Im Vorjahr rutschte Oliver Marach mit Partner Mate Pavic als Ersatz-Paarung zum World Tour Finale nach London, wo das Duo im letzten Gruppenspiel einsprang und einen bemerkenswerten Zwei-Satz-Sieg über die Bryan-Brüder (USA) feierte.
Heuer haben sich der 38-jährige Steirer und sein kroatischer Partner in eindrucksvoller Manier qualifiziert: Den Australian-Open-Siegern ist schon jetzt nicht mehr die Nummer-1-Position zu Jahresende zu nehmen.
Im LAOLA1-Interview spricht Oliver Marach über den besonderen Status des großen Final-Turniers der ATP, wie es mit Partner Pavic weitergehen soll, die Schwierigkeiten, Familienleben und Tennis-Tour unter einen Hut zu bekommen und den neuen Davis Cup.
LAOLA1: Nach 2009, 2010 und 2017 bist du zum bereits vierten Mal bei den World Tour Finals mit dabei. Was macht dieses Event so besonders?
Oliver Marach: Die Atmosphäre in London ist einfach ein Wahnsinn. 2009 - beim ersten Mal - war es eigentlich das Beste. Da war die Halle von Anfang an schon voll, weil die Leute noch nicht gewusst haben, wie das abläuft. Heute sind beim ersten Satz meist so 10.000 Zuschauer da und danach ist es erst richtig voll. London ist sicherlich das beste Turnier der Welt. Beim World-Tour-Finale geht es um richtig viel Geld. Mit den zwei Tages-Sessions ist das schon super aufgezogen.
LAOLA1: Wobei 2009 auch unangenehme Erinnerungen für dich beinhaltet.
Marach: Ja, stimmt. 2009 haben wir die ersten beiden Partien gewonnen und sind mit einer verlorenen Partie in der Gruppenphase ausgeschieden. Das war wirklich bitter.
LAOLA1: Was würde dir ein Turnier-Sieg bedeuten?
Marach: Wenn ich London gewinne, wäre das wohl das Highlight meiner Karriere. Das stufe ich höher ein, als einen Grand-Slam-Titel. Obwohl es natürlich etwas Besonderes war, heuer ausgerechnet mein Lieblings-Grand-Slam in Australien zu gewinnen. Wobei mir die Wimbledon-Final-Niederlage 2017 schon auch wehgetan hat – das ist einfach das Traditions-Turnier.
Ich muss mich mit meinem Partner auch abseits des Platzes gut verstehen. Manche können das trennen. Die spielen super zusammen, obwohl sie sich gar nicht leiden können.
LAOLA1: Du hast mit deinem Partner Mate Pavic im Jänner bei den Australian Open deinen ersten Grand-Slam-Titel gewonnen. Im Sommer kam dann aber etwas Sand ins Getriebe. Zuletzt lief es wieder besser. Wie ist der Wohlfühl-Faktor beim derzeit besten Doppel-Duo der Welt?
Marach: Wenn du nichts gewinnst, hast du keinen Spaß. Wir haben heuer zwar viel gewonnen, in den vorangegangenen Monaten war es aber schon ein bisschen zäh. Im Doppel ist es echt extrem – wenn es da beim Selbstvertrauen hapert, hast du schnell Probleme und gewinnst kein Match mehr, weil es immer auf ganz wenige Punkte ankommt.
LAOLA1: Wie kann man so einer Krise entgegenwirken?
Marach: Die Kommunikation ist das Wichtigste. Ich muss mich mit meinem Partner auch abseits des Platzes gut verstehen. Manche können das trennen. Die spielen super zusammen, obwohl sie sich gar nicht leiden können. Peers/Murray waren zwei, drei Jahre top und konnten sich nicht leiden. Wir verstehen uns gut, wir haben dieselben Vorlieben, gehen gerne gut essen und geben für sonstige materielle Sachen nicht wirklich Geld aus.
LAOLA1: Ihr beendet das Jahr 2018 als Nummer 1 der Welt. Trotzdem hast du öfters darüber gesprochen, dass ihr noch nicht fix auch im Jahr 2019 gemeinsam spielen werdet. Warum?
Marach: Wir hatten ein kleines Loch, ein paar Dinge haben nicht gepasst und wir haben uns auch vom Coach getrennt. Nachdem wir uns nach Peking ausgesprochen haben, hat es wieder besser gepasst. Es ist noch nicht fix, dass wir nächstes Jahr zusammenspielen. Ich glaube aber, dass es dumm wäre, uns nach so einem erfolgreichen Jahr zu trennen. Das Ziel ist es, zusammenzubleiben.
LAOLA1: Du bist jetzt 38 Jahre alt. Wie lange willst du noch auf der ATP-Tour dabei sein?
Marach: Ich spiele, solange ich fit bin und es sich finanziell auszahlt. Sonst mache ich das nicht. Ich sehe die Familie sehr selten und das ist es mir dann nicht wert. Wenn du in den die Top 20, 30 stehst, machst du im Doppel pro Nase deine 200.000 Dollar. Im Jahr steigst du nach den Ausgaben mit plus 50.000 bis 60.000 Dollar aus. Wenn du größere Turniere stark spielst, kommst du vielleicht auf 200.000 Euro netto. Das kommt stark auf die Turniere an.
Tennis-Spieler sind ihre Freizeit gewohnt. Wenn wir trainieren und Regeneration machen, puste ich aus und bin im Bett. Das hast du aber mit Kindern nicht.
LAOLA1: Du wohnst mit deiner Familie - mit Ehefrau und den zwei Töchtern - in Panama. Wie oft siehst du die Familie überhaupt?
Marach: Letztes Jahr war es ganz extrem, da habe ich meine Familie nur zwei Monate gesehen. Heuer waren sie von Genf bis Wimbledon bei mir. Das war mir dann aber selbst schon ein bisschen zu viel. Das hatte ich noch nie, dass jemand zwei Monate dauernd bei mir draufpickt. Tennis-Spieler sind ihre Freizeit gewohnt. Wenn wir trainieren und Regeneration machen, puste ich aus und bin im Bett. Das hast du aber mit Kindern nicht. Das heißt nicht, dass ich es nicht gerne tue, es ist aber sehr intensiv. Nächstes Jahr wollen wir das besser lösen. In London ist meine Frau mit den Kindern wieder mit dabei. Nach dem Tour Finale fahre ich noch vier Tage nach Vegas mit meinem besten Freund und dann treffen wir die Familien wieder in Orlando in Disneyworld. Das wird ein Kids-Urlaub, wo die ihren Spaß haben können.
LAOLA1: Wie hast du deine Vorbereitung für 2019 geplant?
Marach: Der Aufbau ist in Panama geplant. Da muss ich aber schauen, wie es mir körperlich geht. Einen Physio habe ich mir organisiert. Wenn ich aber Probleme bekomme, werde ich eher wieder nach Europa gehen. Ich bin halt keine 25 mehr. Heuer lief es eh relativ gut. Zwicken tut natürlich immer irgendwas. Es ist halt alles überbelastet. Ich bin einer, der immer hart trainiert und manchmal ist es auch ein bisschen zu viel. Mit meinem Doppel-Spiel muss ich aber voll fit sein. Ich trainiere heute sicher mehr als früher. Das Doppel-Tennis hat sich einfach weiter entwickelt. Die Top-Spieler sind jeden Tag im Gym. Alles wird schneller, jeder wird fitter und da muss ich auch mitgehen.
LAOLA1: Eure Heimat wird in jedem Fall Panama bleiben, oder?
Marach: Ja, mit Sicherheit. Meine Frau und ich mögen beide die Kälte nicht. Wir haben zwei Jahre in Genf gelebt, weil sie als Botschafterin für Panama gearbeitet hat. Nach zwei Wintern hat es uns aber gereicht. Mir taugt's in Panama, es ist alles sehr relaxt. Es ist allerdings recht teuer geworden. Obwohl es ein Drittwelt-Land ist, ist es mittlerweile die 25.-teuerste Stadt der Welt. Im Supermarkt ist es teurer als in Österreich. Da wird derzeit ein bisschen die Mittelschicht zerstört. Ich hoffe, dass es mit dem nächsten Präsidenten besser wird. Panamas Immobilienmarkt boomte extrem, sie haben da zu viel gebaut, weil man in guten Locations sehr gut verdienen konnte. Der damalige Präsident hat das Land ziemlich niedergemacht und ist jetzt im Gefängnis in Miami. Der neue Präsident hat dann für die Leute wenig getan, sondern nur versucht, das Geld zurückzubekommen. Die Wirtschaft ist am Boden und kämpft mit Rückgängen. Das Durchschnitts-Einkommen liegt zwischen 700 und 900 Dollar. Die Leute tun sich in der Stadt extrem schwer.
LAOLA1: Was sagst du zum neuen Davis Cup? Im Februar geht es zuhause gegen Chile um den Aufstieg zum neuen Final-Turnier in Madrid.
Marach: Es ist sicher eine gute Chance. Wenn wir da aufsteigen, wäre es eine tolle Sache und auch für den ÖTV super. Ich kenne genug Leute, die immer gejammert habe, weil der Davis Cup so lange ist und die dann auch nicht gespielt haben - vor allem die guten Spieler. Jetzt haben wir was geändert und jetzt schauen wir einmal, wie das funktioniert. Der Bonus ist, dass wir extrem viel Geld verdienen können. Ruhm und Ehre bei einem Turniersieg sind ja schön und gut, wir spielen aber auch Tennis, weil wir unser tägliches Brot verdienen müssen. Das wird unmenschlich. Wenn man da ein, zwei Runden gewinnt, kann man 50.000 bis 100.000 Dollar verdienen. Vielleicht verschieben sie dann ja auch noch den Termin.