werden diesen Sport auch in niedrigeren Lagen möglich sein lassen. Aber Langlaufen? So viele Orte gibt es nicht, wo das der Fall ist bzw. es sich wirklich auszahlt.
Geht doch!
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"Viele Wintersportregionen, vor allem jene mit Langlauf-Priorität, beschneien ihre Loipen und sorgen damit für perfekte Bedingungen", heißt es in dem Statement. Christian Weinberger, zuständiger Themenbetreuer in der ecoplus Regionalförderung, erklärt dazu ergänzend: "Ähnlich wie beim Skilauf ist auch beim Langlaufen technische Beschneiung ein Thema, insbesondere um ein bestimmtes Grundangebot mit höherer Verlässlichkeit und über einen längeren Zeitraum anbieten zu können. Oft reden wir über kürzere Rundkurse, die manchmal sogar für den Abendbetrieb beleuchtet sind."
In großen Zentren wie Ramsau oder Seefeld gibt es bereits seit vielen Jahren auch beschneite Langlaufloipen. Da und dort auch gegen Entgelt, wichtig ist die Frequenz. Diese ist laut Weinberger Voraussetzung dafür, dass sich die verschiedenen Betriebe in den Regionen dafür entscheiden, auf Beschneiung zu setzen.
Zudem setzen immer mehr Gebiete auf ressourcenschonende Snowfarming-Projekte, die bereits zu Beginn der Wintersaison Langlauf-Erlebnisse ermöglichen. Wie funktioniert Snow-Farming? Im Grunde wird vorhandener Schnee über den Sommer konserviert.
Innovativ bleiben
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Das Prinzip ist einfach: Gefallener oder auch technisch hergestellter Schnee wird im Frühling zusammengeschoben. Dafür eignen sich möglichst vor Sonneneinstrahlung und Wind sichere Orte, wie etwa Mulden oder Senken. Dann wird der Schnee mit Isoliermaterialien wie Sägemehl, Holzspänen oder speziellen Vliesstoffen bedeckt. Der so konservierte Schnee kann dann bereits früh im Herbst hinausgebracht werden und bietet eine gute Unterlage, um Pisten und Loipen zu präparieren.
Weiters werde "dank der innovativen Seilbahn- und Wintersportbranche die Beschneiungstechnik Jahr für Jahr energieeffizienter". Die technische Beschneiung erfolgt heute oft bei vollständiger Nutzung von erneuerbaren Energien und mithilfe moderner Erzeugungstechnologien.
Aber: "Uns ist bewusst, dass natürlich auch der Wintersport vom Klimawandel betroffen ist. Unsere gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist es, heute so zu handeln, dass kommende Generationen auch in der Zukunft den Wintersport in all seinen Facetten (er)leben können. Um positiv auf diese Entwicklung einwirken und eine maximale Wirkung erzielen zu können, versuchen wir einerseits den CO₂-Fußabdruck zu minimieren, andererseits uns an die neuen Gegebenheiten anzupassen."
Das heißt dann auch, dass "technischer Schnee" im Wintersport eine zunehmend wichtige Rolle einnehmen werde, wobei man beim ÖSV auch in diesem Punkt auf die Innovationsfreudigkeit der Seilbahnwirtschaft verweist.
Vorbild sein
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Mittlerweile bieten die Hersteller eine breite Produktpalette an leistungsstarken und ressourcensparenden Schneeerzeugungstechnologien. Dazu kommt der kontinuierliche Ausbau von Photovoltaik-Kraftwerken, also der vermehrte Einsatz von erneuerbaren Energien. Dazu gehören auch digitalisierte Prozesse wie vollautomatische Beschneiungssysteme, die "durch eine digitale Schneehöhenmessung den Energieverbrauch mindern oder der Einsatz wasserstoffbetriebener Pistenraupen". Diese Liste sei aber noch lange nicht vollständig.
Welche Maßnahmen kann man nun setzen, um den Leistungssport zu stärken? "Wir versuchen in Bereiche einzuwirken, in denen wir das auch können. Wir arbeiten als Verband intensiv an einer Strategie, um – unter Berücksichtigung der Klimaveränderung – auch weiterhin einen ausgewogenen Trainingsbetrieb für unsere Athlet:innen sicherstellen zu können", erklärt dazu Ski Austria. "Ein wichtiger Bereich ist auch die Anpassung der Trainings-Periodisierung und Nutzung der Gletscher. Hier versuchen wir das Schneetraining im Frühjahr (April/Mai) zu verlängern, um dort auch die guten Bedingungen auszunutzen."
Skigebiete sind aufgrund der bestehenden Infrastruktur und Erfahrung bei der technischen Beschneiung prädestiniert dafür, dass Langlaufen zumindest auf kürzeren Loipen auch in schneearmen Wintern zu ermöglichen, ergänzt noch Weinberger: "Bei uns in Niederösterreich gibt es beispielsweise in relativer Höhenlage am Hochkar gute Voraussetzungen ein solches Angebot zu schaffen. Wir werden sowohl mehr Gäste haben, die zwischendurch und zusätzlich zum alpinen Schneesport Langlaufen gehen wollen, als auch solche, die gar nicht Skifahren und 'nur' Langlaufen."
Denn: Skigebiete wissen genau, dass es in Gästegruppen zunehmend auch das Bedürfnis nach Nicht-Ski-Angeboten gibt. Und das ist die gute Nachricht: Es gibt Lösungsansätze für den Langlaufsport. Wie zukunftsfit diese wirklich sind, wird sich aber erst weisen.