Die 3:6,2:6-Niederlage gegen Dominic Thiem klingt klarer, als sie es war.
Sebastian Ofner hat am Mittwochabend in Kitzbühel einmal mehr sein unbezweifeltes Potenzial gezeigt. Der 23-jährige Steirer, Schützling von Wolfgang Thiem und neuerdings Touring-Coach Alexander Peya, konnte in teils hochklassigen Ballwechseln gut mit der Nummer 4 der Welt mithalten und diese auch gehörig unter Druck setzen.
Auch Thiem zollte seinem Gegner allen Respekt. "Ich glaube, dass er weit über einem Ranking von 167 gespielt hat. Wenn er immer so spielt, dann kann er sehr bald Top 100 und noch weiter oben stehen", meinte Thiem, der in letzter Zeit öfter mit dem St. Mareiner trainiert hat.
Top 100 das Ziel für nächstes Jahr
Nun gilt es für Ofner, auch auf kleineren Bühnen konstant weiterzuspielen. "Für ihn ist es wahrscheinlich leichter, bei so einer Kulisse gegen mich zu spielen, als bei einem Challenger", weiß auch Thiem.
"Da hat jeder durch müssen, aber ich traue ihm absolut zu, dass er das schafft. Und er hat es auf anderen großen Bühnen auch schon bewiesen. Ich glaube an ihn."
Ofner freute sich über die vermehrten Trainingseinheiten, die er zuletzt mit dem zweifachen French-Open-Finalisten hatte. "Das ist das Beste, was es gibt. Da kann man nur lernen und profitieren. Man kann schauen, wie er was in welcher Situation macht."
Und der Kitzbühel-Halbfinalist 2017, der einige Wochen davor damals sensationell als Qualifikant in die dritte Wimbledon-Runde vorgedrungen war, war am 6. Mai 2019 auch schon Nummer 126. "Die Top 100 sind definitiv für nächstes Jahr das Ziel. Da werde ich auch hart dran arbeiten."
Der größte Unterschied zu Thiem?
Ofner freut die nach Wimbledon und auf Empfehlung von Dennis Novak zustande gekommene Zusammenarbeit mit dem derzeit rekonvaleszenten Doppel-Star Alexander Peya.
Kurz vor Wimbledon hatten er und Novak sich zusammengesetzt und Ofner wünschte sich einen Touring-Coach wie ihn Novak mit Julian Knowle gefunden hat. "Jetzt habe ich mit dem Alex fast immer jemanden bei den Turnieren. Wenn einer das von außen sieht, ist es immer anders."
Große Bühnen gefallen Ofner: "Ich liebe es, vor so einem Publikum zu spielen", schwärmte Ofner trotz der ergebnismäßig glatten Niederlage. Der größte Unterschied zu Thiem?
"Der ist definitiv die Konstanz. Ich hab zwei, dreimal einen super Punkt gespielt, dann wieder zweimal einen leichten Fehler. Das ist gegen solche Spieler tödlich. Ich muss die leichten Fehler minimieren."
Peya am Weg zurück
Der angesprochene Peya ist nach seiner Ellbogenverletzung nun in der Erholungsphase und hofft, 2020 mit einem "geschützten Ranking" für zwölf Turniere noch einmal durchstarten zu können.
"Jetzt bin ich zum ersten Mal seit zwei, drei Wochen wieder ein bisserl zuversichtlicher. Die ganze Zeit hatte ich immer noch leichte Schmerzen. Ab nächster Woche darf ich anfangen leicht und kontrolliert zu belasten", berichtete Peya am Donnerstag im Gespräch mit der APA.
Obwohl ihm das Coaching gefällt und er der Tennis-Szene auf alle Fälle erhalten bleiben wird, will er selbst noch einmal mitmischen. Zur sportlichen Pension ist er noch nicht bereit: "Nein, und vor allem so nicht. Letztes Jahr habe ich ein so ein gutes Jahr gespielt, so möchte man nicht aufhören."
Ofner eine "interessante Aufgabe"
Bis dahin kümmert er sich neben seinem körperlichen Aufbau um Ofner, der ihn "überraschend nach Wimbledon" kontaktierte. "Es ist für mich eine interessante Aufgabe, er hat viel Potenzial. Und das hat er gestern auch phasenweise gezeigt. Ich glaube, dass das Ergebnis gestern seine Leistung nicht widerspiegelt", meinte der mittlerweile 39-jährige Wiener.
Woran Ofner am meisten arbeiten müsse? "Er muss halt noch ein bisserl seine Spiel-Identität finden. Er hat ein sehr druckvolles, dominantes Spiel und ich glaube, dass er sich dazu committen muss - über einen längeren Zeitraum Woche für Woche."
Gegen einen Spieler wie Thiem sei das einfacher, weil es anders gar nicht ginge. "Er muss das auch gegen einen, der nicht die Klasse hat, durchziehen."
Über eine mögliche spätere Mitarbeit im Österreichischen Tennisverband wollte er sich "nicht genau äußern, weil ich mich zu wenig auskenne." Fakt ist, Peya wird auch nach seiner aktiven Karriere in diesem Sport bleiben. "Ich glaube, dass ich da zu Hause bin."