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Wegen politischer Lage: Weitere Debatte um Rad-WM in Ruanda

Die vielumstrittene Austragung der Rad-Weltmeisterschaft in Ruanda im kommenden September sorgt für weiteren Zündstoff.

Wegen politischer Lage: Weitere Debatte um Rad-WM in Ruanda Foto: © GEPA

Um die erste Rad-Straßen-WM in einem afrikanischen Land ist eine politische Debatte entbrannt.

Vom 21. bis 28. September sollen die Titelkämpfe in Ruanda stattfinden, doch neben einer verpatzten Generalprobe wegen Schlechtwetters haben die Veranstalter wegen der Politik Ruandas ganz andere Sorgen. Das EU-Parlament beschloss zahlreiche Sanktionen gegen Ruanda und forderte zudem eine Absage der WM.

Am vergangenen Sonntag musste die größtenteils auf dem WM-Kurs geplante Schlussetappe der Tour of Ruanda abgebrochen werden, doch das Wetter kann man nicht beeinflussen, die Politik schon. Ruanda unterstützt die M23-Miliz, die im rohstoffreichen Osten des Nachbarlandes Demokratische Republik Kongo seit wenigen Wochen große Gebiete kontrolliert.

Präsident auf Stimmenfang

David Lappartient, Präsident des Weltverbands UCI, zeigt sich davon unbeeindruckt. "Es gibt keinen Plan B", sagte der Franzose und wischte Alternativen wie eine Verlegung in die Schweiz kurzerhand vom Tisch. Zu Beginn der Tour of Ruanda zeigte sich Lappartient freundlich und Fähnchen schwenkend in der Hauptstadt Kigali. Alles ist sicher, alles ist friedlich, sollte die Botschaft lauten.

Das sahen allerdings nicht alle Teams so. Die belgische Equipe Soudal-Quickstep verzichtete darauf, sein Nachwuchsteam nach Ruanda zu schicken.

"Die Etappen drei und vier sind nur einen Steinwurf vom Ort der Rebellen entfernt", sagte der Sportliche Leiter Kevin Hulsmans. Das sei für ihn fragwürdig. Tatsächlich fuhr das Peloton zeitweise nur gut zehn Kilometer von der Konfliktzone entfernt. Zu Vorfällen kam es nicht, die Reise in das Grenzgebiet wird aktuell auch vom österreichischen Außenministerium als "hohes Sicherheitsrisiko" eingestuft.

Lappartient möglicher Bach-Nachfolger

Dass Lappartient am Austragungsort Ruanda festhält, dürfte auch politische Gründe haben. Schließlich möchte der 51-Jährige im März Nachfolger von IOC-Präsident Thomas Bach werden. Seine Chancen werden zwar als gering eingeschätzt, doch zusätzlicher Wirbel um die WM dürfte nicht hilfreich sein. Außerdem stünde in diesem Jahr seine Wiederwahl zum UCI-Präsidenten an.

Abgesehen von moralischen Bedenken dünnen ganz andere Hürden das Teilnehmerfeld für die WM schon im Vorfeld aus. So verzichten große Radsport-Nationen wie Dänemark und die Niederlande darauf, ihren Nachwuchs nach Ruanda zu schicken und selbst die Belgier wägen ihr Aufgebot gerade ab - aus Kostengründen.

Hohe Hotelkosten und Impf-Bedenken

Dabei geht es nicht nur um die Logistik.

"Wir haben gesehen, dass die Hotel-Preise sehr hoch sind. Teilweise sogar höher als in Zürich", sagte etwa der deutsche Frauen-Bundestrainer André Korff bereits am Rande der vergangenen WM in der Schweiz. Damals zahlten Nationen oft über 300 Euro pro Nacht für ein Zimmer.

Hinzu kommen umfangreiche Impfungen, etwa gegen Malaria, Hepatitis A und Gelbfieber. "Die Fahrer haben da Bedenken, wie sich das auf ihre Leistungen auswirken könnte", sagte der Frederik Broché, Technischer Direktor des belgischen Verbandes.

Ruanda wird Sportswashing vorgeworfen

Ruanda wird vorgeworfen, mit Millionen-Investitionen in den Sport nichts anderes als Sportswashing zu betreiben. Die Titelkämpfe sollen übertünchen, dass in dem Land Oppositionelle unterdrückt werden, die M23-Miliz diverser Kriegsverbrechen beschuldigt wird und vom wirtschaftlichen Aufschwung nur eine kleine Elite profitiert, während der Großteil der Bevölkerung bitterarm bleibt.

Der autokratische Präsident Paul Kagame schraubt eifrig am positiven Image. Der Fußball-Weltverband FIFA hielt einen Kongress in Kigali ab, Teams wie den FC Bayern, Arsenal und Paris Saint-Germain unterstützt man als Sponsor.

Aktuell ist man darum bemüht, eine Formel-1-Strecke Realität werden zu lassen. Die Absage der Rad-WM wäre ein empfindlicher Rückschlag, zu dem es letztlich wohl nicht kommen dürfte.


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