Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Aufstieg in Windeseile. Erst seit drei Jahren fährt Valentin Bontus überhaupt in der Formula Kite Rennen.
Dem Freestylen am Kite-Surfboard war er schon seit der Kindheit zugetan. Nach der Olympia-Einführung des Rennformats ging der Perchtoldsdorfer den Umstieg an. Eigentlich mit dem Ziel einer Qualifikation für Los Angeles 2028.
Nun steht der 23-Jährige schon in Marseille, dem Austragungsort der Segelbewerbe bei den Spielen in Paris 2024, am Start. Und das sogar als ein Medaillen-Mitfavorit.
Denn nach dem vierten Platz bei der Weltmeisterschaft 2023, der die Olympia-Qualifikation schon für dieses Jahr bedeutete, legte Bontus vor einigen Wochen sogar noch nach.
Vor Hyères holte er WM-Bronze – die erste Medaille für den Österreichischen Segelverband, dessen Bestandteil die Surfer sind, seit 2018.
Kein Bierchen mehr
"Vor allem am Anfang habe ich überhaupt keine Ahnung gehabt, was das hier alles werden wird. Ich habe mir gedacht, ich gehe einfach Kiten und mache eben bei den Spielen mit", war der erste Gedanke gar kein erfolgsgetriebener.
Vielmehr brauchte der Kiter einen neuen Schaffensweg. Ein Kreuz- und Innenbandriss Ende 2020 machte das weitere Freestylen schwierig.
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Aber im Renntrimm fühlt sich Bontus gut aufgehoben, wie die Ergebnisse bestätigen. Dabei kommt ihm nach eigener Einschätzung die Freestyle-Vergangenheit sogar zugute.
"Ich bin immer lustig und gut drauf, ich habe diesen chilligen Modus vom Freestyle-Kiten. Aber ich weiß genau, wann ich auf ernst und Performance umswitchen muss. Da habe ich den einen großen Vorteil gegenüber vielen anderen – dass es einfach Spaß macht. Ich mache es, weil es mir taugt, weil ich schon immer kite", so Bontus.
Der als "ernsthafter" Segler trotzdem ein anderes Leben leben muss: "Man kann nicht mehr am Abend herumsitzen, ein Bier trinken, ausgehen und spät ins Bett. Manchmal muss man auch raus, wenn es scheiße ist."
Rund 75 km/h
Bontus' Erscheinungsbild: Eher mächtig als schmächtig. Im Kiten bringt Körpermasse einen Vorteil. 105 Kilogramm bringt der Niederösterreicher auf die Waage.
"Wir sagen immer: 'Fat is fast and fast is sexy'. Unser Gewicht hilft uns einfach, diese Kraft zu übertragen und mehr Geschwindigkeit auf das Brett zu bringen", erklärt Bontus.
"Unsere Hauptmuskelgruppe sind die Beine. Die Oberschenkel fangen bei den Rennen am schnellsten an zu brennen. Weil wir in einer sehr statischen Position sind, aber immer wieder ausgleichen müssen", meint er weiter über seinen Sport.
Rund 75 km/h haben die Kiter im Rennen drauf. "Darum ist auch der Oberkörper und der Core sehr wichtig, damit du dir nicht gleich die Rippen brichst oder die Schulter auskegelst, wenn es dich schmeißt."
Alles kann, nichts muss
Olympia geht Bontus ganz klassisch freestyle an: Alles kann, nichts muss. Chillig bleiben.
"Ich weiß, ich kann eine Medaille gewinnen, wenn alles super läuft. Aber ich bin nicht derjenige, der es machen muss, den Druck hat. Ungefähr fünf Leute sind ganz oben, ich bin derjenige, der dahinter sitzt, wartet dass einer einen Fehler macht und dann einspringt. Ich weiß, ich kann es. Ich habe gezeigt, ich kann es. Das ist eigentlich die beste Ausgangssituation."