Ein Weltstar des Sports verlässt die Bühne: Rafael Nadal sagt kommende Woche beim Davis Cup-Final 8 in seiner Heimat in Malaga Adios.
Die Superlativen reichen kaum aus, um die sensationelle Tenniskarriere des 38-jährigen Mallorquiners zu beschreiben. Mit "Rafa", wie er von seinen Fans genannt wird, geht aber nicht nur die Definition eines Kämpfers ab. Seine bis zum Schluss gebliebene Bescheidenheit hat ihm neben all seinen Erfolgen viele Sympathien gebracht.
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Als er im Alter von nur 4 Jahren im kleinen Ort Manacor mit dem Tennis begann, bevorzugte er noch längere Zeit das Fußballspielen. Doch im Tennis hatte Nadal schon früh Erfolge, dank seines ehrgeizigen Langzeit-Trainers und Onkels Toni war der Weg zum Profi bald vorgezeichnet. Schon mit 15 startete Nadal 2001 in seine ersten beiden Turniere, 2002 verbesserte er sich schon auf ATP-Rang 200.
Der große Durchbruch gelang Nadal 2005 mit elf Turniersiegen, darunter gewann er als Debütant gleich den ersten French-Open-Titel. A star was born.
Ohne Verletzungen besser als Djokovic?
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Mit 22 Grand-Slam-Siegen und einer nicht für möglich gehaltenen Dominanz in Roland Garros mit allein dort 14 Triumphen muss er sich in der wohl wichtigsten Tennis-Bilanz nur hinter Novak Djokovic (24) einreihen.
Für Nadal wäre sogar noch mehr möglich gewesen: Nicht weniger als 15 Major-Turniere verpasste der Linkshänder mit der gepeitschten Vorhand und einem sehr aufwendigen, kräfteraubenden Spielstil wegen Verletzungen oder Erkrankungen, zehn davon bis 2016. Im direkten Vergleich der "big three" konnte Roger Federer (20 Titel) nur sechs Mal nicht antreten, Djokovic fehlte wegen Verletzungen in den vergangenen 79 Majors nur einmal (zwei weitere wegen verweigerter Covid-19-Impfung).
"Ich bin nicht so, dass ich denke, was ohne die Verletzungen passiert wäre. Ich wollte der Beste sein, aber ich war nie besessen davon", sagte Nadal im Oktober in einem Interview mit der spanischen Zeitung "As".
"Ich fühle mich sehr glücklich"
"Ich habe es vor kurzem mit Roger besprochen: In der Mitte deiner Karriere willst du alles gewinnen, aber am Ende fühle ich mich nicht um eine Spur zufriedener, weil ich 22 und er 20 Major-Titel gewonnen hat. Und ich wäre auch nicht glücklicher, wenn ich 25 hätte, einen mehr als Djokovic.
"Ich fühle mich sehr glücklich, trotz der Verletzungen. All diese Rückschläge haben mich jeden positiven Moment nur umso mehr schätzen lassen."
Vor allem die letzten beiden Jahre waren für Nadal sehr schwierig, wie er auch in seinem Rücktrittsvideo am 10. Oktober gestand. Einige Wochen später hatte er schon etwas Abstand gewonnen.
Antritt beim Davis Cup noch unsicher
"Ich bin stolz, dass ich den Sport verlasse und mich anerkannt und Wert geschätzt fühle, nicht nur von den Fans, die sich am meisten auf den Erfolg fokussieren, sondern auch von den Menschen, die mir am nächsten stehen. Die Leute werden auch noch froh sein, wenn sie mich sehen, wenn ich bei einem Turnier zuschaue."
Nadal erwartet beim Davis Cup kein märchenhaftes Ende. Es ist auch durchaus möglich, dass er gar nicht mehr zum Einsatz kommt. Den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören meint er dennoch nicht verpasst zu haben.
"Im Sport ist es hart, an der Spitze aufzuhören, wenn du gesund und topfit bist, außer du liebst den Sport nicht mehr. Es ist hart aufzuhören, wenn du bei 100 Prozent stehst und immer noch gewinnst."
"Ich habe gegen Novak öfter als gegen jeden anderen gespielt, aber mein größter Rivale war Roger"
Unvergessene Rivalitäten
Die Rivalität mit Federer (24:16-Siege für Nadal) und Djokovic (29:31-Siege) prägte die Karriere jenes Mannes, der auf Sand eine zusätzliche Macht war. "Ich habe gegen Novak öfter als gegen jeden anderen gespielt, aber mein größter Rivale war Roger. Er war der Erste von uns drei. Gegen Roger war es vielleicht der Kontrast unserer Spielstile.
"Novak hat sich jedes Jahr verbessert, seine Zahlen sind die besten und er war zumeist verletzungsfrei. Das hat ihm erlaubt, sein physisches, mentales und Tennis-Level länger zu halten. Darum ist er der Beste und er hat es verdient."
Zweimal verhinderte der Sandplatz-König auch seine Entthronung - bei den French Open 2018 und 2019 durch Finalist Dominic Thiem, der wenige Wochen vor ihm mit nur 31 seine Karriere beendete.
Der Mann der Rituale
Nadal war auch für eine Vielzahl von Ritualen auf dem Court bekannt. So stellte er seine Getränkeflaschen immer in diagonaler Linie auf, eine davon gekühlt, die andere nicht und trank immer abwechselnd davon. Die Linien zwischen den Punkten betrat er nie, wenn er sie überschritt immer zuerst mit dem rechten Fuß - so betrat er auch immer den Platz.
Unvergessen bleibt auch sein vieles Zupfen an verschiedenen Stellen vor dem eigenen Service. Diese Liste ist bei Weitem nicht vollständig. Der Spitzname "Monk" ist ihm dennoch erspart geblieben.
Syndrom verhinderte fast Weltkarriere
Es wäre in Anbetracht seiner Leistungen auf dem Platz auch unangebracht. Noch dazu mit jener schmerzhaften Langzeitverletzung namens Müller-Weiss-Syndrom, bei dem im Kahnbein des Fußes Knochenteile absterben - seit 2005 quälte sich Nadal im linken Fuß mit speziellen Einlagen und unzähligen Behandlungen. In Bezug darauf nennt er von vielen herausragenden Momenten im Rückblick als erstes Roland Garros 2006.
"Das war das erste Jahr nach meiner Fußverletzung. Ich will nicht dramatisch klingen, aber wir haben damals ehrlich nicht geglaubt, dass ich jemals wieder wettkampfmäßig werde spielen können."
Es gibt fast nichts, was Nadal nicht gewonnen hat. Insgesamt 92 Titel, darunter neben den Majors auch noch 36 ATP-1000-Titel sowie Einzel-Olympia-Gold 2008 und Doppel-Gold 2016. Ein Titel bei den ATP Finals ist der einzige Mosaikstein, der dem Spanier, der auch 209 Wochen lang Nummer 1 der Welt war, fehlt.
"Wenn ich noch einmal neu starten könnte, würde ich sicher ein paar Dinge ändern. Aber am Ende habe ich fast immer getan, was sein musste - jeden Moment mit Enthusiasmus, Leidenschaft, Intensität zu leben und immer versuchen, mich weiter zu verbessern. Was ich erreicht habe, erfüllt mich mit großer Befriedigung. Ich gehe und weiß, ich habe alles gegeben."