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Gall über Drege: "Es ist einfach unglaublich tragisch"

Der Tiroler liegt bei der Tour de France aktuell auf Rang 17. Im APA-Interview spricht er über den bisherigen Verlauf und gibt Einblicke in seine Gefühlswelt.

Gall über Drege: Foto: © GEPA

Aktuell weist er 6:06 Minuten Rückstand und Zwischenrang 17 auf. Das sind die nackten Zahlen nach den ersten neun Etappen der Tour de France für Österreichs Rad-Ass Felix Gall.

Der 26-jährige Osttiroler zog am ersten von zwei Ruhetagen bei seiner zweiten "Großen Schleife", bei der er im Vorjahr u.a. mit dem Sieg auf der Königsetappe und Gesamtrang acht für Furore gesorgt hat.

Sie haben die ersten 9 Etappen hinter sich gebracht. Wie sieht Ihre Zwischenbilanz aus?

Felix Gall: "Das Zeitfahren war ein bisserl frustrierend, weil ich da immer noch Probleme gehabt habe, wo wir gedacht haben, die haben wir jetzt im Griff. Das ist der einzige Rückschlag, aber grundsätzlich ist es auch eine sehr spezielle Tour bisher. Insofern, dass es noch keine Bergankunft gegeben hat, viele Sprint-Etappen auch mit der Gravel-Etappe gestern, das war ein extrem stressiger Tag. Da bin ich sehr froh, dass der dann so gut ausgegangen ist. Grundsätzlich fühle ich mich sehr gut, die Stimmung ist gut, auch im Team. So weit, so gut."

Wie sehen Sie sich nach der intensiven Höhenvorbereitung von den Kräften her im Vergleich zum Vorjahr?

Gall: "Das ist schwierig einzuschätzen. Der Unterschied war letztes Jahr, dass ich Probleme gehabt habe, in die Tour reinzukommen. Heuer auf den Galibier (4. Etappe, Anm.) habe ich mich sehr gut gefühlt, auch in Florenz war das okay, es war natürlich mit der Hitze eine Herausforderung. Auf den Etappen, wo es gezählt hat bisher, habe ich mich sehr gut gefühlt. Auch gestern waren es weniger die Beine als der Stress, das Ganze rundherum, das war die Herausforderung. Ich fühle mich auf jeden Fall gut und ich kann sagen, es ist alles so wie es sein soll."

Gibt es etwas, was Sie bei der bisherigen Tour besonders überrascht hat?

Gall: "Die ersten zwei Tage waren speziell, weil sie von einer Ausreißergruppe gewonnen worden sind. Gestern war es extrem stressig (die Gravel-Etappe, Anm.), aber die Tage davor war es letztes Jahr stressiger. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich heuer weiß, was mich erwartet. Es hat bis jetzt nur eine wirkliche Berg-Etappe gegeben und das war keine Bergankunft in dem Sinne."

Es ist für Sie also noch alles drinnen, was Sie sich vor der Tour erhofft haben?

Gall: "Das sehe ich auf jeden Fall so. Es ist ein bisserl zäh. Ich bin sehr froh, dass die ersten neun Etappen so verlaufen sind. Ich will jetzt halt einmal endlich in die Berge, dass ich wirklich auch weiß, was möglich ist oder wo ich wirklich stehe. Für mich ist es soweit alles im grünen Bereich, auch im Team haben wir eine gute, noch entspannte Stimmung, weil die harten Etappen, die kommen alle erst."

Wenn Sie von der Stimmung sprechen, muss ich diese ein bisschen trüben. Sie haben die Tragödie bei der Österreich-Rundfahrt natürlich mitbekommen.

Gall: "Es ist ein sehr schwieriges Thema, da weiß keiner so richtig, was er sagen soll oder die richtigen Worte zu finden. Da tue ich mir schwer, es ist einfach unglaublich tragisch."

Am (heutigen) Montag hat Jonas Vingegaard berichtet, dass er nach seinem Sturz im April Todesangst gehabt und an eine Karriere-Ende gedacht hat. Seine Leistung bei dieser Tour ist damit wohl noch höher einzuschätzen, oder?

Gall: "Es ist unglaublich beeindruckend. Hätte ich mir nie und nimmer gedacht, egal wie es weitergeht, aber was er bisher schon gezeigt hat, dass er auf dem Level fahren kann nach der Vorbereitung, ist extrem beeindruckend. Ich persönlich finde es überhaupt nicht überraschend, dass er da Gedanken gehabt hat, aufzuhören. Ich glaube, es ist sehr individuell. Manche Leute denken weniger nach als andere, aber wenn man (so etwas) sieht (wie) bei der Österreich-Rundfahrt, es ist halt ein sehr risikoreicher Sport. Es ist schon schwierig manchmal, dass man die Angst und den Respekt überwindet und dann vorne mitfahren kann."

Sind Sie jemand, der sich leichter tut, so etwas auszublenden?

Gall: "Nein, gar nicht. Ich glaube, das ist dann auch die Kombination, was vielleicht einen Pogacar ausmacht. Der hat eine unglaubliche Physis und fährt mit einer Risikobereitschaft, - das meine ich überhaupt nicht negativ -, dass der einfach bereit ist, das Risiko einzugehen oder das Können hat, das alles richtig einzuschätzen. Das macht dann noch einmal den Unterschied aus."

Blicken Sie in die zweite Tour-Woche, was ist da herausragend?

Gall: "Am Mittwoch ist die erste schwerere Etappe wieder mit über 4.000 Höhenmeter und dann am Sonntag haben wir die Königsetappe mit 4.900 Höhenmeter. Der Mittwoch wird schon sehr interessant, eher vermutlich für die Ausreißer und dann Samstag, Sonntag mit zwei Bergankünften."

Stichwort Königsetappe: da kommen ja gute Erinnerungen auf. Darf man sich auf einen Felix Gall im Attacke-Modus freuen?

Gall: "Ja, mittlerweile habe ich doch schon ein paar Minuten Rückstand, wenn man aufs Gelbe Trikot rechnet. Gesamtwertung ist auf jeden Fall das Ziel, aber jetzt habe ich etwas mehr als sechs Minuten Rückstand, jetzt kann man dann in eine Fluchtgruppe gehen. Aber schon mit Priorität Gesamtwertung und eher kalkuliert. Ich möchte einfach mal in die Berge und schauen, was möglich ist."

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