In Tokio ruderte sie zu Bronze. Aber in Sachen Paris 2024 wird für Magdalena Lobnig das altbekannte olympische Motto im Vordergrund stehen: Dabeisein ist alles.
Denn die letzten Monate liefen für die Kärntnerin ganz anders als erwartet. Erst war es nur ein stechender Schmerz, der sich im November vor dem Kickoff-Event des ÖOC in Belek erstmals bemerkbar machte. Dann wurde daraus eine heftige Diagnose: Bandscheibenvorfall (Alle Infos>>>).
Seit einigen Wochen ist die 33-Jährige in ihrer Vorbereitung stark eingeschränkt. Aber Olympische Spiele werden nicht einfach aufgegeben. Trotz des riesigen Handicaps läuft die Vorbereitung - im Rahmen ihrer Möglichkeiten.
"Ein Arzt sagt: Profisport ist schwierig. Der andere sagt: Das bekommen wir schon hin. Auf den verlasse ich mich jetzt. Aber ich muss von Tag zu Tag handeln - und die Angst fährt immer mit", meint Lobnig gegenüber LAOLA1.
Denn in welche Richtung sich die Verletzung entwickelt, ist langfristig nicht vorherzusagen. Überhaupt, wenn Trainingsbelastung hinzukommt.
"Das Risiko ist da, dass es noch schlimmer wird. Es kann ja immer etwas nachrutschen."
Kaum mehr aus dem Bett gekommen
Es begann unscheinbar. Mit einem Gefühl wie bei einem Hexenschuss: "Wie man es so kennt, nachdem man im Flieger eingeschlafen ist. Das hat mir extrem wehgetan, ist aber noch gut wegtherapiert worden. Aber eigentlich waren das schon die ersten bösen Anzeichen" für Lobnig, die den ganzen Winter über einen "steifen Nacken" klagte.
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Physiotherapeuten und Ärzte glaubten zuerst an harmlosere Umstände, erst vor einigen Wochen wurde die böse Diagnose gestellt.
Denn im Trainingslager kam der Schmerz zurück. Schlimmer als zuvor. "Ich bin im Bett gelegen und habe fast nicht mehr aufstehen können. Die Ärzte sind mitten in der Nacht ins Zimmer gekommen und haben erste neurologische Untersuchungen gemacht."
Es kam ein erster Verdacht, aber noch keine Bestätigung. "Überhaupt kein Vorwurf an die Ärzte, sie können ja nicht reinschauen", so Lobnig, die im Trainingslager blieb und in diesem Zustand sogar noch eine Regatta fuhr.
"Am Sonntag sind wir heimgekehrt, am Montag war ich zum MRT in Klagenfurt. Der Arzt hat mich nur so angeschaut..."
Mit OP wäre Paris passé
Die Folge: Sechs Wochen Pause vom Rudern, ehe es wieder zur Untersuchung ging. Eklatante Besserung war keine zu sehen.
Eine Operation stand im Raum, die hätte aber eine komplette Sportpause von drei Wochen bedeutet. Für Lobnig keine Option: "Wenn ich drei Wochen in einer Kraftausdauer-Sportart nicht trainieren kann, brauche ich gar nicht nach Paris zu fliegen."
"Eigentlich habe ich ja gesagt, dass alles, was nach Tokio kommt, noch Zugabe ist. So eine Zugabe hatte ich mir nicht erhofft. Aber wenn ich wieder halbwegs fit werde und in Paris an den Start gehen darf, dann kann ich das schon feiern."
Also wurde davon abgesehen. Und stattdessen das Training angepasst.
Von Ausstatter "TechnoGym" wurde eine spezielle Trainingsmaschine bereitgestellt, die das Beintraining ohne Wirbelsäulenbelastung ermöglicht, da das Gewicht um die Hüfte gebunden wird. Die Ausdauer-Einheiten finden verstärkt auf dem Rad statt.
Aber die Einschränkungen sind dennoch eklatant: "Die Haupt-Krafttrainingsübungen, die Freihantelübungen sind alle weg. Ich kann eigentlich nur isoliertes Krafttraining machen, also etwa Rudern am Seilzug, da ich so meinen Hals gut kontrollieren kann. Aber alles nicht mit hohen Lasten."
Die sind genauso verboten wie eine zu starke Belastung der Halswirbelsäule.
Der Respekt vor der Steigerung
Mittlerweile ist auch wieder ein Ausdauer-Programm im Boot möglich. Allerdings mit Bedacht und langsamen Steigerungen.
"Die Form kommt sehr schnell zurück", ist Lobnig zuversichtlich. Aber: "Wenn ich einzelne Steigerungen probieren soll, habe ich halt mega Angst. Ich muss das Vertrauen erst wieder bekommen. Von Woche zu Woche muss ich mich mehr Belastung trauen, aber natürlich nur mit der Prämisse, dass sich nichts verschlechtert."
Denn dieses Damoklesschwert schwebt immer über dem Kopf. Neurologische Symptome wie ein Kribbeln in den Fingern wurden durch eine Kortison-Therapie zwar verbessert, sollten aber gar Lähmungserscheinungen auftreten, würde das "Alarmstufe Rot" bedeuten: "Dann musst du operieren."
Aber das wäre nur der "Worst Case", von dem sich Österreichs Ruder-Aushängeschild derzeit zum Glück wegbewegt.
Es fehlte eigentlich nicht viel
Wie die Kärntnerin überhaupt Glück im Unglück hatte. Für die Schwere des Bandscheibenvorfalls halten sich die Symptome in Grenzen. Und sogar an Wettkämpfe denkt die 33-Jährige langsam wieder.
Die Rückkehr in den Weltcup visiert sie für Mitte Juni an. Das würde noch einen Monat der Vorbereitungszeit bedeuten: "Das wäre mein Wunsch. Dass ich vor den Spielen noch einen richtigen Wettkampf habe, damit ich sehe, was geht und was nicht geht. Und mich dann ruhigen Gewissens mit Trainingslagern auf die Spiele vorbereiten kann."
Allein eine Teilnahme in Paris wäre "ein riesengroßer Erfolg". Nichtsdestotrotz: Wer neben anderen Erfolgen auch schon eine Olympia-Medaille bejubeln konnte, den verlässt der Gedanke an einen Spitzenplatz nie.
"Sonst würde man keinen Spitzensport machen. Bei der einen Regatta, die ich im Frühjahr gefahren bin, war ich nur eine Länge hinter der Serbin, die später haushoch Europameisterin wurde (Jovana Arsic, Anm.). Also die Form war schon nicht so schlecht. Ich muss mich halt nur belasten können und dürfen", so Lobnig.
Aber Erfolgsdruck wäre nach diesen Wochen und Monaten fehl am Platz: "Eigentlich habe ich ja gesagt, dass alles, was nach Tokio kommt, noch Zugabe ist. So eine Zugabe hatte ich mir nicht erhofft. Aber wenn ich wieder halbwegs fit werde und in Paris an den Start gehen darf, dann kann ich das schon feiern."