Am Samstag feiert Red Bull seinen 30. Geburtstag. Vor allem als Sponsor von Trend- und Extrem-Sportarten ist der Getränkekonzern seit vielen Jahren nicht mehr wegzudenken.
Die rot-weiß-rote BMX-Größe Senad Grosic war einer der ersten Athleten, der um die Jahrtausendwende in den Genuss eines offiziellen Red-Bull-Vertrags kam. Mittlerweile haben alleine in Österreich um die 40 Sportler diesen Status inne, weltweit sind es über 600 (ohne Mannschafts-Sportarten).
„Für mich haben sie das Sponsoring neu erfunden. Bei Red Bull gehört man wirklich zu einer Familie, die sich quasi um einen kümmert“, blickt der 38-jährige Tullner im großen LAOLA1-Interview auf die erfolgreiche und immer noch währende Zusammenarbeit mit dem Milliarden-Konzern zurück.
Dabei spricht er über den schwierigen Beginn seiner Karriere, seine langjährigen Kämpfe mit Parkplatz-Wächtern, seine etwas kuriose erste Begegnung mit Boss Didi Mateschitz und emotionale Erfahrungen mit jungen Nachwuchs-Athleten.
Außerdem gibt „der Senator“ Einblicke in den professionellen Aufbau des RB-Sportbereichs und er erklärt, was Red Bull von anderen Sponsoren unterscheidet und wieso er nichts gegen den Begriff der „Funsportart“ hat.
Wer sich von den Fähigkeiten von Senad Grosic selbst überzeugen möchte, hat übrigens an diesem Wochenende am Wiener Rathausplatz die Gelegenheit dazu. Vom 1. bis 2. April wird er bei „Senad’s School2Rock“ 16 talentierten Nachwuchsfahrern neue und spektakuläre Tricks näherbringen.
LAOLA1: Wie hat deine Karriere als Red-Bull-Athlet begonnen?
Senad Grosic: Das war um das Jahr 2000 herum, als ich sehr viele Contests - eigentlich sogar die meisten – gewonnen habe. Red Bull war damals noch nicht so präsent wie heute und deshalb hatte ich die auch gar nicht wirklich als Sponsor auf dem Schirm. Das erste Treffen war ziemlich cool: Wir haben uns beim McDonald’s am Handelskai getroffen und meine größte Sorge war, dass ich es mit meinem alten Auto überhaupt dort hin schaffe. Wir waren sofort auf derselben Wellenlänge und so haben wir uns schnell geeinigt. Die Freude über die Zusammenarbeit wurde bei mir immer größer, als ich gesehen habe, wie eng diese Verbindung wird. Bei Red Bull gehört man wirklich zu einer Familie, die sich quasi um einen kümmert. Ich hatte schon vorher Sponsoren, bei den meisten lief es aber so ab, dass man Geld oder Schuhe oder sonst irgendetwas bekommt und das war es dann. Bei Red Bull kannst du dich verwirklichen. Die rufen dich an und interessieren sich ernsthaft für das, was du machst. Sei es ein gefahrener Contest oder ein neuer Trick, den du erfunden hast. Für mich haben sie das Sponsoring neu erfunden, weil es dadurch extrem persönlich geworden ist. Ich habe Pläne zusammengestellt, wo ich fahren will und die haben mich auf diesem Weg voll unterstützt. Die leben einfach für den Sport und freuen sich für mich mit.
"Wir waren so etwas wie die Rock‘n Roller, die auch mal etwas gefeiert haben. Die heutigen Kids fahren zum Contest, schlafen dort und fahren wieder heim und trainieren weiter."
LAOLA1: War das dein Startschuss zum Profi bzw. wäre dir das ohne Red Bull überhaupt gelungen?
Grosic: Ja, aber wahrscheinlich erst später. Mit Red Bull hatte ich einen Partner, der mir alles gegeben hat, um besser zu werden. So hat er sich nicht nur um meine körperliche Fitness gekümmert, sondern mir auch Dinge wie zum Beispiel ein Schaumstoffbecken (Anm.: Trainingsgerät, um Sprünge zu trainieren) finanziert. Der Weg war dank Red Bull einfach geebneter und dadurch ist es natürlich viel schneller gegangen. Es war auf jeden Fall der Sprung ins Profileben. Ich habe zwar noch einige Zeit in einem Radgeschäft Teilzeit gearbeitet, es sind dann aber immer mehr Shows und Contests geworden, bis ich an einem Punkt war, an dem ich wusste: Es geht sich aus, wenn ich mich nur mehr auf den Sport konzentriere. Und das ist zum Glück bis heute so.
LAOLA1: Und du warst ja wirklich von Beginn weg dabei.
Grosic: Genau. Weltweit war ich einer der ersten BMX-Fahrer, die Red Bull gesponsert hat. Es war erst der Anfang, als sie mit den Extrem-Sportarten begonnen haben. Heute wünscht sich jeder, dass er bei Red Bull einen Vertrag bekommt und die Kids machen fast alles dafür. Früher war man unter hundert Leuten vielleicht zu zweit mit einem RB-Helm. Mittlerweile ist die Firma viel größer geworden und auch in vielen anderen Sportarten vertreten. Trotzdem ist es noch etwas Besonderes.
LAOLA1: Ein Vorzeigeprojekt ist das Trainingszentrum in Thalgau. Wie sind deine Erfahrungen damit?
Grosic: Anfangs war ich noch in Wien, Thalgau wurde erst später in Betrieb genommen. Damals wusste ich noch nicht, wie gut die Leute sind, die dort arbeiten. Als Trendsportler ist man nicht unbedingt der größte Fan von Ausdauer-Sportarten. Ich mache es, aber ich hasse es noch immer (lacht). Die heutigen jungen Trendsportler trainieren allerdings alle schon sehr hart und sehr professionell. Es geht immer mehr in diese Richtung. Die Luft wird immer dünner und oft entscheidet mittlerweile einfach die Kondition über Sieg oder Niederlage. Früher waren die Trendsportler noch mehr Outlaws. Wir waren so etwas wie die Rock‘n Roller, die auch mal etwas gefeiert haben. Die heutigen Kids fahren zum Contest, schlafen dort und fahren wieder heim und trainieren weiter. Bei uns war das noch ein bisschen anders, umso mehr taugt es mir aber, dass ich diesen für mich schwer zu erlernenden Ausdauer-Part irgendwann mal übernommen habe. Viele haben schon dagegen gewettet. (lacht)
LAOLA1: Diese Professionalisierung wurde wahrscheinlich auch teilweise durch Red Bull forciert, eben durch so eine Top-Einrichtung wie Thalgau.
Grosic: Sicher, du kriegst dort einfach die wahren Daten über dich und siehst sofort, dass du doch nicht so super bist, wie du glaubst. Du bekommst einen kompletten Trainingsplan zusammengestellt, der dir hilft, deine Schwächen auszumerzen. Das spürst du dann auch, wenn du am Rad fährst. Für die richtig harten Tricks, brauchst du einfach die Puste, um das stehen zu können. Ich bin sehr froh darüber, dass ich das angenommen habe. Du hast dadurch ja auch weniger Verletzungen, wenn du voll durchtrainiert bist. Das hilft extrem.
LAOLA1: Wie ist deine Meinung über Didi Mateschitz?
Grosic: Mein erstes Treffen mit ihm war in Thalgau, als wir nebeneinander auf dem Rad saßen. Damals habe ich gedacht, dass das ein Air-Race-Pilot oder so etwas ist – ich war damals noch sehr jung und er noch lange nicht so bekannt wie heute. Er war ziemlich cool und total normal. Erst danach hat mir dann der Trainer gesagt, dass das „der Chef“ war. Ich kenne ihn aber nicht so gut. Man trifft sich halt ab und zu einmal zum Smalltalk. Ihm ist der Sport aber mit Sicherheit eine Herzensangelegenheit. So etwas kann man nur aufziehen, wenn man das, was man macht, auch liebt.
LAOLA1: Hat sich nach dem Einstieg von Red Bull in den Fußball für euch etwas verändert?
Grosic: Es gibt zum einen die Red-Bull-Athleten und zum anderen die Mannschaftssportarten wie Fußball oder Eishockey. Mit Letzteren haben wir nicht so viel zu tun, für uns hat sich aber nicht so viel verändert. Es ist auf jeden Fall fein, wenn wir zu Salzburg-Heimspielen eingeladen werden. Da fahre ich immer wieder gerne hin und treffe auch gerne Andi Ulmer, der ein wirklich cooler Typ ist. Ebenso beim Eishockey. Man hat da einfach einen Bezug zu diesen Teams, weil sie vom gleichen Sponsor sind. Das ist eben alles eine Familie.
LAOLA1: Red Bull engagiert sich auch sehr stark im Nachwuchsbereich. Ist das bei Trendsportarten, die noch nicht so sehr in der Breite angekommen sind, doppelt wichtig?
Grosic: Die haben das in diesen Bereichen sicherlich revolutioniert. BMX, Skaten – diese Sportarten waren zwar vorher schon präsent, sie haben dadurch aber an Bedeutung gewonnen. Es gibt zum Beispiel das Programm „Under my Wing“, bei dem ich wohin geschickt werde und dort versuche, den Leuten nachhaltig zu helfen. So habe ich zum Beispiel in Namibia mit den Leuten dort eine Rampe gebaut, die dann auch dort stehen bleibt und die Kids wissen nachher auch, was sie brauchen, um wieder eine Rampe bauen zu können. Ich versuche den jungen Menschen in diesen Workshops immer zu zeigen, dass nichts unmöglich ist, wenn man etwas wirklich will. Red Bull unterstützt diese Ideologie und das finde ich einfach toll! Um noch einmal zum Beispiel Namibia zurückzukommen: Einer wollte es dort wirklich wissen, hat drei Jahre lang extrem hart trainiert und sich toll weiter entwickelt. Erst vor ein paar Wochen wurde er als erster Sportler aus seinem Land ein Red-Bull-Athlet. Als ich ihm seinen eigenen Red-Bull-Helm übergeben durfte, sind ihm die Tränen gekommen. Das war richtig emotional. Auch für mich.
LAOLA1: Wie geht Red Bull mit altgedienten Recken wie dir um? Irgendwann muss sich schließlich jeder Sportler mit dem Ende seiner aktiven Karriere auseinandersetzen.
Grosic: Darüber habe ich mit meinen 38 Jahren natürlich auch schon oft nachgedacht. Ich bin jetzt schon 16 Jahre bei Red Bull und die sind wirklich immer hinter mir gestanden und haben sich meine Pläne angehört und diese dann unterstützt. So helfen sie mir auch bei solchen Projekten wie „Senad’s School2Rock“.
LAOLA1: Stört es dich eigentlich, dass es immer noch den Begriff der „Trendsportart“ gibt? Werden BMX und Co. auch in 50 Jahren noch „Trendsport“ sein?
Grosic: Wahrscheinlich hört sich „Trendsport“ einfach für die Journalisten so cool an. Ein Trend ist natürlich eher etwas Kurzlebiges, aber stören tut es mich nicht. BMX gibt es seit den 70er Jahren – das ist also schon ein verdammt lang anhaltender Trend. Ich habe auch nichts gegen den Begriff „Funsportart“. Ich habe ja auch viel Spaß dabei – wenn ich nicht gerade am Heimtrainer sitze oder es mich voll zerlegt. Was ich nicht bin, ist ein „Adrenalin-Junkie“. Mit diesem Wort kann ich nichts anfangen. Wir üben diese Sprünge ja tausend Mal und monatelang im Schaumstoffbecken, bis ich es einmal wirklich probiere. Das ist einfach nur Training.
LAOLA1: Viele Jahre wurden diese „Trendsportarten“ belächelt. Wie sehr hat sich dieser Umstand verändert?
Grosic: Ich finde es cool, dass diese Sportarten mittlerweile eine Akzeptanz haben, die sie vorher nicht hatten. Die Leute sind halt meist gegen neue Sachen. Auch die Snowboarder waren anfangs die Pistenrowdys und jetzt sind sie olympisch. Ich kann mich auch noch an Zeiten erinnern, als mich Parkplatz-Wächter und Gemeindebedienstete von Parkplätzen vertrieben haben, nur weil ich dort fahren wollte. Dabei habe ich ihn gar nicht gestört, sondern er wird sich nur gedacht haben: „Was macht der da mit dem Rad'l? Aber was er auch macht: Bei mir sicher net!“ Halt so richtig österreichisch (lacht). Wenn jetzt die Anna Gasser bei den X-Games so richtig abräumt, hat das mittlerweile schon einen ganz anderen Stellenwert für die Österreicher, die heute mehr Trendsportarten schauen als früher. Das merke ich schon, wenn ich auf einen Skatepark gehe und dort mit den Kids rede. Die können alle Tricks per Namen benennen. Mittlerweile bringen die Eltern ihre Kinder zum Skatepark und lassen sie dort austoben. Das war immer so ein Traum von mir, der sich jetzt erfüllt hat. Als wir begonnen haben, hat es noch gar keine Skateparks gegeben – da gab es nichts! Wir haben unsere Rampen selbst gebaut.
LAOLA1: Damals wird auch der Berufswunsch des BMX-Profis als ziemlich exotisch gegolten haben, oder?
Grosic: Als ich damals meinen Teilzeit-Job gekündigt habe, war meine größte Sorge: „Was sage ich jetzt der Mama?“ Meine Eltern haben es aber ganz gut verkraftet. Wahrscheinlich haben sie gedacht, er soll jetzt einfach mal erwachsen werden und dann schauen wir weiter. Aber auch sonst haben mich die Leute meistens zwei Mal nach meinem Job gefragt, weil sie es beim ersten Mal nicht glauben konnten. Irgendwie habe ich das aber auch immer verstanden. Der erste professionelle Tennis-Spieler wird wahrscheinlich auch für hochgezogene Augenbrauen gesorgt haben.