Im Vorjahr spielte sich das österreichische Doppel-Duo Lucas Miedler und Alexander Erler erfolgreich in die erweiterte Weltklasse.
Knapp an die Top 30 schafften es der Niederösterreicher und der Tiroler im ATP-Ranking nach oben. Aktuell liegen Miedler (Rang 39) und Erler (37) nur knapp hinter ihren jeweiligen Career Highs 33 bzw. 32.
Leider nicht nach Wunsch verlief der Saisonstart für ÖTV-Duo. Überstanden die beiden zum Saisonauftakt in Hongkong zumindest noch die erste Runde, setzte es in Auckland und in Melbourne bei den Australian Open jeweils Auftaktniederlagen.
Deutlich zu wenig für die Ansprüche der beiden Österreicher, die im Vorjahr drei ATP-Titel (Kitzbühel, München, Acapulco) holen konnte.
Julian Knowle als Touring-Coach
Denn für 2024 hat man sich viel vor- und auch Geld in die Hand genommen. Mit Julian Knowle haben Erler/Miedler einen Coach engagiert, der die beiden in etwa 15 Wochen im Jahr auf der ATP-Tour betreuen soll. "Wir haben uns aber noch nicht festgelegt, wie viele Wochen genau es werden", erklärt Miedler im Gespräch mit LAOLA1.
Der mittlerweile 49-jährige Vorarlberger, der im Jahr 2007 bei den US Open als erster österreichischer Tennis-Spieler überhaupt ein Doppel-Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte, gilt als erfahrener Mann. Zuletzt coachte er unter anderem Einzel-Spieler Dennis Novak.
"Wir sehen das als richtigen Weg an und dafür muss man nun mal gewisse Dinge investieren", so Miedler, der nicht verhehlen will, dass ein eigener Touring-Coach auf der Doppel-Tour erst einmal verdient werden muss.
"Natürlich ist es jede Woche ein finanzielles Risiko, vor allem auf den 250er-Turnieren gibt es nicht ganz so üppige Preisgelder. Wenn man da so wie wir in Neuseeland in der ersten Runde verliert, wird sich kein Plus ausgehen. Das ist leicht zum Ausrechnen", so Miedler, der für seine Auftaktniederlage in Auckland 1.800 Dollar bekam.
"Müssen noch abgebrühter werden"
Über genaue Zahlen zur Höhe des Investments hält sich der Tullner verständlicherweise bedeckt: "Ich möchte keine Zahlen nennen. Bei den Kosten, die ein Tennis-Spieler so hat, wird den meisten Menschen wahrscheinlich übel. Wenn man sich zum Beispiel anschaut, was so ein Australien-Trip kostet… Es sind natürlich zusätzliche Kosten, aber wir haben gesagt, dass wir das machen und uns verbessern wollen."
Wo die beiden noch Luft nach oben sehen? "Gewisse Stellungssachen kann man sicher noch verbessern. Wir müssen auch noch abgebrühter werden. Zuletzt haben wir oft einfach wegen zwei, drei schlecht gespielter Punkte verloren. Wir müssen einfach unser Spiel noch ein bisschen optimieren, damit wir öfter die Spitzenleute schlagen können. Wenn wir gut spielen, sind wir nur schwierig zu bezwingen. Wir müssen schauen, dass wir noch besser werden, wenn wir schlecht spielen."
Während im Vorjahr die meisten Spitzenteams das Duo Erler/Miedler noch nicht auf der Rechnung hatten, sieht es mittlerweile anders aus. Überraschen können die beiden Österreicher mittlerweile keinen Top-Spieler mehr auf der Tour, sind sie mittlerweile doch selbst fixer Bestandteil der besten Doppel-Teams der Welt. Ob es ein Nachteil sei, dass dieser Überraschungseffekt nun weg ist?
"Natürlich kennen uns die jetzt schon besser auf der Tour, dafür kennen wir die anderen jetzt auch besser", gleicht sich dies laut Miedler aus. "Wir haben gegen manche Leute damals auch noch nicht gewusst, was die besonders gut oder schlecht machen. Mittlerweile kennen wir die Stärken und Schwächen unserer Gegner genauso."
"Am Anfang kennen sie dich natürlich nicht, aber nur weil du unbekannt bist, ist das ja nicht immer zwangsläufig ein Vorteil. Entweder bringst du es auf den Platz oder nicht. Wenn ich die Schwäche kenne und sie nicht ausnutzen kann, bringt es mir auch nix", so Miedler.
43-Jähriger als bester Doppel-Spieler der Welt
Weltbekannt ist mittlerweile Rohan Bopanna: Der 43-jährige Inder gewann mit seinem australischen Partner Matthew Ebden die Australian Open und kürte sich damit sowohl zum ältesten Grand-Slam-Sieger der Geschichte als auch zur ältesten Nummer eins der Welt.
Wirft der Umstand, dass ein Mittvierziger mit grauem Bart an der Spitze steht, ein schlechtes Licht auf das Doppel?
"Natürlich ist es ein Wahnsinn, wie der daherkommt für einen Sportler. Da müssen wir nicht drüber reden", sagte Miedler, der aber vor allem die Stärken des Inders herausstreicht.
"Anscheinend macht er manche Dinge unglaublich gut, sonst wäre er nicht die Nummer 1 der Welt. Er hat die Erfahrung und weiß, wie er manche Punkte spielen und manche Entscheidungen treffen muss. Die gewinnen einfach extrem oft bei den entscheidenden Punkten", verweist der Niederösterreicher auf den knappen Turnierverlauf bei den Australian Open.
"Da haben sie drei Mal im Tiebreak des dritten Satzes gewonnen. In der ersten Runde hätten sie gegen die Australier genauso gut rausfliegen können (Anm.: 7:6, 4:6, 7:6 gegen Wild-Card-Duo Duckworth/Polmans). Viel hängt mit Erfahrung und Ruhe zusammen – und wenn’s der nicht hat, wer dann? Zudem ergänzen sich die beiden sehr gut. Deshalb ist er dort, wo er ist."
Bopannas Aufstieg zur Nummer eins sollte auch den beiden Österreichern Zuversicht geben, dass sie ihre besten Zeiten im Tennissport noch lange nicht erlebt haben. Mit ihren 27 bzw. 26 Jahren sind Miedler und Erler übrigens das jüngste gemeinsame Doppel-Duo in den Top 40. In den ersten 25 findet sich aktuell kein einziger Spieler unter 30 Jahren.
Davis-Cup-Fixstarter
Schon seit zwei Jahren sind Erler/Miedler auch fixer Bestandsteil des rot-weiß-roten Davis-Cup-Teams. Abgesehen von ihrer Niederlage zum Debüt in Südkorea haben die beiden alle nachfolgenden Partien gewonnen – unter anderem gegen das kroatische Weltklasse-Duo Dodig/Mektic.
Auch am Wochenende sind die beiden beim Davis-Cup-Länderkampf in Irland mit von der Partie – obwohl das ÖTV-Team dort als klarer Favorit gilt und dem Doppel wohl kein entscheidender Charakter zukommen wird.
"Natürlich haben wir kurz überlegt, ob wir nicht lieber das 250er-Turnier in dieser Woche spielen wollen. Aber das haben wir eigentlich schnell wieder verworfen", freuen sich Miedler und Erler schon darauf, wieder Davis-Cup-Atmosphäre genießen zu können.