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Sebastian Sorger - die zweite Hoffnung neben Schwärzler?

Coach Gilbert Schaller erklärt, warum mit seinem Schützling Sebastian Sorger in Zukunft zu rechnen sein sollte.

Sebastian Sorger - die zweite Hoffnung neben Schwärzler? Foto: © GEPA

Der angekündigte Rücktritt von Dominic Thiem zu Saisonende sorgte für ein mediales Beben in der heimischen Sportlandschaft und besonders im rot-weiß-roten Tennis-Zirkus.

Mit dem 30-jährigen Niederösterreicher wird in wenigen Monaten einer der besten österreichischen Tennis-Spieler bzw. für viele sogar der beste ÖTV-Spieler aller Zeiten seinen Schläger an den Nagel hängen.

Womit auch genug Zeit bleibt, um sich auf die Suche nach geeigneten Kandidaten für Österreichs Tennis-Zukunft zu begeben.

Keine Frage, die Fußstapfen von Thiem sind natürlich riesengroß und es wäre etwas ungerecht, ab sofort jede nachkommende Nachwuchs-Hoffnung an den Erfolgen des ehemaligen Weltranglisten-Dritten zu messen.

Schwärzler spielte sich ins Rampenlicht

Nichtsdestotrotz gibt es doch einige talentierte Akteure, denen man in den kommenden Jahren durchaus zumindest den Sprung in die Top 100 zutrauen darf. Bislang wurde vor allem der Name Joel Schwärzler auch außerhalb von Tennis-Insider-Kreisen hinaus bekannt.

Der 18-jährige Vorarlberger schaffte es zu Jahresbeginn als erst dritter Österreicher überhaupt an die Spitze der Junioren-Weltrangliste.

Danach reüssierte der Schützling von ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer bereits auf Challenger-Niveau. In Tallahassee schaffte er es bis ins Viertelfinale, kurz danach schlug er mit J. J. Wolf die Nummer 102 der Welt.

Nach einem weiteren Viertelfinal-Einzug in Mauthausen sicherte er sich in der mazedonischen Hauptstadt Skopje bereits einen ersten Challenger-Turniersieg. Kein Wunder, dass sich Tennis-Österreich damit bereits Hoffnungen auf einen Thiem-Nachfolger macht.

Alterskollege Sorger im ATP-Ranking schon Top 700

Doch glücklicherweise ist Schwärzler im rot-weiß-roten Nachwuchs kein Alleinunterhalter. Mit Sebastian Sorger befindet sich ein nur fünf Wochen älterer Spieler als 686. im ATP-Ranking zumindest nicht allzu weit entfernt von Schwärzler (390.).

"Sebastian gehört mit Schwärzler auf jeden Fall zu den größten österreichischen Hoffnungen. Sie haben beide sicher große Chancen", ist der Coach von Sorger im Gespräch mit LAOLA1 überzeugt.

Und dieser Coach ist kein Unbekannter: Gilbert Schaller, ehemalige Nummer 17 der Welt, auch Betreuer von Jurij Rodionov und seines Zeichens ebenfalls ehemaliger Junioren-Weltranglisten-Erster (falls sich noch jemand fragen sollte: Der dritte Junioren-Weltranglisten-Erste aus Österreich war natürlich Thomas Muster).

"Sebastian ist der konstantere"

Wie Sorger im Vergleich zu Schwärzler einzuschätzen ist? "Der Joel ist sicher der gefährlichere Spieler, der mehr Waffen hat", so Schaller, aber "der Sebastian ist für mich der, der konstanter sein sollte."

Auszeichnen tue den jungen Grazer vor allem sein Fleiß und seine Athletik. "Er ist wirklich ein fleißiger Arbeiter vom Körperlichen her. Es gibt wenige Spieler in diesem Alter, die ihm weltweit diesbezüglich das Wasser reichen können. Also da ist er wirklich Weltklasse, was die Fitness betrifft."

Dadurch entwickle er auf dem Platz auch eine gewisse Kompaktheit. "Er hat keine wirkliche Schwäche, hat von der Grundlinie von beiden Seiten wirklich stabile, saubere Schläge, mit denen er Druck machen kann", analysiert Schaller.

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"Noch ausbaufähig" sei hingegen der Aufschlag. Zudem fehle es an der nötigen Aggressivität. Auch die Spieleröffnung lasse noch ordentlich Raum zur Verbesserung. Der Ball müsse immer einige Zeit im Spiel sein, ehe er zu seinem Rhythmus fände. "Dann kann er wirklich sehr, sehr gut spielen."

Keine klassische Waffe

Was Sorger allerdings fehle sei die klassische "Waffe, wie zum Beispiel eine super schnelle Vorhand." Das müsse er durch seine Fitness und dementsprechende Beinarbeit ausgleichen. "Unser Ziel ist, dass er über aktive, aggressive Positionen am Platz besser wird."

Laut Schaller müsse sein Schützling auch gewisse Situationen am Platz schneller erkennen, ebenso wie die Schwächen des Gegners. "Da ist er manchmal noch ein bisschen zu engstirnig oder zu einspurig unterwegs. Da muss man einfach seinen Horizont noch erweitern."

Gilbert Schaller ist von seinem Schützling überzeugt

Laut Schaller sei das Jahr 2024 für Sorger vor allem ein "Weg der Orientierung". Im Gegensatz zu Schwärzler hat der Steirer sein Premieren-Jahr auf der ATP-Tour bereits hinter sich. Er stieg bereits 2022 als 16-Jähriger bei den Future-Events ein und kann dabei vor allem im Vorjahr auf einige achtbare Erfolge verweisen.

Ein Future-Endspiel und vier Halbfinale können sich für einen damals noch 17-Jährigen durchaus sehen lassen. Auch heuer hat er bereits wieder drei Halbfinal-Einzüge auf dieser Turnierebene vorzuweisen.

Doch warum hat Schaller mit seinem Schützling überhaupt so früh den Sprung auf die Erwachsenen-Tour gewagt?

"Er hat damals, als wir die Zusammenarbeit gestartet haben, beim Junioren-Ranking eigentlich noch nichts gehabt. Darum haben wir gesagt: Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder wir konzentrieren uns auf die Juniorentour und dafür müssten wir natürlich schon auch viel Zeit investieren. Denn es ist ja nicht so, dass du dich in ein paar Wochen ganz nach vorne spielen kannst und die Top 50 solltest du dann schon schaffen. Zudem gab es diese Regel mit den Challenger-Wild Cards noch nicht", so Schaller.

Älterer Jahrgang als Schwärzler

Sorger ist nämlich zwar nur wenige Wochen älter als Schwärzler, im Gegensatz zu diesem ist er aber als Dezember-Kind ein 2005er Jahrgang. Die Top 10 des Jahres-Abschluss-Junioren-Rankings erhalten mittlerweile im Folgejahr acht Wild Cards für Challenger-Turniere.

"Wenn es das vorher schon gegeben hätte, wäre es vielleicht eine zusätzliche Überlegung wert gewesen – das hätte das Ganze noch attraktiver gemacht. Aber wir haben halt auch gesagt: Na gut, du musst einfach so gut sein, dass du dich auf der Future-Tour durchbeißt. Dann stehst du sowieso im Hauptbewerb und brauchst die ITF Junior nicht."

Zudem sei es sehr praktisch gewesen, da Schaller in seiner Tennis-Akademie ein paar ältere Spieler hat, die sich in einem ähnlichen Leistungsspektrum befinden. "Da war es gescheiter, dass er sich da integriert und von den Älteren lernt. Das hat gut funktioniert."

Im ersten Jahr schaffte es Sorger als 16-Jähriger in die Top 1000. Im vergangenen Jahr verfehlte er zwar das von Schaller ausgegebene Ziel mit einem Platz um die 500, arbeitete sich aber immerhin in die Top 700 nach vorne.

Besondere Vorgaben für dieses Jahr gibt es keine: "Ich wäre jetzt nicht irrsinnig deprimiert oder überrascht, wenn er heuer keine Verbesserung im Ranking macht, weil wir jetzt einfach die Prioritäten woanders gesetzt haben, wodurch wir uns dann später dadurch einen größeren Sprung erwarten. Das ist auch mit seiner Familie abgesprochen."

Sorger soll sich "in seiner Persönlichkeit weiterentwickeln" und "mehr Freiraum" bekommen. "Damit er dazu gepusht wird, eigene Entscheidungen zu treffen. Bisher war er einer, der sehr brav seine Sachen absolviert hat. Dadurch ist aber ein bisschen zu sehr die Eigeninitiative in den Hintergrund gerückt."

"Er muss mutiger werden"

Sorger müsse lernen, dass er selbst öfter das Heft in die Hand nehmen sollte. "Bessere Entscheidungen treffen, aggressiv bleiben. Er wird mir teilweise zu passiv in wichtigen Situationen. Er muss mutiger werden und dieses Vertrauen bekommt man, wenn man selbst gestärkt ist."

In dieser Entwicklung befinde sich Sorger gerade. "Er entdeckt für sich viele Dinge neu und probiert aus." Natürlich treffe er dann auch falsche Entscheidungen, daraus werde er aber schlussendlich lernen.

Sebastian Sorger trainiert öfter mit Schwärzler
Foto: © GEPA

"Das Wichtigste ist es, immer wieder aufzustehen. Auch das heurige Jahr hatte schon einige Enttäuschungen zu bieten. Aber das ist für mich auch ein Zeichen der Stärke. Dass man da dann nicht den Hut drauf haut, sondern daraus lernt, wieder aufsteht, weiter trainiert, sich Schritt für Schritt verbessert und vor allem auch in der Persönlichkeit wächst. Das ist für mich das zentrale Thema."

Hilfreich sei auf jeden Fall, dass es mit Schwärzler noch einen anderen ÖTV-Athleten im selben Altersbereich gebe.

Guter Kontakt zu Schwärzler und Melzer

Da sich der frühere ÖTV-Sportdirektor Schaller, der von 2007 bis 2011 dieses Amt innehatte, und der jetzige ÖTV-Sportdirektor Jürgen Melzer "gut verstehen", komme es auch immer wieder zu gemeinsamen Trainings.

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"Entweder kommen Jürgen und Joel zu uns in den dritten Bezirk. Hin und wieder sind wir auch in die Südstadt rausgefahren. Der Austausch funktioniert wirklich gut. Und wir verstehen uns ja gut. Wir waren auch in Monastir auf den Futures gemeinsam. Also haben wir da einige Zeit zusammen verbracht und haben immer wieder zusammen trainiert", freut sich der Steirer über die gute Zusammenarbeit mit dem österreichischen Tennis-Verband.

Auch Melzer lobt Einstellung

Melzer sieht Sorger auf Nachfrage von LAOLA1 auf einem guten Weg und streicht wie Schaller vor allem dessen Einsatz und Willensstärke hervor: "Er ist ein harter Arbeiter, der seinem Sport alles unterordnet. Er hat ein Spiel, das weniger auf Waffen als vielmehr auf Konstanz basiert. Und da musst du dann ein gewisses Level erreichen, damit du dich durchsetzt." 

Es sei zwar nicht unmöglich, ohne echter Waffe in die Top 100 zu gelangen, dafür aber deutlich schwieriger: "Ich hoffe, dass jetzt irgendwann dieser Schritt von Future- zu Challenger-Turnieren kommt. Man muss schauen, wie sich das weiterentwickelt. Es wird, glaube ich, ein längerer Prozess, dass er sich diesem Challenger-Niveau annähert. Er hat leider nicht so eine Waffe wie der Joel mit der Vorhand – er muss sich das alles extrem erkämpfen. Dadurch ist der Weg im Normalfall ein bisschen ein weiterer."

So unterschiedlich die Voraussetzungen bei Schwärzler und Sorger auch sind - untereinander verstehen sich die beiden Spieler gut. Schaller: "Es herrscht eine gute Stimmung und das ist sehr wichtig, dass sich die Spieler gegenseitig austauschen und hochpushen. Da kann man viel voneinander lernen."

Wie heißt es so schön? Lange Wege gehen sich leichter mit einem Partner an seiner Seite.

Wo die Reise für Sorger hingehen soll? "Das ist immer schwer zu sagen. Die Top 100 sind sicher unser Mindestziel. Bei der heutigen Dichte ist das sowieso schon mal nicht einfach. Danach muss man sich halt weiter orientieren. Aber die Top 100 sind jetzt einmal das erste Ziel."


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