Olympia 2024
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Wie funktioniert Synchronschwimmen? Die Alexandris erklären

Der Sport ist durch die Schwestern wieder im Rampenlicht und Medaillenhoffnung. Was bewertet wird, worauf sie achten und wie die Kräfteverhältnisse aussehen.

Wie funktioniert Synchronschwimmen? Die Alexandris erklären Foto: © getty

Österreichs größte Gold-Hoffnung bei den Olympischen Spielen in Paris 2024? Das Synchronschwimmen.

Verantwortlich dafür ist ausschließlich ein Drillings-Trio: Anna-Maria, Eirini-Marina und Vasiliki Alexandri. Im Alter von 14 Jahren aus Griechenland nach Österreich gekommen, sind die nun 26-Jährigen die Aushängeschilder des Sports.

Nicht nur hierzulande. Anna-Maria und Eirini-Marina sind als Duett amtierende Weltmeisterinnen, Vasiliki seit einigen Wochen im nicht-olympischen Solo zweifache Europameisterin.

"Früher haben wir immer getauscht. Aber weil wir von der Körperstruktur besser zusammenpassen, sind wir das Paar geblieben", erklären Anna-Maria und Eirini-Marina LAOLA1.

Ihre Schwester hat aber nach wie vor auch im Duett ihren Beitrag: "Sie unterstützt unsere Trainerin, weil zwei andere Augen noch mehr sehen. Und finden kann man immer etwas."

Eine (fast) vorgegebene, eine freie Show

Wie funktioniert die Sache eigentlich?

Im Synchron-Duett gibt es zwei Küren zu absolvieren: Die technische und die freie Kür. Erste steigt am Freitag, zweite am Samstag (jeweils 19:30 Uhr), das Gesamtergebnis ergibt sich aus beiden Abschnitten.

 

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

In der technischen Kür sind fünf Elemente vorgegeben, die in beliebiger Reihenfolge gezeigt werden müssen. Dazu kommen zwei hybride - also frei wählbare - und ein akrobatisches Element, die auch frei in die Choreographie eingearbeitet werden können.

In der freien Kür werden sieben hybride und zwei akrobatische Elemente gezeigt. 

Zwischen den einzelnen Elementen gibt es noch die Transitionsphasen, die auch bewertet werden.

Schwierigkeitsgrad fließt ein

Die Duette geben den Wertungsrichtern ihre Vorhaben preis, daraus ergibt sich ein Schwierigkeitsgrad, der in die Bewertung einfließt. Ähnlich wie beim Turnen "an Land".

Werden Elemente ausgelassen, gibt es eine Strafe, eine "Basemark" - ein schwerwiegender Bewertungsfaktor im Kampf um die Medaillen.

Speziell die hohe Gewichtung der technischen Elemente und ihrer Ausführung sollen den Sport objektiver bewert- und von außen leichter nachvollziehbar machen.

Worauf die Alexandris achten müssen

"Wir achten auf die Höhe, den Stand im Wasser, die Körperspannung, die Synchronisation und die Präsentation. Wir müssen es leicht aussehen lassen, auch wenn es das in der Realität nicht ist", erklären die Alexandris die athletischen Schwerpunkte ihrer Sportart.

Dabei laufen im Kopf stets die Sekunden mit, die als Anhaltspunkt dienen. Zu 70 Prozent wird auf die eigene Performance geachtet, zu 30 Prozent wird sich an der Partnerin orientiert.

Anna-Maria, Eirini-Marina und Vasiliki
Foto: © GEPA

Dazu müssen die Anhaltspunkte im Becken und rundherum gut im Gedächtnis sein. Vor dem Wettkampf in Paris stehen dafür nur zwei Trainings zur Verfügung.

"Bei einer Weltmeisterschaft haben wir dafür drei oder vier Tage. Aber das ist für alle so. Wir kennen das Becken schon, daher ist es leichter zu visualisieren", zucken sie mit den Schultern.

In den Becken selbst herrsche immer ein anderes Gefühl. Jenes in Paris sei tiefer als das Trainingsbecken, das Wasser fühle sich "leichter" an - ergo ermögliche einen höheren Stand darin.

Die Elemente haben sie alle drauf

Viel Zeit werde aufgewendet, sich Gedanken über die Choreographie zu machen. "Darüber haben wir uns schon das ganze Jahr über Gedanken gemacht. Seit März, April hatten wir eigentlich keine Freizeit mehr", waren besonders die letzten Monate hart.

Bis zu zehn Stunden pro Tag werden in die Feinarbeit investiert. Feedback von den Wertungsrichtern wurde auch berücksichtigt.

"Bis man die richtige Balance zwischen Schwierigkeit und artistischer Impression sowie der Ausführung findet, dauert es ein bisschen", zeigen die Alexandris einen Schlüsselfaktor ihrer Vorbereitung auf.

"Aber wir wollen nicht so denken, dass es ein Muss ist. Wenn uns die nicht gelingt, wäre es auch keine Strafe. Wir haben schon Sachen geschafft, die man nicht einfach so gewinnt."

Über den Medaillen-Druck

Zumindest seien Adaptionen an der Choreographie schnell umgesetzt. Grundelemente des Synchronschwimmens würden alle Sportlerinnen beherrschen, im Gegensatz zum Turnen, wo etwa nur eine Simone Biles in der Lage ist, bestimmte Elemente zu zeigen.

Jede Änderung birgt aber das Risiko, eingeübte Automatismen neu einprägen zu müssen: "Das hat man auch bei der Weltmeisterschaft gesehen, dass Sportlerinnen etwas vergessen oder verwechseln."

Dazu kommt noch die Auseinandersetzung mit den Kostümen und der Musik, die aber zum Teil von einem Choreografen ausgesucht und von einem weiteren Experten aufbereitet wird.

Karten werden nicht aufgedeckt

Vor Paris hätten die Alexandris vor allem an der Artistik gearbeitet, speziell in der technischen Kür Änderungen vorgenommen. Gut vorbereitet fühlen sich die Schwestern, ob ihre Pläne aufgehen, ist vorab jedoch schwer abzuschätzen.

"Bei den letzten Wettkämpfen hat keiner alles gezeigt, alle haben auf die olympischen Spiele gewartet. Das zeigt sich auch im Teambewerb - alle haben die Schwierigkeit erhöht", tun sich die Alexandris mit der Einschätzung schwer.

Ein höherer Schwierigketsgrad würde aber ohnehin nicht automatisch zu besseren Chancen führen, die saubere Ausführung sei schon wichtiger. Sowieso haben sie sich selbst ein Verbot mit der Auseinandersetzung mit der Konkurrenz erteilt.

Medaille kann, aber muss nicht sein

Und wie sieht es mit dem Druck aus? Das ist so eine Sache. Der Weltmeister-Status gebe Selbstbewusstsein, hätte im olympischen Wettkampf aber nichts zu bedeuten.

Vom Niveau her seien sie selbst zusammen mit den Duos aus China und Japan die größten Favoritinnen, aber eine Basemark kann sich sehr kostspielig auswirken und vieles ändern.

Auch Erwartungen von außen sollen keine schwierigere Ausgangsposition schaffen. Eine Medaille sei der Wunsch. "Aber wir wollen nicht so denken, dass es ein Muss ist. Wenn uns die nicht gelingt, wäre es auch keine Strafe. Wir haben schon Sachen geschafft, die man nicht einfach so gewinnt."

Alleine den Gedanken an eine Medaille hegen zu können, wäre schon groß. Wichtig ist für sie nur: "Wir sehen, dass wir gut drauf sind, das Niveau dafür haben. Das einzige, was fehlt: Dass wir es jetzt auch noch zeigen."

Nicht nur sich selbst, sondern einem ganzen Land - das am Wochenende an zwei Abenden auch einmal auf eine Sportart blickt, die erst durch die Alexandris wieder Aufmerksamkeit bekommt.

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