Die seit Jahren diskutierte tägliche Turnstunde mutiert zur täglichen Bewegungseinheit und soll ab Herbst in neun Pilotregionen in allen Bundesländern erprobt werden.
Umgesetzt werden soll ein "Drei-Säulen-Modell": Einerseits wird es zusätzliche Bewegungsangebote außerhalb des Unterrichts geben. Außerdem sollen externe Trainer an die Schulen kommen und zusätzliche Einheiten für jene Schüler auf dem Programm stehen, die das spezifisch brauchen.
Die tägliche Bewegungseinheit ist damit jenes Modell, das aus den Forderungen nach einer täglichen Turnstunde nach dem schlechten Abschneiden Österreichs bei den Olympischen Spielen in London 2012 hervorgegangen ist.
Der andere Name rührt daher, dass die Bewegungseinheit nicht im Sportunterricht stattfinden und auch nicht unbedingt eine Stunde dauern muss.
"Anderes Verständnis von Turnen"
"Wir probieren einmal etwas", meinte Sportminister Werner Kogler (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Freitag. In der ersten Säule gehe es um "ein anderes Verständnis von Turnen in der Schule". Mit "Bewegungsinterventionen", die auch nur ein paar Minuten dauern können, sollen die Schülerinnen und Schüler körperlich aktiviert werden.
Das könne auch in der Pause passieren oder am Schulweg. Für die zweite Säule kooperiere man mit Vereinen bzw. Sportverbänden, die Trainer in die Schule schicken. Insgesamt würden so über 90.000 Bewegungseinheiten in 1.500 Klassen und Gruppen bereitgestellt.
In der dritten Säule können Lehrkräfte Kinder, bei denen sie motorischen Bedarf sehen, in Abstimmung mit deren Eltern nominieren, so Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Für diese soll es spezifische Angebote geben. "Kinder sollen das nicht als Strafaktion sehen, sie sollen sagen, dass es ihnen gefällt."
Finanzielle Gründe sorgen für Umdenken
Das Abrücken von der täglichen Turnstunde begründete Kogler mit finanziellen Gründen bzw. der Verfügbarkeit der dafür nötigen Lehrkräfte sowie der Infrastruktur. Das Sportministerium investiert in die neuen Angebote in den beiden kommenden Schuljahren je drei Mio. Euro - danach bzw. wenn man die Pilotregionen ausbauen wolle, müsse es dafür Mittel aus dem Budget geben, so Kogler.
Eine Ausrollung auf ganz Österreich würde einen dreistelligen Millionenbetrag kosten oder knapp darunter. Aber: "Soll einmal wer dagegenreden." Mit der Initiative investiere man in größeres Glück und gesündere Lebensjahre.
Auch Sport-Austria-Präsident Hans Niessl wollte nicht über die Diskussionen der Vergangenheit sprechen. Für die diversen Aktivitäten biete man alle Ressourcen an, die man habe.
Mit den Pilotregionen werde Druck entstehen, dass mehr Bewegung an den Schulen bzw. Kindergärten machbar sei und günstiger als geglaubt ist, meinte Kogler: Am Schluss habe man aus der Not eine Tugend gemacht und es komme etwas Gescheiteres heraus als zunächst gedacht.
Die neun Pilotregionen sind der Bezirk Neusiedl bzw. Teile von Eisenstadt Umgebung (Burgenland), der Bezirk Korneuburg (NÖ), die Regionen Leibnitz (Steiermark) und Carnica-Rosental (Kärnten), der Bezirk Schwaz (Tirol), der Bregenzerwald (Vorarlberg) die Salzburger Stadtteile Aigen, Parsch und Salzburg Süd, Teile des Bezirks Rohrbach bzw. Urfahr Umgebung (OÖ) sowie in Wien der Donaustädter Stadtteil Kagran.