Experten hatten Filip Misolic schon seit einiger Zeit auf dem Schirm, beim NÖ Open powered by EVN in Tulln stellte sich der 20-jährige Steirer erstmals einer breiteren Tennis-Öffentlichkeit vor.
Dank seinen Siegen über den topgesetzten Italiener Marco Cecchinato, seines Zeichens French-Open-Halbfinalist von 2018 und Bezwinger von Novak Djokovic, und den Tschechen Forejtek schaffte es der Wild-Card-Starter gleich beim ersten Challenger-Turnier seiner Karriere ins Viertelfinale.
Dort musste sich der Youngster, als Sohn zweier kroatischer Eltern in Graz geboren und aufgewachsen, erst nach drei hartumkämpften Sätzen dem späteren Finalisten Hugo Gaston geschlagen geben.
Im LAOLA1-Interview blickt Misolic auf eine ereignisreiche Woche zurück und er erzählt, wie es dazu kam, dass er sich für ein Leben als Tennis-Profi entschied und wie er dieses Lebensziel erreichen will.
LAOLA1: Wie zufrieden bist du mit deiner Challenger-Premiere in Tulln?
Filip Misolic: Das war natürlich ein tolles Turnier für mich. Im letzten Spiel gegen Gaston war ich dann schon ein bisschen müde, weil ja alle Partien über drei Sätze gegangen sind. Gegen Gaston habe ich ein bisschen zu passiv gespielt, vielleicht weil ich in der einen oder anderen Situation schon ein bisschen müde war, aber ich bin natürlich trotzdem froh, wie das Turnier in Tulln abgelaufen ist. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich bis ins Viertelfinale komme.
LAOLA1: Ein besonderes Highlight war für dich sicher der Sieg über Marco Cecchinato, der noch vor drei Jahren im Halbfinale der French Open stand und auf dem Weg dorthin unter anderem Superstar Novak Djokovic bezwang. Wie war diese Partie für dich?
Misolic: Ich wusste nicht, was mich da erwartet. Ich habe ja davor noch nicht einmal ein Challenger-Turnier gespielt. Ich habe versucht, mein Spiel zu spielen und habe mich nach einigen Games ganz wohlgefühlt. Ich habe gut dagegengehalten und am Ende hat wahrscheinlich das Publikum geholfen, dass ich die Kraft für den Sieg finde.
LAOLA1: Normalerweise spielst du auf der Future-Tour natürlich gegen andere Gegner. Was waren die größten Unterschiede gegen so einen Top-100-Mann?
Misolic: Auf diesem Level musst du einfach das ganze Match über voll fokussiert sein. Wenn da ein bisschen was danebengeht, nützt der Gegner das gleich aus. Man muss das ganze Match über konstant spielen. Die Geschwindigkeit ist grundsätzlich nicht viel höher.
LAOLA1: Zudem hast du alle bestätigt, die immer wieder gefordert haben, mehr Challenger- und Future-Turniere für junge Österreicher nach Österreich zu bekommen. Kannst du erklären, wie wichtig es für junge Spieler wie dich ist, solche Turniere im eigenen Land zu haben?
Misolic: Das ist sehr wichtig für die Jugend, dass wir viele internationale Turniere zuhause haben und die Möglichkeit bekommen, gegen stärkere Gegner und auch vor größerem heimischen Publikum zu spielen. In Tulln hat es mir richtig gut gefallen. Die Stadt und die Menschen sind sehr nett. Ich find’s richtig toll hier.
LAOLA1: Wie bist du zum Tennis gekommen, wie hat sich die Idee entwickelt, Profi werden zu wollen?
Misolic: Ich habe in Graz mit sechs Jahren begonnen Tennis zu spielen und habe bis zum Alter von zwölf Jahren sowohl Tennis als auch Fußball gespielt. Dann habe ich mich für Tennis entschieden, weil es mir als Einzelsportart irgendwie mehr getaugt hat. Damals habe ich mich auch entschieden, Profi werden zu wollen. Meine Eltern haben mich zum Glück voll unterstützt.
LAOLA1: Bei wem und wo trainierst du?
Misolic: Ich trainiere in Zagreb und komme ab und zu in die Südstadt. Das wechselt sich ab. Die Entscheidung für Kroatien hat sich ergeben, weil ich dort bessere Trainingsmöglichkeiten habe. Es gibt dort mehr Spieler und es ist auch ein bisschen billiger. Seit zweieinhalb Jahren ist Ante Andric mein Hauptcoach. Wenn ich in der Südstadt bin, trainiere ich mit Günter Bresnik. Beide behandeln mich richtig gut. In der Südstadt trainiere ich mit Dennis Novak, Alexander Shevchenko (ATP 353) und Lukas Neumayer.
Wir sind sehr gute Freunde. Wir suchen uns sogar immer gemeinsam die Turniere aus, damit wir gemeinsam hinfliegen können und dort zusammen Doppel spielen. Das hilft uns beiden.
LAOLA1: Lukas Neumayer ist eine weitere große österreichische Nachwuchshoffnung. Wie versteht ihr euch?
Misolic: Wir sind sehr gute Freunde. Wir suchen uns sogar immer gemeinsam die Turniere aus, damit wir gemeinsam hinfliegen können und dort zusammen Doppel spielen. Das hilft uns beiden.
LAOLA1: Die Corona-Pandemie hat dich wahrscheinlich in einem extrem ungünstigen Zeitpunkt deiner Karriere erwischt. Wie bist du damit umgegangen bzw. was für Probleme haben sich da ergeben?
Misolic: Das lief wirklich alles richtig blöd. Zudem hatte ich letztes Jahr auch noch eine Handgelenksverletzung wegen der ich zweieinhalb Monate nicht spielen und ich deshalb mein Junioren-Ranking nicht ausnutzen konnte. Deshalb musste ich dann bei den Turnieren überall in der Qualifikation spielen. Am Jahresende und zu Saisonbeginn konnte ich zum Glück viele Punkte sammeln und so bin ich dann in die ganzen Turniere reingekommen.
LAOLA1: Und heuer lief es mit bereits vier Future-Turniersiegen dann gleich richtig gut gemacht. Hast du dir so etwas schon vor der Saison zugetraut, dass es doch relativ schnell nach oben gehen kann?
Misolic: Ich finde, dass ich schon ganz gut mit diesen Jungs mitspielen kann. Mir fehlt eben noch ein bisschen die Konstanz, sonst kann ich gut dagegengehalten. Ich finde, dass ich bereit für die Challenger-Turniere bin.
LAOLA1: Wie würdest du dein Spiel beschreiben?
Misolic: Mein Spielstil ist aggressiv und die Rückhand ist mein bester Schlag. Konditionell kann ich noch besser werden und auch meinen Aufschlag sollte ich noch besser nutzen. An diesen zwei Punkten werde ich sicher verstärkt arbeiten in der nächsten Zeit.
LAOLA1: Du bist dank Tulln die Nummer 460 der Welt. Wie schaut deine Zielsetzung für die kommenden Jahre aus? Was traust du dir zu?
Misolic: Heuer will ich noch in die Top 350 kommen und ab nächstem Jahr bei den Grand-Slam-Turnieren in der Qualifikation mitspielen. Jetzt will ich noch zwei, drei Future spielen und ab Mitte Oktober dann Challenger-Turniere.