Olympia 2024
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Stoss vor Olympia: "Fünf bis zehn Medaillen realistisch"

ÖOC-Präsident Karl Stoss spricht im Interview mit der APA über die bevorstehenden Olympischen Spiele und steckt erste Ziele. Preisgelder lehnt er ab.

Stoss vor Olympia: Foto: © GEPA

Karl Stoss, der Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees, hält bei den Sommerspielen von 26. Juli bis 11. August in Paris "fünf bis zehn Medaillen für durchaus realistisch".

Er sieht im APA-Interview "Paris und Frankreich exzellent vorbereitet" und erwartet "großartige Spiele". Preisgelder lehnt er ab. Schade findet er, dass nicht alle Russland angebotenen Startplätze angenommen werden. Ausgewählten Aktiven war die Teilnahme unter neutraler Flagge gestattet worden.

APA: Großes Team, große Verantwortung, ist das ÖOC bereit?

Karl Stoss: "Es ist eine schöne Verantwortung für ein großes österreichisches Team. Das ist das Schönste, das man erleben darf, wenn man aus möglichst vielen Sportarten möglichst viele Athletinnen und Athleten zu Olympischen Spielen mitnehmen darf. Darauf freuen mir uns."

APA: Es ist das größte Team seit Sydney 2000. Bei doch immer wieder wechselnden Sportarten bleibt die Zahl konstant über 70.

Stoss: "Ja, das zeigt auch die Vielfalt im österreichischen Sport. Es tut mir leid, dass wir in neuen Sportarten wie Breaking nicht dabei sind, aber vielleicht klappt es das nächste Mal. Das wird sicher eine der aufstrebenden Sportarten."

Nun sogar 81! Österreichs Olympia-Teilnehmer in Paris

APA: Tokio war ein Exploit mit sieben Medaillen, die Latte liegt hoch. Hat man den Anspruch, ähnlich zu performen?

Stoss: "Im Leistungssport muss man hohe Ansprüche stellen. Wir fahren nicht einfach hin, nur weil Paris schön ist. Wir möchten möglichst viele Erfolge erleben. Es wäre hervorragend, wenn das mit Medaillen belohnt wird. Wir möchten möglichst viele erringen, aber die Dichte ist enorm und wird immer größer. Was aber auch schön ist am Sport, dass aus vielen Ländern neue Gesichter dazukommen. Das macht es sehr interessant."

APA: Wie viele Medaillen sollen es werden?

Stoss: "Fünf bis zehn ist durchaus realistisch. Aber es kommt auf den Tag X an, auf die Verhältnisse drauf an, auf die persönliche Verfassung drauf an. Erfolge beginnen immer im Kopf, das hat man sehr schön bei der Fußball-Europameisterschaft gesehen. Wenn Menschen auf ein Ziel klar fokussiert und körperlich und geistig drauf eingestellt sind, ist vieles machbar."

APA: Die Geschlechter-Parität ist international gegeben, in Österreich waren 2021 in Tokio mehr Frauen dabei, heuer sind die Männer wieder in der Überzahl.

Stoss: "Ich bin überzeugt, dass wir einmal mehr Frauen als Männer haben werden. Wir sehen das im Jugendsport. wenn wir zu den European Youth Olympic Festivals fahren, sind in der Regel immer mehr Mädchen dabei als Burschen, das wird sich dann nach oben ziehen."

APA: Sie sehen Sie das Vorgehen des einen oder anderen internationalen Fachverbandes, Preisgelder auszahlen zu wollen?

Stoss: "Da bin ich kein Freund davon. Es soll nicht das Geld oder das Materielle im Vordergrund stehen, sondern es soll der olympische Wettkampf im Vordergrund stehen. Der wird mit Medaillen belohnt werden. Ich glaube, das ist Belohnung genug. Wenn man darauf anschließend sehr viele Karrieren sieht, die mit olympischen Medaillen erreicht werden, ist das mehr als gut. Sonst haben wir eine Inflationierung und jeder andere Verband versucht, dem nachzueifern. Das finde ich persönlich nicht gut."

APA: Es werden Ihre letzten Olympischen Spiele als ÖOC-Präsident...

Stoss: "... das werden wir sehen. Ich habe noch eine Periode abzudienen, das ist bis Frühjahr 2025, dann werden wir weitersehen."

APA: Dann kommen wir zum IOC. Da ist jedenfalls die Chance groß, dass es für Sie als Mitglied weitergeht.

Stoss: "Ich bin vorgeschlagen für die Wiederwahl, die wird bei der Session stattfinden. Da geht es auch um die Wahl für die Olympischen Spiele im Winter 2030, 2034."

APA: Rund um die Wahl des letzten ÖOC-Vorstandes, die letztlich erst im September 2023 stattfand, gab es viel Aufregung, überhaupt stand das ÖOC auch medial mehrfach in der Kritik. Auch Sie mussten sich verteidigen.

Stoss: "Wir leben in einer freien Demokratie, das ist eine wunderbare Errungenschaft. Da darf auch jeder seine Meinung äußern. Aber bitte dort, wo es hingehört, in die Gremien. Ich bin ein strikter Gegner, dass es über die Medien ausgerichtet wird, was einem nicht passt. Haltlose Beschuldigungen über die Medien verbreiten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich anzugreifen, finde ich ein absolutes No-Go. Das hat nichts mit Fairness und Respekt zu tun, das sollte auch bei den olympischen Sportfachverbänden ganz oben stehen."

APA: Die Parlamentswahlen in Frankreich sind geschlagen - die politische Lage miteinbetrachtet, wie sehen Sie Frankreich und Paris auf die Spiele vorbereitet?

Stoss: "Es gibt immer unberechenbare Momente. Ich glaube aufgrund der vielen Gespräche, die ich auch mit den Organisatoren geführt habe, dass Paris und Frankreich exzellent vorbereitet sind. Es werden großartige Spiele, die von unglaublich vielen Besucherinnen und Besuchern begleitet werden. Die Euphorie wird riesig sein. Es gibt sehr viele Vereinbarungen, zum Beispiel mit Gewerkschaften. Ich hoffe, dass die alle eingehalten werden. Ich hoffe es sehr für den olympischen Frieden. Es wäre wünschenswert, wenn auf der Welt insgesamt Frieden einkehren würde. Und die Olympischen Spiele wie früher in der Antike dazu dienen, auch Waffenstillstand bei Schlachten einzuhalten. Das wäre für den Weltfrieden ein ganz großes und wichtiges Signal. Das wünschen wir uns als Menschen von Herzen."

APA: Das Internationale Olympische Komitee gewährt Athletinnen und Athleten Startplätze unter neutraler Flagge. Mehrere Fachverbände nehme diese Einladungen nicht an, wie sehen Sie das?

Stoss: "Das finde ich sehr schade, weil man damit einigen sehr talentierten, einigen hervorragend vorbereiteten Athleten und Athletinnen die Chance nimmt. Aber das ist eine Entscheidung eines Landes. Da sieht man, welche Auswirkungen es hat, wenn die Politik eine zu große Rolle spielt, wenn die Politik darüber bestimmt, wer zu Olympischen Spielen fährt und wer nicht. Dann finde ich das ein sehr trauriges Signal. Das sollte keine Folgewirkung haben und hoffentlich nicht auf andere Nationen überschwappen."


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