Auf dem Grand Place in Brüssel jubelten etwa 10.000 Fans den Teilnehmern der 106. Tour de France sowie Nationalheld Eddy Merckx bei der Teamvorstellung zu.
Die insgesamt 176 Profis aus den 22 Rennställen, darunter die Österreicher Marco Haller, Patrick Konrad, Gregor Mühlberger und Lukas Pöstlberger, nehmen morgen Samstag den Kampf um das Gelbe Trikot auf.
Eingeführt mit dem simplen Zweck, den Gesamt-Ersten der Tour de France besser zu erkennen, ist das Gelbe Trikot längst zu einem Mythos geworden. 100 Jahre Maillot Jaune, wie das wohl berühmteste Trikot der Welt in Frankreich heißt, sind verknüpft mit Heldengeschichten, Tragödien, aber auch großen Skandalen.
DER ERSTE:
Die Idee kam vom Tour-Gründer Henri Desgrange im Jahr 1919. Etappen von bis zu 500 Kilometern Länge waren kurz nach dem Ersten Weltkrieg keine Seltenheit. Und damit die Zuschauer den Führenden der Tour in der Dunkelheit besser erblicken konnten, sollte dieser kenntlich gemacht werden.
Da das Tour-Organ "L'Auto" - der Vorgänger der "L'Equipe" - ebenfalls in Gelb gedruckt wurde, war die Farbe schnell gefunden. So erhielt Eugene Christophe zu Beginn der elften Etappe am 19. Juli 1919 in Grenoble das erste Gelbe Trikot. Jener Christophe, der bereits sechs Jahre zuvor Berühmtheit erlangt hatte, als er nach einer Pyrenäen-Abfahrt einen Gabelbruch erlitt, nach einem langen Fußmarsch in der Schmiede von Sainte-Marie-de-Campan sein Rad wieder richtete und weiterfuhr. Das gleiche Malheur passierte ihm dann auch 1919, wodurch er die Tour verlor.
DER BESTE:
Kein Fahrer verkörperte so sehr das Maillot Jaune wie Eddy Merckx - der Kannibale aus Woluwe-Saint-Pierre.
111-mal beziehungsweise an 96 Tagen trug der Belgier Gelb, was bis heute unerreicht ist. Fünfmal gewann er die Tour, das erste Mal vor genau 50 Jahren. "Das war der schönste Sieg meiner Karriere", sagte Merckx am Donnerstag bei der Mannschafts-Präsentation auf dem Grand Place in Brüssel, von seinen Landsleuten euphorisch bejubelt.
Merckx hat die Tour geprägt wie kaum ein anderer. Auch an seine 34 Etappen-Siege ist bisher niemand herangekommen.
DER GLÜCKLICHSTE:
Es war DAS Herzschlag-Finale der Tour-Geschichte. Die ganze Rundfahrt über lieferten sich der Franzose Laurent Fignon, der Mann mit der Nickelbrille, und der US-Amerikaner Greg Lemond einen packenden Zweikampf.
Zum Showdown kam es am letzten Tag beim Einzel-Zeitfahren über 24,5 Kilometer von Versailles nach Paris. Fignon hatte eigentlich einen beruhigenden Vorsprung von 50 Sekunden. Doch Lemond, der mit einem damals neuartigen Triathlon-Lenker angetreten war, machte Sekunde um Sekunde wett. Im Ziel auf den Champs Elysees hatte er schließlich acht Sekunden Vorsprung. Bei Fignon flossen die Tränen.
DER SKANDALÖSESTE:
Blickt man in die Geschichtsbücher der Tour, hat es ihn eigentlich gar nicht gegeben. Der Name Lance Armstrong existiert darin schlichtweg nicht. Seine sieben Siege von 1999 bis 2005 wurden gestrichen, als könnte das dunkelste Kapitel im Radsport einfach ausradiert werden. Vom geheilten Krebs-Patienten zum Tour-Rekordsieger - die Story des Texaners war einfach zu schön.
Tatsächlich war alles Lug und Trug. Armstrong hat nicht nur sportlich, sondern auch in Sachen Doping Maßstäbe gesetzt. EPO, Eigenblut-Doping, Wachstumshormone - Armstrong stand für den größten Betrug der Tour-Geschichte. Am Ende wurde er lebenslang gesperrt und zur unerwünschten Person bei der Tour erklärt.
DER ÖSTERREICHER:
Der einzige Österreicher, der sich bisher im Glanz des Gelben Trikots sonnen durfte, war der 1905 geborene Max Bulla.
1931 gewann er die zweite Etappe von Caen nach Dinan und schlüpfte für einen Tag in das Maillot Jaune. Der Wiener feierte in jenem Jahr noch zwei weitere Tour-Etappensiege und belegte am Ende den 15. Platz. 1990 starb Bulla in Niederösterreich. In Wien-Donaustadt ist die Bulla-Gasse nach ihm benannt.