Dominic Thiem ist beim Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle an Nummer eins gesetzt.
Will der 25-Jährige im Kampf um ein Ticket für London Punkte anschreiben, braucht er zumindest ein Halbfinale. Es zählen nämlich auch für das "Race to London" nicht sämtliche Turnier-Auftritte des Kalenderjahres, sondern nur alle Grand-Slam-und -Masters-1000-Turniere sowie darüber hinaus die sechs besten zusätzlichen Events.
Von Problemen mit Heimturnieren oder der hohen Erwartungshaltung an sich selbst wil Coach Günter Bresnik nichts hören: "Ich kotz mich an, wenn ich das immer höre. Der hat kein Problem mit der Erwartungshaltung von anderen Leuten oder von sich selbst. Ein Tennisspieler, der in den ersten Zehn steht und ein Turnier spielt, erwartet von sich, das Turnier zu gewinnen. Und Dominic möchte in St. Petersburg nicht weniger gewinnen als in der Stadthalle."
Nur 2013 im Viertelfinale
In bisher sieben Wien-Turnieren im Hauptbewerb hatte es für Österreichs Tennis-Star nur 2013 zum Viertelfinale gereicht. Danach schied Thiem zweimal in Runde eins und zuletzt zweimal in Runde zwei aus. "Es ist eine schöne Sache, dass ich Favorit bin, aber das Turnier ist richtig gut besetzt", meinte Thiem Donnerstagabend nach einer ersten Trainingseinheit in der Stadthalle mit Dennis Novak und Oliver Marach. Im Gegensatz zu den beiden Vorjahren komme er aber wesentlich fitter zu seinem Heimturnier.
Neben Thiem sind auch die Top-Ten-Spieler Kevin Anderson (RSA/ATP-8.) und Grigor Dimitrow (BUL/9.) und John Isner (USA/10.) mit von der Partie. Dazu kommen auch Kei Nishikori (JPN/11.), Borna Coric (CRO/13.) und Fabio Fognini (ITA/14.). Thiem hat also sehr starke Konkurrenz, auch wenn Turnierdirektor Herwig Straka bei der Jagd nach den Superstars Novak Djokovic oder Rafael Nadal erfolglos blieb.
Thiems schärfste Verfolger
Die schärfsten Verfolger des 25-jährigen French-Open-Finalisten im Race, der zuletzt in St. Petersburg seinen ersten Hallen-Titel geholt hat, kommen allesamt nach Wien. Aktuell ist Thiem Achter, Nishikori fehlen als Neuntem 535 Zähler, Isner 605 auf Thiem. Die Top 8 qualifizieren sich für das "Masters" in der O2-Arena, wobei der vor Thiem liegende Juan Martin Del Potro nach einer Kniescheiben-Fraktur für den Saisonrest ausfällt. Gewisse Chancen haben auch noch Coric (1.235 hinter Thiem) und Fognini (1.310).
Thiem ist nach seinem verpatzten Shanghai-Trip, vor dem er neuerlich etwas verkühlt war, und dem Abstecher zu seiner Freundin beim WTA-Turnier in Linz seit Montag wieder im Training. Sein Coach Günter Bresnik ist vom Masters-Hattrick seines Schützlings noch nicht überzeugt. "Es können ihn nach wie vor zwei Leute relativ problemlos überholen", meinte Bresnik im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. "Ich weiß ja, wie das am Jahresende immer läuft. Paris ist oft ein komisches Turnier, da gewinnen oft Leute, die das ganze Jahr wenig gewonnen haben", sagte Bresnik schon im Hinblick auf das letzte Turnier mit den ganz fetten Punkten in der Woche nach Wien in Paris-Bercy. So habe es zuletzt ja auch in Shanghai mit Coric einen Überraschungsfinalisten gegeben.
"Isner und Nishikori haben so wenig gespielt, dass (fast) jeder Punkt von denen zählt. Isner kann theoretisch in drei Wochen 1.700 Punkte machen", weiß Bresnik.
"Er hat zwei Drittel unter seinen Möglichkeiten gespielt"
Mit dem Auftritt Thiems in Shanghai war Bresnik freilich nicht zufrieden. Zwar sei eine Verkühlung noch vor dem Abflug nicht optimal gewesen, aber: "In Shanghai hat er in den Trainings davor (u.a. mit dem späteren Sieger Novak Djokovic, Anm.) so gut gespielt, das ich mir dort schon etwas erwartet habe. Nicht gewinnen oder verlieren, aber das er halt gut spielt. Und gegen Ebden hat er dann wirklich nicht gut gespielt."
Die Masters-1000-Saison, die in Paris-Bercy beendet wird, ist für Thiem abgesehen vom Madrid-Finale schlecht verlaufen. "Wenn ich mir das Jahr anschaue, er steht jetzt im Race auf acht: Er hat eigentlich zwei Drittel des Jahres weit unter seinen Möglichkeiten gespielt. Aus welchen Gründen auch immer, verletzt, Krankheit oder andere Dinge, ist egal. Wenn er nur das halbe Jahr normal spielt, ist es ein Wahnsinn." Für Krankheiten und Verletzungen habe er ein gewisses Verständnis. Es ist Bresnik jedenfalls lieber, wenn Thiem auch körperlich ans Limit geht.