Die Bilanz von Dominic Thiem nach den ersten vier Auftritten nach seinem Comeback liest sich bitter: Vier Niederlagen, ein Satzgewinn und auch ein weiterer Absturz im ATP-Ranking.
Doch nach einer Handgelenksverletzung samt 280 Tagen Auszeit braucht man viel Geduld. Das weiß Thiem und das weiß auch sein Bezwinger vom Montagabend, der dreifache Grand-Slam-Sieger Andy Murray.
Der Schotte sprach dem Ex-US-Open-Sieger nach dem 6:3, 6:4 in Madrid Mut zu (HIER nachlesen>>>).
Auch Thiem selbst scheint zumindest nach außen hin keineswegs beunruhigt.
"Es war das erste ganz große Turnier nach dem Comeback, das erste Mal auch ein richtig voller Centercourt. Das war schon wunderschön, vor allem auch mit den ganzen Erinnerungen, die ich an das Turnier habe", erinnert er an insgesamt vier Semifinali sowie zwei Finali (2017, 2018) in der spanischen Hauptstadt.
Blick ist schon langfristiger ausgerichtet
Die gleiche gute Bilanz hat Thiem übrigens auch in Roland Garros, wo am Sonntag in zwei Wochen das zweite Grand-Slam-Turnier des Jahres über die Bühne geht.
Dass Thiem bis dahin schon einen klaren Aufwärtstrend schafft, ist derzeit eher unwahrscheinlich. Thiem braucht noch Zeit, die ihm - betreffend Paris - freilich schon davon läuft.
Nächste Woche in Rom steht schon das nächste Masters-1000-Event an, danach noch unmittelbar vor dem Major an der Seine das Turnier in Genf.
Er selbst hatte betont, dass er bis Paris "zumindest ansprechende Form" erreichen will, aber er wisse, dass es ein langer Weg zurück ist.
"Es ist das eingetreten, was zu erwarten war, eine frühe Niederlage leider. Aber ich schaue, dass ich weiter arbeite und ich nächstes Jahr in Madrid wieder auf 100 Prozent bin", blickt Thiem nach seinem Aus schon in Richtung 2023.
Sein nächster Plan klingt gleich wie zuletzt: "Ich muss schauen, dass ich viele Stunden auf dem Platz verbringe. Das ist das Wichtigste. Noch ein paar Tage hier in Madrid und dann nach Rom, dort nehme ich den nächsten Anlauf."
Murray-Worte "waren sehr nett"
Sein erfahrener Bezwinger sprach Thiem schon beim Shakehands Mut zu: "Mach so weiter. Es dauert seine Zeit, aber es wird wieder", sagte Murray, der übrigens seinen ersten Sieg auf Sand seit fünf Jahren feierte.
Murray hatte im Jahr 2007 selbst eine ähnliche Verletzung. "Ich hatte eine Handgelenksverletzung, als ich 20 Jahre alt war und das war sehr schwer. Es hat mir einige Zeit gekostet, ehe ich mich auf der Vorhandseite wieder wohl gefühlt habe", dachte der zweifache Olympiasieger zurück.
Und bei Thiems Spielstil dürfte es noch etwas diffiziler sein. "Er verwendet das Handgelenk sehr, wenn er spielt und er spielt mit einem starken Topspin. Ich hoffe, dass es eine Art mentale Sache ist und nichts, das ihm Schmerzen oder unangenehme Gefühle verursacht."
Bei gewissen Schlägen sehe es sehr gut aus. "Aber es gab ein paar besondere Schläge, die er normalerweise machen würde. Er serviert immer noch sehr gut, hat einen fantastischen Kick-Aufschlag und schlägt eine sehr gute Rückhand. Und er bewegt sich exzellent."
Worte, die Thiem freuen. "Es war sehr nett, was er am Netz gesagt hat. Und diese Worte sind von jemandem wie ihm noch mehr wert, weil er wirklich einen langen Erholungsprozess durchgemacht hat. Er ist ein echtes Vorbild wie er nach seiner Hüftverletzung zurückgekommen ist."
Es braucht Punkte, sonst gibt es weiteren Absturz
Für Thiem wird es allerdings in der Weltrangliste noch ordentlich abwärts gehen, wenn er den Turnaround nicht sehr bald schafft. Kommenden Montag wird er um Rang 160 zu finden sein, die Woche darauf fallen ihm weitere 90 Zähler aus Rom aus der Wertung und am 13. Juni werden ihm die 180 Punkte vom French-Open-Viertelfinale 2020 gestrichen.
Punktet Thiem bis dahin nicht ordentlich, fällt er sogar aus den Top 300. In den Top 100 war er seit März 2014 durchgehend zu finden.
Thiem wird sich noch einige Turniere mit diesem Status sowie wohl auch mit Wildcards dank seiner Erfolge (US-Open-Sieger 2020, insgesamt vierfacher Major-Finalist) den Gang in die Qualifikationen sparen.
Allerdings blühen ihm natürlich schon ab Runde eins sehr starke Gegner, da er nicht gesetzt ist. Auch nicht beim Sandplatz-Grand-Slamturnier ab 22. Mai in Paris. Dort, wo er vier Semifinali und zwei Finali zu Buche stehen hat.
36-jähriger Lauf zu Ende
Dass kein Österreicher in den Top 100 vertreten ist, hat es seit 36 Jahren nicht mehr gegeben. Zuletzt war Thomas Muster am 28. April 1986 als bester Österreicher auf Platz 119 und damit außerhalb der hundert besten männlichen Tennis-Profis. Das war noch, ehe Musters Aufstieg bis auf Platz 1 begann.
Danach waren neben seinen Erfolgen immer wieder Österreicher zumindest in diesem Kreis vorzufinden: Darunter Jürgen Melzer (8./beste Platzierung), Gilbert Schaller (17.), Horst Skoff (18.), Stefan Koubek (20.), Alexander Antonitsch (40.), Andreas Haider-Maurer (47.).
Insgesamt 18 ÖTV-Herren, vor den Zeiten von Muster und Co. übrigens Peter Feigl (40./1979) und Hans Kary (54./1976), standen bisher in den Top 100.
Bei den Frauen hat Österreich nun schon seit über fünf Jahren keine Spielerin mehr in den Top 100. Die früher hoch gehandelte Barbara Haas hatte im Februar 2020 mit Rang 133 ihr bisher bestes Ranking erreicht und ist zuletzt von Verletzungen außerhalb die Top 250 gefallen.
Hoffnung geschürt hat zuletzt Julia Grabher, die dank einer gestiegenen Formkurve vergangenen Februar mit Platz 148 ihre bisherige Bestmarke geliefert hat.
Die "goldenen" Zeiten à la Barbara Schett (Ex-Nummer 7), Barbara Paulus (10.), Judith Wiesner (12.), Sybille Bammer (19.), Tamira Paszek (26.) oder Sylvia Plischke (27.) sind lange vorbei.