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Mit der Olympiasiegerin kam der Erfolg - und soll bleiben

Judo ist in Österreich wieder eine Erfolgsgeschichte. Das hängt nicht zufällig mit der Ankunft von Yvonne Snir-Bönisch zusammen. Die Deutsche hat einen Plan.

Mit der Olympiasiegerin kam der Erfolg - und soll bleiben Foto: © GEPA

Nur die besten Judo-Nationen der Welt sind im Teambewerb der Olympischen Spiele 2024 in Paris vertreten. Österreich gehört erstmals dazu.

Der deutlichste Ausdruck der Steigerung, die das ÖJV-Team in den letzten dreieinhalb Jahren hinlegte.

Eine Steigerung, die eng mit einem Namen verknüpft ist: Yvonne Snir-Bönisch.

Seit Anfang 2021 ist die Judo-Legende Cheftrainerin Österreichs. Eine Position, die damals erst geschaffen wurde.

Als Cheftrainerin steht die Deutsche einem sechsköpfigen Trainerteam vor. Als erste Frau in einer solchen Position – weltweit.

Schon nach einem halben Jahr im Amt ging die über zehn Jahre andauernde Medaillen-Durststrecke des Sports durch Michaela Polleres und Shamil Borchashvili in Tokio zu Ende. Seither gab es bei fast jedem Großereignis Edelmetall für den ÖJV.

Es war nur der Startschuss für einen Aufwärtstrend, der sich bis in den Nachwuchs zieht und damit langfristig erhalten bleiben soll.

Die nächste Stufe

Nach vier Jahren als Trainerin Israels folgte Snir-Bönisch dem Ruf aus Österreich, der sie schon zwei Jahre zuvor erstmals ereilte. Der "logische nächste Karriereschritt", so betrachtete sie die Entscheidung.

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

Wohl erkannte sie schon das Potenzial, das im Team schlummerte – und nur geweckt werden wollte.

Nach acht Jahren der Trainererfahrungen in Deutschland, unter anderem am Landesstützpunkt Potsdam, und eben den vier Jahren in Israel kannte Snir-Bönisch zwei unterschiedliche Systeme.

"Einmal das deutsche System, bei dem an sechs Bundesstützpunkten und nur ab und zu gemeinsam im Nationalteam trainiert wird. Und das israelische, das voll zentralisiert ist", so die ÖJV-Cheftrainerin gegenüber LAOLA1.

Israel sei dabei von der Größe und den Einwohnern ein gutes Vorbild für Österreich.

Eine Mischung aus Deutschland und Israel

Am Ende wurde ein gemischter Ansatz herangezogen – mit einer Teilzentralisierung. Nun wird von Dienstag bis Donnerstag im Kollektiv trainiert, im Olympiazentrum Linz.

Snir-Bönisch bei Olympia-Gold 2004
Foto: © getty

"Im Vorfeld hat jeder an seinen eigenen Stützpunkten trainiert, nur in den internationalen Trainingslagern miteinander. Wir haben jetzt gebündelte Kräfte, profitieren als Team davon. Denn im Judo bist du auf gute Trainingspartner angewiesen und deswegen nutzen wir diese Ressourcen."

Ganz zu schweigen davon, dass auch Snir-Bönischs direkter Einfluss auf die Athletinnen und Athleten erst so richtig zur Entfaltung kommt.

Trotzdem oder gerade deswegen könnten sich auch die Vereinstrainer, denen ihre Schützlinge an den verbleibenden Tagen zur Verfügung stehen, mit dem Ansatz identifizieren.

Ganz neue Inputs für die Judokas

Immerhin ist es der Einfluss der Olympiasiegerin von Athen 2004, die auch je zwei Silber-Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften holte.

Lediglich eine in Zahlen gegossene Grundlage für die Erfahrungen, die sie im ÖJV weitergeben kann.

"Sie geht sehr auf uns ein und auf uns zu. Abgesehen vom technischen und taktischen Bereich war es auch eine Neuerung, eine Trainerin zu haben, mit der man auf persönlicher Ebene reden kann", sagt etwa Michaela Polleres.

"Auch, wenn es nicht so gut läuft, kann ich mit ihr in Ruhe sprechen, woran es liegt. Das ist eine wichtige Quelle für mich. Und das ganz unter Gleichbehandlung, egal ob jemand schon erfolgreich war oder nicht."

Snir-Bönisch wisse als erfolgreiche Ex-Athletin einfach die Spur besser, wie die Gefühlslage vor und während eines Wettkampfs aussieht.

Das gilt auch bei den Männern: "Yvonne pusht mich, hilft mir, Sachen zu machen, auf die ich keinen Bock mehr habe, wenn ich müde und erschöpft bin. Sie treibt mich immer weiter an, hilft mir extrem, immer mehr aus mir selbst rauszuholen", stimmt Aaron Fara zu.

Eine Frage der Gelassenheit

Es ist nicht Snir-Bönischs Stil, ihrem eigenen Anteil am Erfolg zu viel Bedeutung beizumessen.

"Es wäre für mich der falsche Zeitpunkt, zu gehen. Wir sind noch mitten im Aufbau und das ist kein Ding von zwei, drei Jahren."

Yvonne Snir-Bönisch

Speziell in Paris hofft sie aber, mental entscheidende Inputs geben zu können – als Ex-Athletin, die beide Seiten der Spiele kennt. In Peking 2008 wurde sie "nur" Neunte.

"Ich kann es aus eigener Erfahrung sagen, wie es ist, sich selbst bei den zweiten Spielen nach dem Erfolg zu sehr unter Druck zu setzen", sagt die Trainerin speziell in Bezug auf Medaillengewinnerin Polleres.

"Ich denke, dass ich gute Ratschläge geben kann, wie sie gelassener in die Spiele geht. Aber für Leute, die zum ersten Mal dabei sind, ist es das Gleiche."

Sie glaube, dass "wir alle gut vorbereitet sind. Wir sind sehr familiär miteinander verbündet, verbringen viel Zeit miteinander, sind als Team unterwegs. Daher stehen wir uns sehr nah."

Der Weg geht weiter

Ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das für Österreichs neuen Erfolg genauso entscheidend ist wie die Teilzentralisierung des Trainings. Für das Land die richtige Entscheidung, ist nicht nur Snir-Bönisch überzeugt – auch der Output gibt ihr schon nach kurzer Zeit recht.

"Wir haben nicht mehr nur Shamil Borchashvili und Michaela Polleres, die bei Grand-Slam-Turnieren Medaillen erkämpfen können. Dahinter steht bereits eine weitere Garde an Athleten bereit. Auch im Junioren-Bereich werden die Erfolge größer", sagt Snir-Bönisch zufrieden.

Und denkt deswegen gar nicht daran, Österreich so schnell wieder zu verlassen. Die Zusammenarbeit wurde bereits vorzeitig verlängert.

"Es wäre für mich der falsche Zeitpunkt, zu gehen. Wir sind noch mitten im Aufbau und das ist kein Ding von zwei, drei Jahren. Unser Fokus ist, das System weiterzuführen und zu schauen, was bis Los Angeles 2028 alles möglich ist", verspricht Snir-Bönisch.

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