Fünf bis zehn Medaillen wollte Karl Stoss vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris von den Österreichern sehen. Fünf sind es im Endeffekt geworden.
Angesichts zweier Goldmedaillen und einer schwachen ersten Woche ein Abschluss, der noch zufrieden stimmen konnte.
Besonders, dass der Segelsport nach Sydney 2000 wieder zwei Olympiasiege verbuchen konnte, freute den ÖOC-Präsidenten.
Paris 2024 Österreichs sechstbesten Sommerspiele >>>
Der aber beim traditionellen Schlussfazit schon festhalten wollte: Mehr bringt mehr. "Wäre schön, wenn die eine oder andere Top-Ten-Platzierung (17 gab es, Anm.) noch zu einer Medaille geworden wäre. Aber Olympische Spiele sind kein Wunschkonzert."
Viel Luft nach oben
Dass sich die Erfolge auf drei Sportarten verteilten - Segeln, Klettern und Judo - würde vorhandene Verbesserungspotenziale deutlich aufzeigen.
"Es gibt Nationen, die nicht viel größer als Österreich sind, aber deutlich mehr Medaillen haben. Wir sind dankbar und stolz für fünf Medaillen, aber unser Nachbarland Ungarn liegt bei 19 Medaillen. Auch Neuseeland ist weit vor uns (ebenfalls 19, Anm.)", verwies Stoss auf vergleichbare Nationen, die allerdings eine "klare Spitzensportpolitik" verfolgen würden.
Die Hoffnung auf die Politik lebt auch bei Stoss im Angesicht bevorstehender Nationalratswahlen: "Bei den Koalitionsgesprächen sollte man das Thema Sport nicht zu kurz kommen lassen. Der sollte in Österreich kein Anhängsel sein, wie es in der Vergangenheit war. Der Sport muss mehr in den Mittelpunkt rücken", will der ÖOC-Chef einen "Forderungskatalog" an die kommende Bundesregierung aufstellen.
Mehr Zusammenarbeit mit der Wissenschaft
Auch in Sachen Spitzensportförderung müsse ausgebaut werden. "Wir werden versuchen, noch mehr Förderungen zu bekommen. Aber die Bundesregierung ist kein Christkind. Trotzdem muss man die Forderungen klar artikulieren."
"Vielleicht gibt es einmal eine Bewerbung mit Nachbarländern zusammen, bei denen es Sinn machen würde, einzelne Sportarten auch in Österreich zu veranstalten."
Selbst mit einer klaren Strategie würde es noch Jahre dauern, um an andere Nationen heranzukommen. "Aber man muss einmal damit beginnen."
In den Olympiazentren werde die Zusammenarbeit mit den Universitäten intensiviert, "die Zusammenarbeit mit der Ernährungswissenschaft, der Medizin und die Technik, denn hier kann man entscheidende Hundertstel herausholen, um dann doch ganz vorne zu stehen."
Teamsport soll wieder stärker werden
Stoss' größter Wunsch wäre, endlich wieder eine Mannschaftssportart zu den Spielen zu bringen. Das war letztmals in Sydney 2000 mit den Handballerinnen der Fall.
"Da versagen wir zur Gänze. Andere Nationen, auch kleinere und vergleichbare, haben sehr viele Teams hierher gebracht" - obwohl auch sie auf die wenigen europäischen Qualifikationsplätze angewiesen sind.
Hoffnung, durch die Aufnahme neuer Sportarten ins Programm 2028 Fortschritte zu machen, gibt es kaum, mit der Ausnahme von Flag Football. Auch dort relativiere sich der Erfolg auf europäischer Ebene zwei Größenordnungen höher wahrscheinlich.
"Ich glaube nicht, dass wir massenhaft Lacrosse- oder Softball-Spieler haben. Da zählen wir einfach nicht dazu. Deshalb hat es auch gar keinen Sinn, dort großartig viel zu investieren", winkte Stoss ab.
Der Traum von Spielen daheim ist lebendig
Hoffnung hätten die Spiele in Paris auch für die Idee gemacht, selbst einmal Olympische Spiele zumindest mitzuorganisieren.
"Wir haben in der Infrastruktur einen enormen Nachholbedarf. Aber großartige Sportstätten mit temporären Stadien, das könnten wir auch, gar keine Frage", zeigte sich Stoss von den Stadien vor dem Eiffelturm oder dem Schloss Versailles gleichermaßen beeindruckt wie inspiriert.
"Vielleicht gibt es einmal eine Bewerbung mit Nachbarländern zusammen, bei denen es Sinn machen würde, einzelne Sportarten auch in Österreich zu veranstalten."