Der erste Tag der Olympischen Spiele in Tokio hat zwar noch keine österreichische Medaille zu bieten, dafür ging eine erfolgreiche Karriere in einer der erfolgreicheren rot-weiß-roten Sommersportarten zu Ende.
Stefan Fegerl scheitert mit Sofia Polcanova in der ersten Runde des neuen Mixed-Bewerbs und lässt seine Tischtennis-Laufbahn damit sein. Mit 32 Jahren - in einer Sportart, die Spitzenleistungen bis tief in die eigenen 40er ermöglichen würde.
Im April kam das Angebot des später gewählten Neo-ÖTTV-Präsidenten Wolfgang Gotschke, als Vizepräsident in Zukunft Fäden zu ziehen. Nach kurzer Bedenkzeit sagte Fegerl zu.
Zwischen 2017 und 2019 errang Fegerl bei Borussia Düsseldorf den Champions-League-Sieg sowie drei deutsche Doubles, nicht zuletzt durch die Rolle als Familienvater - mit Li Qiangbing - gab es jedoch auch Aufgaben neben dem Sport.
Der Zenit war gefühlt erreicht, so der Doppel- und Team-Europameister von 2015 nach seinem Aus in Tokio. Jetzt soll die Expertise Österreichs Tischtennis auf andere Weise voranbringen.
Österreich-Tour in neuer Rolle
Fegerl möchte sich vor allem darum kümmern, mittelfristig wieder stark aufgestellt zu sein. Die Investitionen zeitlicher und finanzieller Natur müssen daher dem Nachwuchs gelten: "Diese Aufgabe nehme ich mir sehr zu Herzen."
Zu diesem Zweck will Fegerl schon im September jedes Bundesland bereisen: "Wo haben wir noch versteckte Talente, Spielerinnen und Spieler, die wir für den ÖTTV gewinnen werden?"
In dieser Rolle sieht sich der Niederösterreicher weiterhin in der Halle, auch wenn keine eigenen sportlichen Ziele mehr verfolgt werden. "Im Tischtennis kenn ich mich gut aus, das kann ich am Besten, wenn ich in der Halle bin, vorzeige oder mit den Leuten darüber spreche. Es wird ein gemischtes Ding sein."
Zwar dauert die erste Amtsperiode offiziell nur zwei Jahre, aber der Aufbau der Strukturen wird natürlich ein langfristigeres Projekt. In der ersten Periode möchte Fegerl "einen Rahmenplan vom Nachwuchs bis in die Allgemeine Klasse, damit man weiß, wer wohin gehört, wer für wen zuständig ist. Dazu sportwissenschaftliche und medizinische Einrichtungen herstellen, die haben wir in der letzten Zeit nicht so forciert."
Fünf bis zehn Jahre sind für den Output ein realistisches Fenster. "Aber wir müssen starten, damit es einmal losgeht. Später müssen wir speziell im Nachwuchsbereich in Europa vorne mitspielen, um in der allgemeinen Klasse wieder dorthin zu kommen, wo wir jetzt sind."
Und Fegerl geht die Aufgabe schnell an: "Normalerweise würde ich morgen zurückfliegen und am Montag sicher das Telefon klingeln. Ab Ende nächster Woche werde ich zu hundert Prozent in die Arbeit hineingehen. Bis jetzt war ich ja noch Leistungssportler und habe mich nicht ablenken lassen."
ÖTTV für anstehenden Generationenwechsel gerüstet?
Mit Robert Gardos, 42 Jahre alt, und Daniel Habesohn, 35, sind Österreichs verbliebene Spitzenspieler schon mehr als nur Routiniers. Fegerl fürchtet trotzdem kein "Loch".
"Ich glaube, dass Robby und Danny noch das ein oder andere Jahr weiterspielen. Mit Andreas Levenko und Maciej Kolodziejczyk haben wir dazu zwei Perspektivspieler, bei denen ich davon ausgehe, dass sie sich noch verbessern - und wir an Nummer drei solide aufgestellt sind."
Fegerl selbst galt in jungen Jahren - allein schon durch den Zeitraum seiner Karriere - als möglicher Erbe von Werner Schlager. Ist er dieses Erbe angetreten?
"An ihn wird niemand so schnell 'zuwekommen'. Ich habe es versucht, mein Möglichstes getan, kann mir keinen Vorwurf machen. Ich würde alles wieder so tun. Ich habe viele schöne Erinnerungen gesammelt und bin stolz auf die Karriere", so der Doppel- und Team-Europameister von 2015.
Jetzt will er seinen Part dazu beitragen, dass vielleicht in einigen Jahren wieder ein möglicher Erbe von Werner Schlager auftaucht. Auch ein Erbe von Stefan Fegerl wäre aber gleichbedeutend mit einer erfolgreichen Karriere.