Ab Samstag nehmen fünf österreichische Schützinnen und Schützen auf der Olympiaschießanlage in Châteauroux ein großes Ziel ins Visier: Erstmals seit 20 Jahren, als der Tiroler Christian Planer in Athen Bronze holte, sollen die heimischen Schießsportler wieder Medaillen nach Hause bringen.
Olympische Sommerspiele: In diesen Sportarten jubelte Österreich am öftesten >>>
Das letzte Gold liegt überhaupt schon zwei Generationen zurück: Der Vorarlberger Hubert Hammerer (1925-2017) siegte 1960 in Rom in der Disziplin Freies Gewehr Dreistellungskampf.
Strempfl: Olympia-Gold als verfrühtes Geburtstagsgeschenk?
Dass die Schießsportbewerbe in dem 2018 eingeweihten, rund 250 km südlich von Paris gelegenen Schießzentrum Châteauroux stattfinden, ist für die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine zweischneidige Angelegenheit.
"Was die Konzentration anbelangt, ist es sicher ein Vorteil. Das Flair der Olympischen Spiele werden wir dort aber wohl nicht ganz so mitkriegen wie im Olympischen Dorf. Aber mein Plan ist es ohnedies, bis zu meinem Wettkampf die Scheuklappen oben zu haben", sagt Martin Strempfl.
Die Sportstätten der Olympischen Spiele 2024 in Paris
Der Steirer absolviert am Samstag gemeinsam mit der 28-jährigen Olympia-Debütantin Nadine Ungerank mit dem Luftgewehr Mixed Team den ersten Bewerb und anderntags gemeinsam mit Alexander Schmirl die Qualifikation für das Luftgewehr der Männer, für das auf eine 10 Meter entfernte Scheibe 60 Schuss abgegeben werden müssen.
Als Führender der Weltrangliste darf Strempfl als seriöser Medaillenkandidat gehandelt werden. "Aber im Hinblick auf die Spiele habe ich keinen Vorteil dadurch. Ich hab' weder einen Turnierbaum mit den leichteren Gegnern noch eine bessere Startnummer. Wir starten alle bei Null. Die Dichte ist irrsinnig hoch bei uns. Ich glaub', es gibt 20 Schützen, denen ich zutrauen würde, eine Medaille zu machen - und zu denen würde ich mich auf jeden Fall dazuzählen", so Strempfl, der kurz nach seinen beiden Antritten den 40. Geburtstag feiert.
Steiner: "Jeder muss erst einmal einen guten Wettkampf schießen"
Auch die Salzburgerin Sylvia Steiner war lange Weltranglisten-Führende mit der Luftpistole. Erst im letzten Wettkampf vor Olympia hat ihr die Serbin Zorana Arunovic den Spitzenplatz abgejagt.
"Jeder muss erst einmal einen guten Wettkampf schießen. Nach 60 Schuss wird abgerechnet - und dann schauma", gibt sich die 42-Jährige Heeressportlerin im Vorfeld abgeklärt. "Aber es wäre natürlich für alle super, wenn die Schützen wieder einmal vorlegen könnten. Die letzte Goldmedaille ist ja schon ein Zeitel her."
Zwei Weltmeisterschafts-Goldmedaillen hat sie bereits. Und ihre Platzierungen der Olympischen Spiele in Tokio (Platz 15 im Bewerb 10 m Luftpistole, Platz 29 in 25 m Sportpistole) sollte sie jedenfalls verbessern können. In der Luftpistole tritt sie Samstagnachmittag in der Quali an, die Top acht kommen ins sonntägige Finale.
Ungerank legte Medizinstudium auf Eis
Ein rot-weiß-rotes Trio tritt in den Kleinkaliber-Dreistellungs-Bewerben an. Um mit der Weltspitze mithalten zu können, hat Nadine Ungerank ihr fast fertiges Medizinstudium auf Eis gelegt.
"Ich habe alle Prüfungen und Kurse schon gemacht. Die restlichen 40 Wochen Praktika mach' ich dann, wenn meine Sportkarriere vorbei ist, denn das ist mit dem Studium nicht vereinbar."
Auch sie ist Heeressportlerin und hat mit ihrem Training eine 40-Stunden-Woche. "Bei uns geht es ja nicht nur ums Schießen, da geht es um Ausdauertraining, Krafttraining, Mentaltraining, Regeneration, Physio usw. - das ist schon sehr umfangreich geworden, dass man auf dem Level mithalten kann."
Schmirl: "65 bis 70 Prozent können um eine Medaille mitreden"
Mehr als nur mitzuhalten haben sich die beiden Männer vorgenommen, die am 31. Juli in der Qualifikation stehend, liegend und kniend in der 50-m-Freiluftanlage schießen werden.
Der 25-jährige Tiroler Andreas Thum hatte wie manche seiner Kollegen vor einem Jahr einen internationalen Trainingskurs in Châteauroux. "Die Anlage ist wirklich tipptopp. Der Grunddurchgang ist immer im Freien, da muss man auf den Wind schauen, auf Lichtwechsel und Temperaturen. Ins Finale kommen nur die besten acht. Die schießen dann in einer 50-m-Halle. Die Kleinkaliber-Finalhalle ist gewaltig!"
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Im besten Fall tritt Thum im Finale am 1. August neben seinem Landsmann Alexander Schmirl an. Der Niederösterreicher ist zwar aktuell nur Siebenter der vom Tschechen Jiri Privratsky angeführten aktuellen Weltrangliste, ist aber der regierende Weltmeister.
"Nach der Papierform spiele ich sicher eine große Rolle bei dem Event. Allerdings muss man sagen: Die Dichte ist enorm groß, und es können sicher 65 bis 70 Prozent der Starter um die Medaillen mitreden. Man muss einfach schauen, dass man am Tag X sein Rezept bestmöglich auspackt, und dass es dann klappt ..."
Für Verköstigung ist gesorgt
An den Rezepten, die in der Kantine der Athletinnen- und Athleten-Unterbringung in Châteauroux verkocht werden, wird es jedenfalls sicher nicht liegen: Die Österreicher staunten nicht schlecht, als sie feststellten, dass hier, wo für 600 Leute täglich dreimal aufgetischt wird, auch zwei österreichische Köche arbeiten.
So gut sei man schon lange nicht mehr bei einem internationalen Bewerb verköstigt worden, heißt es aus der heimischen Delegation.
Und die kann es beurteilen: Schütze Strempfl ist gelernter Koch und war, als es beim Sportschießen nicht so toll lief, zwischendurch Küchenchef in einer Catering-Firma.