Nun ist sie also doch endlich da, die Doping-Sperre für Jannik Sinner (Bericht>>>).
Schon in den letzten Monaten hat sich angekündigt, dass der Italiener nach seinem umstrittenen Freispruch durch die ITIA (International Tennis Integrity Agency) im vergangenen Sommer nicht so billig wie erwartet davonkommen könnte.
Sinner wurde im März 2024 gleich zwei Mal positiv auf die verbotene Substanz Clostebol getestet. Nur zwei Monate nach seinem ersten Grand-Slam-Sieg bei den Australian Open und dem erstmaligen Sprung an die Weltranglisten-Spitze.
Keine Frage: Ein Doping-Skandal kurz nach der Geburtsstunde eines neuen Tennis-Superstars wäre für die ATP und deren Werbepartner fatal und kostspielig gewesen. Die Ergebnisse blieben vorläufig unter Verschluss und gelangten erst im August desselben Jahres mit dem gleichzeitigen Freispruch an die Öffentlichkeit.
WADA legte Berufung gegen den Freispruch ein
Die Begründung für die ungewöhnlich diskrete Vorgangsweise: Die verbotene Substanz gelangte bei einer Massage über die Hände seines Physiotherapeuten in den Körper von Sinner, der damit erfolgreich seine Unschuld beteuerte.
Eine Entscheidung, die vor allem bei vielen Spieler-Kollegen für einigen Ärger und Unverständnis sorgte. Schließlich drohen für ein derzeitiges Vergehen Sperren von bis zu zwei Jahren. Die meisten Athleten bezweifeln, dass bei weniger prominenten Akteuren ein ähnlich mildes Urteil gefällt worden wäre.
Bestätigt wurden sie in dieser Annahme wenig später von der Welt-Doping-Agentur WADA, die im September vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS eine Berufung gegen den erfolgten Freispruch einlegte.
Faule Kompromiss-Lösung
Kurz vor der Verhandlung im April kam es nun zu einem Vergleich zwischen Sinner und der WADA – der Südtiroler akzeptierte die von der WADA vorgeschlagene Sperre von drei Monaten.
Ebenfalls wichtig für den mittlerweile dreifachen Grand-Slam-Gewinner: Die seit seinem Vergehen gewonnenen Titel, Preisgelder und ATP-Punkte darf der Weltranglisten-Erste behalten.
Löst sich nun also alles in Wohlgefallen auf? Eher nicht, denn ganz im Gegenteil gibt es nach dieser beinahe schon österreichischen, weil faulen, Kompromiss-Lösung auf allen Seiten fast nur Verlierer.
Der Tennis-Weltverband ITF und der Tennis-Sport büßten durch die umstrittenen Aktionen massiv an Glaubwürdigkeit ein. Es erscheint als sehr unwahrscheinlich, dass Spieler außerhalb der Top 100 derart sanktionsfrei aus einer ähnlichen Causa davongekommen wären. Dementsprechend werden auch die meisten Profis wenig glücklich mit dieser Art der Ungleichbehandlung sein.
"Deals"-Mentalität bei Doping-Vergehen?
Inwiefern sich diese Geschichte auf zukünftige Doping-Vergehen auswirken könnte, bleibt zudem abzuwarten. Kommt es zu gerichtlichen Streitigkeiten, wäre es wohl nicht unwahrscheinlich, dass betroffene Spieler das Sinner-Urteil als Präzedenzfall verwenden.
Schließlich scheinen Dopingfälle jetzt Verhandlungssache zu sein. Man fühlt sich fast an Donald Trump und seine "Deals" erinnert.
Auch Sinner selbst wird diesen Makel wohl nur mehr schwer aus seinem Lebenslauf herausbekommen. Die kuriose Doping-Story gehört zu seiner Biographie dazu wie seine sportlichen Erfolge. Eine sofort durchgezogene Sperre hätte für weniger medialen und öffentlichen Aufruhr gesorgt.
Milde Sperre
Wobei der Italiener mit der angenommenen Sperre sowieso mehr als glimpflich davongekommen ist. Von 9. Februar bis 4. Mai 2025 wird Sinner zwar immerhin vier ATP-1000-Turniere verpassen, für die French Open in Roland Garros ist er aber bereits wieder startberechtigt. Er wird also kein einziges Grand-Slam-Event verpassen.
Die sportliche Bestrafung hält sich also in Grenzen. Auf Social Media wurden diesbezüglich schon interessante Vergleich betrieben: So mancher meinte, es wäre so, wie wenn man Ski-Superstar Marco Odermatt bei einem eventuellen Dopingvergehen von Juni bis August sperren würde.
Die abschreckende Wirkung wäre wohl ähnlich.