Seglerinnen und Segler sind es gewohnt, dass sie bei Olympischen Spielen oftmals ein Stück vom pochenden Herzen entfernt ihrer Tätigkeit nachgehen. In Frankreich sind es von Paris nach Marseille Luftlinie 660 km, auf Schienen schafft man es mit dem TGV in etwas mehr als drei Stunden.
"Ein bisserl schade"
Österreichs Team hat es sich in der Hafenstadt an der Côte d'Azur nett eingerichtet. Den Wunsch, bei der Eröffnungsfeier dabei zu sein, werden sich nur ein paar erfüllen.
"Es ist Fluch und Segen. Es ist ein bisserl schade, weiter weg zu sein, hat aber auch seine Vorteile. Das große Olympische Dorf ist ja auch eine Challenge", sagte OeSV-Sportdirektor Matthias Schmid im APA-Gespräch.
Die Sportstätte in Marseille bezeichnet er als sehr schön und sehr groß - mit Marina, Strand und Containerpark. Österreich verfügt über zwei Container, in denen aufbewahrt, rumgeschraubt und getüftelt wird.
Paris 2024 hat in Marseille zwei Hotels zu einem quasi kleinen Olympischen Dorf umfunktioniert, eines befindet sich direkt in der Marina, das andere ist zwei Kilometer entfernt und mit dem Rad rasch erreichbar.
Logistische Herausforderung
Zusätzlich hat Österreich noch zwei Häuser in der Nähe angemietet, in einem sollen die Athletinnen und Athleten einen Ruhepol vorfinden, im anderen werden die Betreuer einquartiert. Dort sollen Besprechungen stattfinden, dort soll auch gekocht werden. Hakan macht laut Kitesurfer Valentin Bonus nicht nur super Palatschinken und Kaiserschmarren, sondern auch richtig gute Schnitzel. "In Hyeres habe ich sieben Schnitzel gegessen. Nicht so riesige Dinger, aber jedes so groß wie ein doppeltes Handy. Ich esse immer viel, und ich war ja auch den ganzen Tag auf dem Wasser."
Die Segelbewerbe gehen über zwölf Tage, nicht alle Klassen sind freilich zugleich im Einsatz. Die einen haben gerade ihre Bewerbe, bei den anderen stehen sie bevor, manche sind schon fertig. Das habe man bei anderen Veranstaltungen nicht, erklärte Schmid. "Wir sagen, wir nehmen viel Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse, aber das ganze Team muss auch funktionieren."
Mit den Material-, Technologie- und Meteorologie-Themen sei das Team ein sehr großes, da heiße es auch mit den Akkreditierungen jonglieren. Von mühsam und kompliziert lasse man sich aber nicht bremsen. "Es haben alle Nationen das gleiche Thema. Ich glaube, wir werden es besser lösen als die meisten und wir werden eine sehr gute Unterstützung haben", sagte Schmid. Auch weil man ein Olympisches Komitee habe, das so denke wie der Segelverband.
Eröffnungsfeier nicht für alle möglich
Die Teilnahme an der Eröffnungsfeier wird schwierig für jene, die gleich am Beginn dran sind, denn die Reise nach und von Paris wird strapaziös und langwierig. Letztlich bleibt es aber eine persönliche Entscheidung.
"Wir haben ganz wenig ganz strikte Vorgaben. Wir gehen das gemeinsam in einem Prozess durch, zu 89 Prozent oder mehr kommt man zum selben Schluss. Bei uns steht die individuelle Entwicklung im Vordergrund. Der Segelsport braucht Athletinnen und Athleten, die unglaublich eigenständig Entscheidungen treffen und agieren", erläuterte Schmid.
Für die Kiter beispielsweise, die ab 4. August im Einsatz sind, geht sich die Eröffnungsfeier aus. "Ich fliege am 26. Juli nach Paris zur Eröffnung und dann geht es nach Marseille", sagte Bontus. Auch Lukas Haberl vom Nacra-17-Team mit Tanja Frank hat seine Teilnahme eingeplant. "Es sind meine ersten Spiele, das will ich nicht auslassen."
Schmid überlässt jedem die Entscheidung selbst. "Ein paar würde es sicher stressen, ein paar können vielleicht, auch wenn es anstrengend ist, einen extremen emotionalen Boost mitnehmen." Benjamin Bildstein und David Hussl (49er) erklärten, dass sie gern Teil der Eröffnungsfeier gewesen wären. "Aber wir sind in der ersten Woche dran, aus sportlicher Sicht macht das für uns keinen Sinn. Es ist schade, dass es nicht möglich ist", sagte Bildstein.
Nach der Regatta werde man aber nach Paris fahren und dort den olympischen Flair von anderen Sportarten aufnehmen und bei der Schlusszeremonie die verpasste Eröffnungsfeier ein bisschen "nachholen". Auch Haberl will nach erledigter Arbeit die Stimmung in Paris aufsaugen. Und Frank meinte: "Von der Ablenkung her während der Wettkämpfe bin ich froh, dass ich nicht im Dorf bin. Aber es ist ein bisschen schade, dass wir nicht näher an Paris sind. In Rio war das Österreich-Haus gut besuchbar, das wäre schon mal nett."