Der neue "Bergkönig" Felix Gall hat sich auf der ersten Pyrenäen-Etappe der diesjährigen Tour de France in Szene gesetzt.
Der Osttiroler sicherte sich am Mittwoch auf der 5. Etappe die Führung in der Bergwertung und darf somit das gepunktete Trikot überziehen.
Der 25-Jährige aus dem AG2R-Team klassierte sich nach 163 km von Pau nach Laruns als Etappen-Dritter. Der australische Tagessieger Jai Hindley (Bora) übernahm das Gelbe Trikot des Gesamtführenden.
Von den Tour-Favoriten überzeugte Vorjahressieger Jonas Vingegaard als Fünfter. Sein wohl härtester Konkurrent Tadej Pogacar überquerte die Ziellinie mit über einer Minute Rückstand auf den Dänen und musste damit einen empfindlichen Dämpfer hinnehmen. In der Gesamtwertung liegt Vingegaard nun 47 Sekunden hinter Hindley, dem vorjährigen Gewinner des Giro d'Italia, auf Rang zwei. Gall ist als bester Österreicher mit knapp über sechs Minuten Rückstand auf Platz 29 zu finden.
Gall: "Ich dachte, ich nehme die Bergwertung mit, dass ich zumindest irgendwas habe"
Gall hatte schon bei der durch den tödlichen Sturz des Schweizers Gino Mäder tragisch verlaufenen Tour de Suisse überzeugt, am Mittwoch zeigte er auf der ganz großen Bühne seine Form. Die Etappe nahm schnell an Fahrt auf, die Haupt-Leidtragenden des Höllentempos waren die Sprinter, die schnell abreißen lassen mussten. Gall konnte das Tempo mitgehen und bestimmte am ersten Gipfel das Geschehen.
Der ehemalige Junioren-Weltmeister gewann am Col de Soudet eine Bergwertung der höchsten Kategorie (Hors Categorie). Dies war vor ihm aus rot-weiß-roter Sicht nur Georg Totschnig im Jahr 2005 am Col de Pailhères gelungen.
Gall attackierte am Anstieg und setzte sich im dichten Nebel mit 15 Sekunden Vorsprung auf die ersten Verfolger durch. Einige Sekunden dahinter erklomm auch Gregor Mühlberger den Gipfel. Im Plan war die Attacke laut Gall gar nicht vorgesehen. Ziel sei zunächst gewesen, in eine Fluchtgruppe zu kommen. "Ich dachte, ich nehme die Bergwertung mit, dass ich zumindest irgendwas habe."
Eine vier Minuten vor dem Hauptfeld fahrende, 17-köpfige Gruppe schloss sich nach der Abfahrt zusammen, ehe erneut Attacken lanciert wurden. Vor der dritten Bergwertung des Tages am Col de Marie Blanque war Gall wieder ganz vorne, zunächst gemeinsam mit Hindley, ehe ihn der lange von Bora-Kollege Patrick Konrad unterstützte Australier abhängen konnte. Hinter Gall attackierte am Anstieg Vingegaard, der Pogacar stehen ließ.
Gall nach "verdammt schwerem Tag" zufrieden
Der Titelverteidiger aus dem Jumbo-Visma-Team schloss in der Abfahrt dann zu Gall auf, während Hindley ganz vorne dem Sieg entgegen radelte. 32 Sekunden landete er schlussendlich vor seinen Verfolgern. Pogacar fehlten als Achtem der Etappe am Ende 1:04 Minuten auf Vingegaard.
Gall bilanzierte zufrieden: "Es war ein verdammt schwerer Tag. Ich bin zufrieden, dass ich meine Beine gefunden habe. Die ersten Tage habe ich mich nicht so gut gefühlt." Das rot-gepunktete Trikot zog bisher nur ein Österreicher in der Tour-Historie über: Bernhard Kohl bei seinem dritten Platz 2008 - die Ergebnisse des Niederösterreichers wurden nach seiner Dopingsperre aber annulliert.
Am Donnerstag folgt die erste Bergankunft der diesjährigen Tour. Die 6. Etappe ist mit 145 km zwar verhältnismäßig kurz, wird den Fahrern mit fast 4.000 Höhenmetern aber einiges abverlangen. Mit dem Col d'Aspin und dem berühmten Col du Tourmalet erwarten das Peloton zwei harte Brocken, ehe hinauf nach Cauterets-Cambasque der Tagessieger ermittelt wird.
"Morgen gibt es wieder viele Punkte, und ich weiß nicht, ob ich wieder raus gehe oder ob wir uns auf die Etappe konzentrieren", meinte Gall.