Olympia 2024
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Vive la révolution: Hier wagt Olympia den Wandel

Das Publikum muss jünger werden. Skateboard, Breaking und Co. sollen es richten. Am Place de la Concorde entsteht dadurch eine alternative Olympia-Atmosphäre.

Vive la révolution: Hier wagt Olympia den Wandel Foto: © getty

Es ist ein leicht bizarrer, aber irgendwie erfrischender Widerspruch: Am Place de la Concorde finden Skateboard, BMX-Freestyle, 3x3-Basketball und Neuzugang Breakdance ihr olympisches Zuhause in Paris 2024.

An diesem geschichtsträchtigen Platz, um den in der französischen Historie so viel gestritten wurde. An dem die blutigste Epoche der Landesgeschichte ihren Höhepunkt fand, mit der Enthauptung von Ludwig XVI., seiner Frau Marie-Antoinette - und über 1.000 weiteren Menschen. 

Ausgerechnet hier sind nun Tribünen, Street-Kurse und dergleichen aufgebaut. Der Obelisk von Luxor und die beiden Brunnen des Platzes sind irgendwie ins Gesamtkonzept eingearbeitet, stehen ein wenig verloren in der Gegend, in der die Aufmerksamkeit sonst nur ihnen gehört.

Ein beliebtes Fotomotiv sind sie immer noch, aber das fotografierende Publikum im Durchschnitt deutlich jünger als sonst.

Nicht der pure Olympia-Ernst

Hier ist die Olympia-Atmosphäre eine ganz andere. Jugendlicher, klar. Aber einfach entspannter. Von der musikalischen Untermalung bis zum Umgang der Athletinnen und Athleten miteinander sowie ihrem Spiel mit dem Publikum.

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

Hier soll bei aller olympischen Ernsthaftigkeit, bei allem Ehrgeiz auch etwas geboten werden. Unterhaltung auf allen Ebenen.

Die Finali im BMX-Freestyle stehen an. Je neun Rider, jeder hat zwei Läufe á 60 Sekunden. Der besser bewertete Lauf zählt. Damit besteht bis zum allerletzten Run noch die Möglichkeit, dass sich die Gold-Entscheidung verschiebt.

Es gibt was zu sehen

In einer knappen Stunde ist das Spektakel erledigt, Verschnaufpausen gibt es nur beim Warten auf die Jury-Bewertung. Nicht nur Schwierigkeit, auch Sauberkeit des gebotenen Programms werden bewertet.

Dazwischen: Rotationen und Sprünge in alle möglichen Richtungen der drei Dimensionen.

Und auch der eine oder andere ziemlich heftige Sturz, die diesmal aber allesamt glimpflich ausgehen. Nur jener des Franzosen Anthony Jeanjean trübt die Stimmung kurz gewaltig. Gleich den ersten Trick seines Runs verhaut der Liebling der Massen. Die auch diese olympische Venue beinahe ausverkaufen. 

Am Ende einer wirklich unterhaltsamen Stunde voller "ooohs" und "aaahs" gibt es bei den Männern einen argentinischen Sieg. José Torres Gil legt gleich zwei geniale Läufe hin, ein enormer Score von 94,82 macht ihn unantastbar. Für Jeanjean gibt es durch einen guten zweiten Run noch Bronze.

Einmal mehr: Gen Z gegen die Alten

Vorne die Skater, hinten der Obelisk
Foto: © getty

Es ist wenig subtil, was das IOC mit der Aufnahme ins Programm all jener Sportarten, die hier stattfinden, bezwecken will: Eine Verjüngung des Publikums. Denn die olympische Fan-Base ist im Durchschnitt bereits relativ alt.

Sich anpassen oder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden - Olympia will lieber den ersten Ansatz wählen. Bei Puristen stößt das auch auf Ablehnung.

Aber Sport-Fans sind divers, beim Andrang scheinen die Trendsportarten keinen Deut schlechter aufgestellt zu sein. Und am Place de la Concorde braucht es auch ein gewisses Maß an Durchhaltevermögen, denn die Bedingungen für die Zuschauer sind weniger spaßig. Schatten? Auf den Tribünen nicht die Spur davon. Und das an den heißesten Tagen des Jahres. Abgeschreckt wird davon niemand.

Schon gar nicht die Kinder, die hier deutlich zahlreicher auftauchen als bei anderen Sportarten. Bei den Allerjüngsten scheint die Strategie des IOC durchaus aufzugehen.

Alle Augen auf Breakdance

Wer weiß, wie lang es dauern wird, bis sie selbst auf dieser neuen - olympischen - Bühne stehen. Die Siegerinnen im Street-Bewerb der Skateboard-Frauen waren 14, 15 und 16 Jahre alt.

Foto: © getty

Auch in dieser Hinsicht werfen die neueren Sportarten Extreme auf. Extrem, X - der Faktor, der einst den X-Games ihren Namen gab. Kamen sich die beiden Events bislang nicht in die Quere, werden die Schnittpunkte zwischen Olympia und den alternativen Spielen in Zukunft deutlich größer werden.

Für die Sportarten eine Chance, neue Zielgruppen zu erschließen. Am Ende des Tages ist die olympische Bühne eine unerreicht große.

Ob die Rechnung für das IOC auch aufgeht, wird erst die langfristige Perspektive offenbaren. In der Gesamtwahrnehmung der Spiele stellen die alternativen Sportarten schon noch eine Randerscheinung dar.

Das könnte für die olympische Premiere des Breaking am Schlusswochenende nicht gelten. Mit diesem Sport geht Olympia noch einmal einen Schritt weiter, der erste Bewerb wird die Augen auf sich ziehen. Ob die Wahrnehmung eine positive ist, wird sich zeigen.

Falls ja, könnte der Place de la Concorde schon wieder zu einem wichtigen Schauplatz einer Revolution werden. Die nächste steht mit der abgesegneten Einführung von Olympischen Spielen im eSports schon an.

Die Sportstätten der Olympischen Spiele 2024 in Paris

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