Schon nach etwas mehr als der Halbzeit ist klar: Die Olympischen Sommerspiele in Tokio verlaufen für Österreich sehr erfolgreich.
Und die gute Nachricht: Medaillen-Entscheidungen gibt es bis inklusive 8. August noch zuhauf, auch mit aussichtsreicher österreichischer Beteiligung!
Denn während die meisten der bisherigen Medaillen in die Kategorie "Überraschung" fielen - insbesondere die Gold-Sensation durch Anna Kiesenhofer im Rad-Straßenrennen der Frauen - hatte Österreich vor den Spielen Kandidatinnen und Kandidaten vorzuweisen, die durchaus als aussichtsreich galten und nach wie vor gelten, denn sie kommen erst jetzt zum Zug.
LAOLA1 hat einen kurzen Fahrplan über die noch anstehenden Entscheidungen, die aus österreichischer Sicht besonders interessant sein können:
Das restliche Programm von Österreichs Athletinnen und Athleten:
(gefettet = gute Medaillen-Chance; * = Qualifikation vorausgesetzt)
Dienstag 3.8.
Österreicher im Einsatz: Jakob Schubert (Klettern Herren, Qualifikation), Eirini/Anna-Maria Alexandri (Synchronschwimmen Damen, Duett Technik Kür*), Ana Roxana Lehaci/Viktoria Schwarz (Kajak Doppel Damen, Halbfinale/Finale), Victoria Hudson (Speerwurf Damen, Qualifikation), Susanne Walli (400m Damen, Vorläufe), Benjamin Bildstein/David Hussl (Segeln Herren, 49er Medal Race)
Kletterer Jakob Schubert, vor den Spielen als wohl größte Medaillen-Bank im gesamten ÖOC-Aufgebot gehandelt, muss am Dienstag durch die Qualifikation. Geklettert wird bei Olympia im eigens für die Premiere erfundenen "Olympic Combined", einer Kombination der Disziplinen Speed, Bouldern und Lead. Ziel: Finaleinzug
Für die Alexandri-Schwestern geht der Wettbewerb im Synchronschwimmen voraussichtlich weiter. Eirini und Anna-Maria erreichten in diesem Jahr erstmals Wertungen über 90 Punkten. Eine Medaille ist wahrscheinlich nicht ganz in Reichweite. Ziel: Mittlerer Top-Ten-Platz
Mit leichten Anlaufschwierigkeiten haben Ana Roxana Lehaci und Viktoria Schwarz im Kajak-Zweier den Halbfinal-Einzug geschafft, nun kämpfen sie um das realistische Ziel des Finales der besten Acht, wo sie nicht als Favoritinnen gelten. Ziel: Finaleinzug
Im Leichtathletik-Stadion vertreten Victoria Hudson (Speerwurf) und Susanne Walli (400m) die rot-weiß-roten Farben. Ihre Finali wären am Freitag. Ziel: Finaleinzug (Hudson), persönliche Bestleistung (Walli)
Benjamin Bildstein und David Hussl haben sich bei den 49ern als einzige ÖOC-Segler für ihr Medal Race qualifiziert, werden mit dem Podest aber nichts zu tun haben. Ziel: Top-Ten-Platz
Mittwoch 4.8.
Österreicher im Einsatz: Jessica Pilz (Klettern Damen, Qualifikation), Ivona Dadic und Verena Mayr (Siebenkampf Damen, 100m Hürden/Hochsprung/Kugelstoßen/200m), Susanne Walli (400m Damen, Halbfinale*), Ana Roxana Lehaci und Viktoria Schwarz (Kajak Einer Damen, Vorläufe/Viertelfinale), Sargis Martirosjan (Gewichtheben Herren, Klasse bis 109kg), Christine Wolf (Golf Damen, Runde 1), Eirini/Anna-Maria Alexandri (Synchronschwimmen Damen, Freie Kür Finale*)
Auch bei den Kletter-Damen gibt es mit Jessica Pilz eine Medaillen-Hoffnung, die ihre Quali am Mittwoch hat. Der Niederösterreicherin machte zuletzt eine Fingerverletzung zu schaffen - jetzt kein Problem mehr, die Vorbereitung war aber nicht ideal. Als Weltmeisterin im Lead-Klettern 2018 - in der Kombination gab es Bronze - hat die 24-Jährige aber schon bewiesen, dass sie in der Weltspitze brillieren kann. Ziel: Finaleinzug
Mit Ivona Dadic und Verena Mayr hat Österreich im Damen-Siebenkampf zwei Eisen im Feuer, für die eine Medaille grundsätzlich in Griffweite ist: Mayr, die WM-Bronzene von 2019, hatte die "Associated Press" in ihren Einschätzungen gar auf Silber. Dadic führte bis Ende 2020 die Jahresweltbestenliste an und wurde dadurch zur Sportlerin des Jahres. Für Beide gilt: Alles ist möglich! Läuft der Wettkampf gut, sind Medaillen möglich. Ziel: Medaillen
Für Lehaci und Schwarz stehen nach dem Kajak-Zweier nun die Einer an, der Fokus des Duos lag aber auf dem Doppel. Ziel: Finaleinzug
Nach Sarah Fischer greift Österreichs einziger Gewichtheber in Tokio zu der Hantel: Sargis Martirosjan. Für ihn sind es in der Klasse bis 109kg die zweiten Spiele, mit den Medaillen hat er nichts zu tun. Ziel: persönliche Bestleistung
Nach dem erfolgreichen Golf-Turnier der Herren sind nun die Damen dran, Österreich wird durch Christine Wolf vertreten. Wie schwer Prognosen sind, hat Sepp Straka bewiesen, der knapp an einer Medaille vorbeischrammte. Ziel: Top-15
Für die Alexandris endet der Synchron-Wettkampf mit der freien Kür.
Donnerstag 5.8.
Österreicher im Einsatz: Jakob Schubert (Klettern Herren, Finale*), Ivona Dadic und Verena Mayr (Siebenkampf Damen, Weitsprung/Speerwurf/800m), Bettina Plank (Karate Damen, bis 55kg), Gustav Gustenau (Moderner Fünfkampf Herren, Fechten), Christine Wolf (Golf Damen, Runde 2), Ana Roxana Lehaci und Viktoria Schwarz (Kajak Einer Damen, Halbfinale/Finale*), Andreas Müller (Bahnrad, Omnium)
Der große Tag für Jakob Schubert: Qualifikation für das Finale im Klettern vorausgesetzt, geht es jetzt um die Medaillen. Bei der Heim-WM 2018 machte sich der Tiroler zum Weltmeister in der olympischen Kombination, 2019 gab es hinter dem Japaner Tomoa Narasaki immerhin Silber für den nun 30-Jährigen. Dementsprechend zählt Schubert zu den Mitfavoriten auf den Olympiasieg. Seine besondere Stärke liegt im Lead-Klettern, wo zwei Weltmeister- und zwei Vizeweltmeister-Titel zu Buche stehen, zuletzt gab es auch im Bouldern wieder einmal einen Weltcup-Sieg zu bejubeln. Ziel: Medaille
Für Ivona Dadic und Verena Mayr stehen die letzten drei Disziplinen im Siebenkampf an, womit an diesem Tag die Medaillen-Entscheidung fällt. Ziel: Medaille möglich
Ein großes Fragezeichen wird das Abschneiden von Bettina Plank im Karate: Als Europameisterin, dreifache Vize-Europameisterin und Siegerin bei den Europaspielen 2019 hätte sie eigentlich alle Ansprüche auf eine Olympia-Medaille, kann aber nicht in ihrer gewohnten Gewichtsklasse bis 50kg antreten - sie ist kein Part des Olympia-Programms. Es bleibt abzuwarten, wie die 29-Jährige gegen etwas schwerere Kontrahentinnen performt, unmöglich ist eine Medaille aber nicht! Ziel: Medaille möglich
Für Gustav Gustenau - er ist mit 24 Jahren der jüngste Teilnehmer im Feld - beginnt der Moderne Fünfkampf, zum letzten Mal in diesem Format, das sich in Paris 2024 ändern wird. Er qualifizierte sich mit Ach und Krach, eine Medaille kann damit nicht das ernannte Ziel sein. Ziel: persönliche Bestleistung
Andreas Müller startet im Omnium in die Bahnrad-Bewerbe. Die Nominierung erfolgte kurzfristig.
Freitag 6.8.
Österreicher im Einsatz: Jessica Pilz (Klettern Damen, Finale*), Christine Wolf (Golf Damen, Runde 3), Gustav Gustenau (Moderner Fünfkampf), Victoria Hudson (Speerwurf Damen, Finale*), Susanne Walli (400m Damen, Finale*)
Am Tag nach den Herren fällt die Kletter-Entscheidung der Damen, voraussichtlich mit Jessica Pilz. Schafft sie den gewünschten Finaleinzug, ist am Freitag alles möglich. Die ersten Proben auf der Wettkampf-Wand haben der Niederösterreicherin jedenfalls gefallen. Ziel: Medaille möglich
Samstag 7.8.
Österreicher im Einsatz: Andreas Müller/Andreas Graf (Bahnrad, Madison Herren), Christine Wolf (Golf Damen, Runde 4)
Sie gehen als Geheimtipp durch: Andreas Müller und Andreas Graf treten für den österreichischen Radsport auf der Bahn in die Pedale. Und sind dabei keineswegs chancenlos: Die US-amerikanische Nachrichtenagentur "Associated Press" hatte das Duo bei seiner großen Medaillen-Einschätzung aller Bewerbe auf Silber. Müller übt sich lieber im Understatement, gibt eine Top-Acht-Platzierung als Ziel aus. Ein Spitzenplatz ist auf jeden Fall drin, für eine Medaille muss die Taktik aber voll aufgehen. Ziel: Medaille möglich
Ebenfalls an diesem Tag fällt die Medaillen-Entscheidung im Golf-Turnier der Frauen.
Sonntag 8.8.
Österreicher im Einsatz: Peter Herzog, Lemawork Ketema (Marathon Herren)
Am abschließenden Olympia-Tag steht wieder die Königsdisziplin der Ausdauer-Läufer an. Dass zwei Österreicher dabei sind, ist angesichts der verschärften Qualifikationskriterien ein gutes Zeichen. Eine Medaille wäre in Sphären einer Anna Kiesenhofer anzusiedeln. Ziel: Plätze im vorderen Drittel
Wie erfolgreich kann Tokio werden?
Mit einmal Gold, einmal Silber und dreimal Bronze sind die Spiele in Tokio schon nach etwas mehr als der ersten Wettkampf-Woche in den ÖOC-Top-Ten der 32 Sommerspiele der Moderne zu finden - nach der klassischen IOC-Medaillenspiegel-Zählweise auf Rang acht, gleichauf mit den Spielen 1932 in Los Angeles.
Eine weitere Goldmedaille würde die aktuelle Auflage sogar in die Top-3 katapultieren, denn mehr als zwei Goldene gab es bislang nur in Berlin 1936, mehr als eine Silberne bei zwei Goldenen nur in Athen 2004.
Nach bloßer Anzahl der Medaillen ist Tokio schon jetzt in den Top-5, nur Berlin 1936 (13 Medaillen) und Athen 2004 (7) waren erfolgreicher, auch in Athen 1896 und Los Angeles 1932 gab es je fünf Medaillen.
Jahr | Ort | Gold | Silber | Bronze | Gesamt |
---|---|---|---|---|---|
1936 | Berlin | 4 | 6 | 3 | 13 |
2004 | Athen | 2 | 4 | 1 | 7 |
1896 | Athen | 2 | 1 | 2 | 5 |
1904 | St. Louis | 2*) | 1 | 1 | 4 |
2000 | Sydney | 2 | 1 | 3 | |
1928 | Amsterdam | 2 | 1 | 3 | |
1980 | Moskau | 1 | 2 | 1 | 4 |
2021 | Tokio | 1 | 1 | 3 | 5 |
1932 | Los Angeles | 1 | 1 | 3 | 5 |
1984 | Los Angeles | 1 | 1 | 1 | 3 |
1960 | Rom | 1 | 1 | 2 | |
1948 | London | 1 | 3 | 4 | |
1988 | Seoul | 1 | 1 |
*) inklusive der Goldmedaille von Turner Julius Lenhart, die er mit der US-Mannschaft Philadelphia Turngemeinde errungen hat.