Neben vielen negativen Auswirkungen hat die Coronavirus-Krise für Radprofi Patrick Konrad auch ihr Gutes: Unerwartet viel Zeit mit seiner Partnerin und ihrem erst wenige Wochen alten Baby. Von Eisenstadt aus muss der 28-jährige Staatsmeister (Bild) aber auch seine Trainings- und Renn-Planung völlig neu ausrichten.
Denn mit dem Giro d'Italia geht sein erster großer Saisonhöhepunkt nicht wie geplant im Mai und möglicherweise heuer gar nicht mehr in Szene. "Ich habe voll auf den Höhepunkt im Mai hingearbeitet, jetzt verschiebt sich aber alles. Ich muss schauen, wie ich in den nächsten Wochen das Training gestalte", erläuterte Konrad, der seine Ausfahrten in der näheren Umgebung nur noch alleine und nicht wie sonst oftmals üblich in Gruppen unternehmen darf. "Ich halte mich an die Vorgaben, deshalb kann ich natürlich nicht mit Kollegen trainieren gehen. Wichtig ist aber, dass ich draußen fahren kann und daheim bin."
Konrad: "Kein Problem drei, vier Wochen zu Hause zu bleiben!"
Was ihn nicht stört, ist die eingekehrte Ruhe. "Es schadet der Welt nicht, wenn weniger Schiffe, Flugzeuge und Autos unterwegs sind."
Der Wirtschaftskreislauf samt Grundversorgung in den Supermärkten müsse aber natürlich aufrechterhalten bleiben. Er habe jedoch kein Problem damit, zwei, drei oder vier Wochen zu Hause zu bleiben. Das ermögliche unerwartet viel Zeit mit der Familie. "Ich kann mich um meine Freundin und unser Baby kümmern."
Die Corona-Krise habe freilich auch gravierendere Folgen, etwa für die Wirtschaft. Er denke dabei vor allem an Kleinunternehmen und lokale Geschäfte sowie an Sponsoren und Partner seines Teams.
Direkt betroffen ist auch sein Vater Wolfgang Konrad, der als langjähriger Veranstalter des Vienna City Marathons das im April geplanten Großereignis für heuer absagen musste. "Das ist natürlich eine Tragödie", betont Konrad junior und sprach von einer sehr schwierigen Situation inklusive vieler schlafloser Nächte für seinen Vater. Auch sein Bruder Dominik leide als Mitarbeiter der Veranstalter-Firma unter der Absage.
Komischer Beigeschmack im Finale der Fernfahrt Paris-Nizza
Rad-Profi Konrad hat bis Mitte März noch die Fernfahrt Paris-Nizza bestritten, die trotz der bereits damals aktuellen Krisensituation bis auf den Schlusstag durchgezogen wurde. "Das hatte schon einen komischen Beigeschmack. Einerseits waren wir extrem erfolgreich, aber während der Rundfahrt wurden überall die Grenzen zugemacht, dass da weitergefahren wurde, war uns schon ein bisschen ein Rätsel. Da stellt man schon Gedanken nach dem Warum und Wieso an."
Für zusätzliche Verunsicherung hatte ein Krankheitsfall eines Team-LKW-Fahrers gesorgt, der sich aber als nicht corona-bedingt herausstellte. Im Nachhinein erwies sich die Austragung für seinen Bora-Rennstall dank des Gesamtsiegs von Max Schachmann aber als voller Erfolg.
Bereits vor dem Frankreich-Aufenthalt hatte sich Konrad als Vorsichtsmaßnahme zum Schutz seiner Freundin mit dem Neugeborenen bei seinen Eltern in Ebreichsdorf einquartiert. Denn er war während der abgebrochenen UAE-Tour wie das gesamte Teilnehmerfeld nach Verdachtsfällen in einem Hotel in Abu Dhabi festgehalten worden. Erst nach einigen Tagen durfte der Großteil des Trosses dank negativen Tests abreisen.
Mittlerweile ist der Rennbetrieb völlig zum Erliegen gekommen. Weit vorausplanen kann Konrad wegen der vielen Fragezeichen derzeit nicht. "Ich muss abwarten und schauen, wie es sich entwickelt. Im Endeffekt muss ich trainieren, etwas anderes bleibt mir eh nicht übrig."
Höhentrainingslager in der Sierra Nevada und Tour of the Alps fallen aus
Ein Höhentrainingslager in der Sierra Nevada und die Tour of the Alps als Giro-Generalprobe fallen ebenfalls aus. "Das spielt es jetzt alles nicht. Ich werde das Training so gut es geht planen und hoffe, dass es in vier bis sechs Wochen wieder einen geregelten Ablauf gibt."
Welche Rennen heuer überhaupt noch stattfinden können, ist völlig offen. Eine nächste Entscheidung über den Giro fällt Anfang April. Unklarheit herrscht auch wegen Olympia, diesbezüglich hätte Konrad nichts gegen eine späte Entscheidung. Als Rad-Profi müsse man immer flexibel sein und auf Änderungen des Rennplans gefasst sein.